Vergangenes Wochenende tagte der Verbandsausschuss der SJÖ. Diskutiert wurde u.a. die Haltung der SJ zum Sparpaket in der Steiermark. Eine Bilanz der Funke-Redaktion.

Die Tatsache, dass der Landesvorsitzende der SJ Steiermark, Max Lercher, im Landtag für dieses Sparpaket stimmte, wurde von den meisten SJ-AktivistInnen als schwerer politischer Fehler gesehen. Es war offensichtlich, dass in dieser zentralen innenpolitischen Auseinandersetzung ein führender Funktionär den Klubzwang der Partei über die Grundsätze und Beschlüsse der eigenen Organisation stellte.
Die Funke-Strömung war neben der SJ Wels die einzige Kraft in der SJ, die sich von Anfang an klar gegen dieses Sparpaket positionierte und dagegen aktiv war. Nach der Abstimmung im Landtag veröffentlichten wir für die Diskussion in der SJ eine Stellungnahme, in der wir das Verhalten von Max Lercher einer scharfen Kritik unterzogen und eine breite, demokratische Debatte forderten. Dies umso mehr, weil wir im Stimmverhalten nicht nur das Versagen eines einzelnen Genossen sondern der gesamten Verbandsorganisation sehen. (siehe unser Papier: „Klubzwang oder sozialistische Prinzipien? - Die Lehren aus dem Verhalten der SJ angesichts des steirischen Sparpakets“)

Die Position der Verbandsführung

Schon vor dem Verbandsausschuss zeichnete sich ab, dass sich die SJ-Führung ebenfalls gegen Lerchers Stimmverhalten positionieren wird. Ihr Antrag („Reiche müssen zahlen - Vermögen besteuern statt Mehrheit belasten!“) ist natürlich ein Fortschritt gegenüber der Position des Genossen Lercher, hat aus unserer Sicht aber eine Reihe von Schwächen. Erstmals wird als Krisenursache nicht nur die Ungleichverteilung des gesellschaftlichen Wohlstands sondern auch die Überproduktion genannt. In der weiteren Argumentation, aus der ein Programm gegen die Krise entwickelt wird, geht es jedoch nur mehr um die Frage der Ungleichverteilung. Die Antwort der SJ liegt somit in erster Linie in der Einführung einer Reichensteuer und anderer Steuern, die eher Vermögende treffen würden. Ein sozialistisches Programm gegen die Schuldenkrise würde jedoch darüber hinaus die Frage des Eigentums an Produktionsmitteln und Banken aufwerfen.

Was ebenfalls nicht erwähnt wird, ist dass auch die Bundesländer und viele Gemeinden ganz im Sinne einer neoliberalen Doktrin Wirtschaftspolitik gemacht haben. Die Verantwortung kann nicht nur auf eine „verfehlte Budget- und Steuerpolitik auf Bundesebene“ geschoben werden. Die SPÖ hat in den Ländern und Gemeinden das Spiel gut mitgespielt, und die Steiermark unter LH Voves ist ein gutes Beispiel dafür.

Neben einnahmenseitigen Maßnahmen fordert die SJÖ nun auch eine „Staatsreform“ und somit ein vernünftiges Sparen, mit dem Geld für den Sozialbereich frei gemacht werden könnte. Wir denken, dass es nicht die Aufgabe der SJ sein sollte Vorschläge zu machen, wie die Bürgerlichen ihren Staatsapparat organisieren. Vielmehr müssen wir an dieser Stelle die Frage der Verstaatlichung aller Schlüsselbereiche der Wirtschaft unter der Kontrolle der Beschäftigten und die demokratische Planung der Wirtschaft auf die Tagesordnung setzen. Nur wenn der Profitlogik ein Ende gesetzt wird, werden die notwendigen materiellen Ressourcen für eine sozialpolitische Offensive zur Verfügung stehen.

Aus unserer Sicht fehlen außerdem im abschließenden Forderungskatalog im Papier der SJ-Führung einige wichtige Punkte. Es ist zwar positiv, wenn die Unterstützung von Protestbewegungen gegen Sparpakete als eine der Aufgaben der SJ gesehen wird. Aber was heißt das konkret? In der Steiermark gilt es nun die konkrete Umsetzung des Sparpakets in den Sozialvereinen und Spitälern durch gewerkschaftliche Kampfmaßnahmen zu verhindern, in Oberösterreich entwickelt sich gerade eine Bewegung gegen die Kürzungen im Spitalsbereich. In Wien gibt es einen Aufnahmestopp für AbsolventInnen der Krankenpflegeschulen. Hier könnte die SJ sogar die Initiative für einen Protest setzen.

Außerdem fehlt in diesem Antrag eine klare Distanzierung vom Stimmverhalten des Max Lercher. Dieser fand es auch nicht einmal der Mühe wert zu dieser wichtigen Sitzung zu erscheinen, wo man selbstkritisch die bisherige Politik in der Steiermark bilanzieren hätte können. Seine Devise lautet wohl: Augen zu, Rückzug aus dem Verband und weiter zum nächsten Bandcontest.

Notwendigkeit einer breiten, demokratischen Debatte

Diese Diskussionsverweigerung ist der Garant dafür, dass die Organisation aus dieser Situation nichts lernen wird. Umso wichtiger wäre es gewesen, wenn der Verband die Weichen für eine breite, demokratische Debatte in allen SJ-Strukturen gestellt hätte. Die Landesorganisation Vorarlberg, die Bezirksorganisationen Wels, Wien 8, 9, 18, 20 und 22 sowie die SJ Linz/Römerberg und mehrere SJ-AktivistInnen aus anderen Wiener SJ-Bezirken haben dem Ausschuss eine Resolution vorgelegt, in der ein außerordentlicher Verbandstag gefordert wurde, um den organisatorischen Rahmen für eine solche Debatte zu garantieren. Das wurde von der Mehrheit im Verband abgelehnt. Umso wichtiger wird es sein, dass die marxistischen Kräfte in der SJ jetzt nicht einfach zur Tagesordnung über gehen sondern gemeinsam weiter Druck machen, damit ein Umfaller wie in der Steiermark nicht wieder vorkommen kann und die Beschlüsse und Grundsätze der SJ auch tatsächlich Praxis werden. Angesichts des Ausmaßes der Staatsschuldenkrise wird dies bitter notwendig werden.


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