In ganz Österreich jobben derzeit ca. 10.000 Jugendliche in überbetrieblichen Ausbildungsmaßnahmen. Dort erhalten sie einen Bruchteil der kollektivvertraglich festgelegten Lehrlingsentschädigung.

Die ohnehin schlechte Bezahlung und Verwendung der Lehrlinge als billige Hilfskräfte wird in diesen Maßnahmen auf die Spitze getrieben. Von den Härten im ÜAZ (Überbetriebliches Ausbildungszentrum) in Rankweil berichtet Julian B. (Name auf eigenen Wunsch von der Redaktion geändert):

Nach drei Jahren habe ich endlich die Lehre im ÜAZ in Rankweil abgeschlossen. Als ich vor drei Jahren, nach langem Suchen die Lehrstelle bekommen habe, war ich einfach nur froh endlich arbeiten zu können und eine Ausbildung zu absolvieren. Immerhin habe ich über 50 Bewerbungen abgeschickt und hatte 10 Schnuppertermine. Ich war schon nahe daran aufzugeben, als mir das AMS die Stelle im ÜAZ vermittelt hat.

Dass ich im 1. Lehrjahr nur 240€ verdienen sollte, schmerzte zwar, aber besser als nichts. Auch, dass laut Infoblättern offensichtlich jeder Mucks geahndet wird, machte mir nicht unmittelbar etwas. Ich dachte mir einfach: „Durchbeißen und dann hab ich eine Ausbildung“. Meine Verwandten haben mir eh schon immer gesagt, dass Lehrjahre keine Herrenjahre sind. Um mehr Geld zu verdienen, musste ich allerdings von Anfang an „schwarz“ arbeiten. Wie sonst sollte ich mir ein halbwegs selbständiges Leben finanzieren und nicht meinen Eltern auf der Tasche liegen. Nach der Lehre werde eh alles besser werden, das war lange meine Einstellung. Mit der Zeit ist mir aber, gerade in Gesprächen mit meinen Arbeitskollegen immer mehr klar geworden, für was das ÜAZ wirklich da ist. Als ich einmal etwas lauter gegen einen Ausbildner wurde, weil dieser einen anderen Lehrling unfair behandelt hatte, musste ich am Freitagnachmittag arbeiten. Ohne dafür bezahlt zu werden!

Seitdem habe ich in Gesprächen und durch das Arbeiten immer wieder neue Sauereien herausgefunden. Ein Arbeitskollege zum Beispiel, der vorher in einem anderen Betrieb gearbeitet hat, hat mir erzählt, dass Werkbänke, die wir produzieren, um ca. 60% des Wertes an einen Großbetrieb verkauft wurden! Nach weiterem Nachstöbern wurde mir klar, dass alles was wir produzieren, in der Privatwirtschaft, also bei Einhaltung der Kollektivverträge, niemand produzieren will. Endgültig der Kragen geplatzt ist mir allerdings, als ich für einige Wochen im Blum (ein Großbetrieb, der Metallbeschläge herstellt, Anm. d. Red.) schichtarbeiten musste, ohne dabei auch nur einen Cent mehr zu sehen. Für einen Bruchteil des Lohns eines Schichtarbeiters wurde ich dort „zur Ausbildung“ eingesetzt! Nach diesen drei Jahren ist für mich eines ganz klar: Die Überbetrieblichen Ausbildungsmaßnahen sind nicht dazu da uns eine Lehrausbildung zu geben, noch nicht einmal dazu, Statistiken zu schönen, sondern einzig und allein dazu aus Landesgeldern und denen unserer Arbeitslosenversicherung die Wirtschaft zu fördern!

So kann’s nicht weiter gehen, statt „Lehrstellen“, wie wir sie jetzt angeboten (aufgezwungen) kriegen, bei denen wir nur als Werkzeug zur Profitmaximierung der Wirtschaft dienen, brauchen wir echte überbetriebliche Lehrwerkstätten, einen Lohn von dem man selbständig leben kann und eine Polytechnische Gesamtschule, die Hand- und Kopfarbeit vereint!


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