Die Heiligsprechung von Karol Wojtila (Papst Johannes Paul II.) sorgte für großes internationales Aufsehen. Wojtila selbst sorgte während seiner Amtszeit für eine wahre Heiligenüberproduktion. 2003 veröffentlichten darüber in unserem Theoriemagazin "Aufstand der Vernunft" folgenden Artikel.

Kommentar zur Dokumentation auf Channel Four "Mutter Theresa" (25. Oktober 2003) von unserem Berichterstatter über religiöse Angelegenheiten.

Es ist nicht einfach, einE HeiligeR zu sein - und besonders nicht in der Welt des 21. Jahrhunderts, welche voller Sünde ist - zumindest könnte man so denken. Aber diese Meinung wird von Papst Johannes Paul II. definitiv nicht geteilt. Er hat nämlich bereits nicht weniger als 474 Heiligsprechungen seit seinem Amtsantritt vollzogen. Man kann sich also nicht über seine Produktivitätsrate beschweren. Er ist ein begeisterter Marktführer in der Wirtschaft der Heiligenproduktion geworden.

Um seine Leistung wirklich schätzen zu wissen, muss man wissen, dass dieser Papst mehr Heilige produziert hat als all seine Vorgänger in den letzten 2000 Jahren zusammengenommen. Und trotz seines fortgeschrittenen Alters und seiner schwachen Gesundheit hat er nicht vor, seinen Job aufzugeben. Er überlegt nun, nur 6 Jahre nach ihrem Tod Mutter Teresa aus Kalkutta in den Rang der Heiligen aufzunehmen,.

Hier sehen wir auch das Geheimnis vom Produktivitätsrekord des Papstes – eigentlich ist es nämlich gar kein Geheimnis. Er folgt einfach der erprobten und wahren Methode der kapitalistischen Industrie - der Beschleunigung. Wie man sieht, hat man sich in jenen Zeiten, als es noch keine Produktivitäts-Abkommen oder Zeit- und Geschwindigkeitsstudien gab, mit solchen Dingen eher Zeit gelassen. Man kann sich zum Beispiel Jean d´Arc nehmen. Sie musste 600 Jahre auf die Heiligsprechung warten. Nun hat Mutter Teresa dies bereits nach 6 Jahren geschafft. Das bedeutet eine Produktivitätssteigerung von exakt 10.000 Prozent gegenüber dem alten System! Damit sind alle Fragen beantwortet, oder?

Der Hauptgrund, warum die ganze Angelegenheit früher länger dauerte, um sich für den Sitzungssaal in den Wolken zu qualifizieren liegt darin, dass man früher eine Anzahl von strengen (und sehr veralteten) Bedingungen erfüllen musste. Erstens musste man einen guten Lebenslauf vorweisen - ein gscheites Gschichtel drucken – können; einen, der die Menschen aufhorchen lassen und Beachtung anziehen konnte. Zweitens (-und jetzt kommt das schwere-) brauchte man ein nachgewiesenes Wunder, und zu guter Letzt brauchte man auch noch die Unterstützung des Papstes.

In den alten Tagen, als der Gang des Lebens noch langsamer war und niemand von Produktivitäts-Zuschüssen gehört hatte, waren auch die Päpste noch eher säumig und ließen sich viel Zeit damit, jemanden in die Heiligkeit zu befördern. Die Produktionsmethoden waren nicht alle angepasst und stromlinienförmig. Es gab viel Bürokratie und Amtsschimmel, alle Arten von aufwendigen Tests und Interviews, welche nachweisen mussten ob die Wunder nun wirklich geschehen waren, oder nicht. Nur dies befriedigte den Vatikan. Dies war eine ernsthafte Haltung gegenüber der Kultur im Unternehmen Vatikan und erklärt, warum so wenig vielversprechende KandidatInnen es schlussendlich schafften.

Und dann erschien Karl Wojtyla - ein voll und ganz moderner, „ab jetzt wird wieder in die Hände gespuckt-“ und unternehmensorientierter Papst, der sich voll und ganz im Rhythmus der Unternehmenskultur des 21. Jahrhunderts bewegte. Die ganze Bürokratie und den Amtsschimmel sprengend, liberalisiert und flexibilisiert er das ganze Geschäft. Anerkannte Wunder werden am Fließband produziert. Die Anzahl der Heiligen steigert sich ohne Maß und Ziel. "Betonierer" und Neinsager werden einfach abgebaut ("rationalisiert").

Mutter Theresa ist, wie jeder weiß, eine Seelenverwandte des derzeitigen Bewohners des Vatikans. Beide stammen aus Osteuropa (der Papst aus Polen, Mutter Theresa aus Albanien). Beide sind überzeugte Anti-KommunistInnen, beide mit Beziehungen zu reaktionären PolitikerInnen in Washington ausgestattet und beide die vehementesten Verteidiger der konservativsten Schichten der katholischen Kirche, die sich wie verrückt gegen Abtreibungen und Geburtenkontrolle wehren.

Mutter Theresa sagte einmal: "Wenn eine Mutter es fertig bringt, ihr eigenes Kind in ihrem Bauch zu töten, was hält uns dann davon ab, uns gegenseitig umzubringen?" Wovon diese aufstrebende Heilige nicht sprach, ist die traurige Tatsache, dass in Indien Millionen von Kindern in eine Welt voller Elend, Unwissen, Hunger, Krankheiten und Schmutz geboren werden, welche sie sehr früh ins Grab befördert. Dies ist ebenfalls Mord, ein extrem grausam begangener Mord, welcher vom kapitalistischen System begangen wurde - welches sie und ihr Freund Wojtyla immer wärmstens unterstützt haben.

Es würde keine Notwendigkeit zu Abtreibungen geben, wenn die sozialen Bedingungen, welche Armut und Hunger erzeugen, endlich beseitigt würden. Es wäre auch keine Abtreibung nötig, wenn Mittel zur Empfängnisverhütung endlich für alle gratis zur Verfügung gestellt würden. Durch die Weigerung, Empfängnisverhütungsmittel anzuerkennen, treibt die katholische Kirche verzweifelte Frauen zur Abtreibung. Aber es gibt immer zwei Arten von Abtreibung - eine, welche den Frauen von reichen Familien zur Verfügung steht, wenn ein "Unfall" passiert ist. Die andere Art ist jene, welche armen und ArbeiterInnenklassefamilien zur Verfügung steht. Die erste Variante wird in ruhigen, gut ausgestatteten und hygienischen Krankenhäusern ausgeführt. Die zweite wird in schmutzigen Hinterzimmern ausgeführt, wo überwiegend alte Frauen mit dreckigen Nadeln schrecklichen Schmerz und nicht selten Tod für eine riesige Anzahl von Frauen und Mädchen in Indien und anderen Staaten verursachen.

MarxistInnen stehen überall für die Rechte der Armen und Unterdrückten ein. Wir stehen für die Beseitigung der Armut und der Ausbeutung, welche diese Horrorszenarien erzeugt. Wir verteidigen ebenfalls das Recht der Frau, über ihren Körper zu verfügen, wie sie es will. Die wissenschaftliche Anwendung von Empfängnisverhütungsmitteln und eine angemessene Sexual-Erziehung ohne religiösen Hokus-Pokus, Scheinheiligkeit und Vorurteilen ist eine Vorbedingung für den zivilisierten Umgang zwischen Mann und Frau, sowie der Freiheit und Gleichberechtigung der Frau. All jene, die sich gegen dies aussprechen und Empfängnisverhütungsmitteln Hindernisse in den Weg legen, agieren gegen das allgemeine Interesse von Frauen. Solche reaktionäre Haltungen fördern die Beibehaltung der Armut, die Versklavung der Frau und die Verbreitung von AIDS, mit allen Schrecken die damit verbunden sind. Im Zusammenhang mit einem unterentwickelten Land wie Indien ist dies nichts anderes als ein Verbrechen.

Laut der emsig verbreiteten Medienstory, war Mutter Theresa eine wahre Heilige, welche auf der Erdoberfläche dahinwanderte. Sie heilte die Kranken (mit der Hilfe des einen oder anderen Wunders), tröstete die Sterbenden und sorgte sich um die Armen. Und all dies wurde in einem Meer des menschlichen Elends - genannt Kalkutta - vollbracht. Dieser Mythos verdankt seine Entstehung vor allem einer BBC-Dokumentation aus 1968, genannt "Mutter Theresa aus Kalkutta". Dies war das erste vom Fernsehen ausgestrahlte nachgewiesene "Wunder".

Der dafür Verantwortliche ist Malcom Muggeridge - ein wohlbekannter erzreaktionärer Tory und fanatischer Katholik. Sein Interesse an der Verbreitung des Mythos einer "Heiligen" in Kalkutta ist vollkommen klar. Sein Verhalten in diesem Programm war geprägt von abergläubischem Verhalten und einer unglaublichen Unterwürfigkeit. Dies kennzeichnet den Charakter eines Menschen, welcher stellvertretend für billigen TV-Journalismus mit wichtigtuerischem, pseudo-philosophischen Geschwafel bewaffnet ist.

Es ist nicht einmal unmöglich, dass M.M. diesen Kauderwelsch wirklich ernsthaft glaubte. Wenn man nach Kalkutta reist, wird man durchaus auf ein bis zwei Heilige treffen können. Oder er ist einfach vom Thema seiner Dokumentation manipuliert worden. Mutter Theresa war einfach immer eine gerissene Geschäftsfrau, und der alte Trottel aus London war ganz einfach bereit, alles ihm vorgesetzte zu glauben. Wie es auch sei, der Inhalt dieser Dokumentation wurde von nachfolgenden Untersuchungen ernsthaft angezweifelt.

Der aktuelle Fall einer Seligsprechung basiert auf einem angeblichen Wunder durch eine hinduistischen Bauernfrau - Monika Besra - welche angeblich durch ein Wunder von einem sicheren Tod gerettet wurde. Außerdem gibt es ein oder zwei andere Fälle, aber diese basieren auf derart dubiosen Grundlagen, dass selbst die effektiven, liberalisierten Produzenten im Vatikan schwer daran glauben können.

Einer dieser Fälle beinhaltet die Geschichte eines Engländers - Norman Imms -, der schizophren war und behauptet, dass er nach einer Erscheinung durch Mutter Theresa von seiner Krankheit geheilt wurde. Der Wert von Wundern, in welche geistig kranke Menschen involviert waren, wurden vom Vatikan aus offensichtlichen Gründen immer eher gering gehalten. Daher wird dieser Fall nicht als einer mit "hoher Glaubwürdigkeit" als Wunder eingestuft.

So bleibt nur noch der Fall von Monika Besra über, welche 1997 derart krank war, dass die Familie gezwungen war, das gesamte Land zu verkaufen, um damit die Kosten für ihre Behandlung zu begleichen. Schließlich wurde sie zu einem lokalen Krankenhaus weitergeleitet, kurz vor ihrem prognostizierten Tod. Sie hatte ein Zyste von der Größe einer Melone in ihrem Bauch. Die Ärzte diagnostizierten eine tuberkulöse Meningitis, und die Medizin dafür schien nichts zu nützen. Aber die Krankenschwestern hatten eine viel wirksamere Medizin zur Verfügung. Sie legten ein Medaillon mit dem Bild von Mutter Theresa und einer schwarzen Kette über ihren Bauch und beteten. Am nächsten Morgen war, wenn wir der Geschichte von M.B. und den Schwestern glauben, die Zyste verschwunden.

Die Ärzte waren ungläubig, und das sollten sie auch sein. Ein Tumor dieser Größe verschwindet nicht zwischen 5 Uhr abends und 1 Uhr nachts einfach so. Sie sind ebenfalls skeptisch, weil das Vertrauen in die Schwestern mit dem Medaillon und den Gebeten nicht ganz so groß gewesen sein konnte, weil die Kranke weiterhin die Medizin einnahm. Sie befürchten schlichten Betrug, und sagen, dass die Schwestern und die Frau nicht die Wahrheit sagen.

Warum sollten Menschen über solche Dinge Lügen erzählen? Nun ja - es steckt vor allem mal ziemlich viel Geld in diesem Wundergeschäft. Man schaue sich nur Lourdes an! Ein Wunder kann geradezu "Wunder wirken", was das Geschäft betrifft. Viele Menschen werden kommen und nach einer Heilung für ihre Krankheiten suchen. Dies bedeutet mehr Verkäufe, mehr Spenden, und mehr Investitionen. In aller Kürze hat das eine oder andere kleine Wunder nie jemandem geschadet!

Oder taten sie es doch? In Wahrheit ist es extrem schädlich und gefährlich, den armen ungebildeten Menschen einzureden, dass sie keine modernen Medikamente der westlichen Pharmakonzerne zu erschwinglichen Preisen brauchen würden, sondern Wunder und Gebete. Solche Propaganda hilft diesen Menschen nicht aus ihrer Armut, Krankheit und Unwissen heraus, sondern bindet sie im Gegenteil mehr an ihre körperliche und geistige Versklavung.

Sumita Kumar, die PressesprecherIn von Mutter Theresa, wirkte nicht, als ob sie in armen Verhältnissen leben würde, als sie in der Dokumentation angab, dass diese Erzählungen wahr wären. Sie saß in einem ziemlich luxuriösem Heim in Neu Delhi. Sie hatte ganz offensichtlich keine Wunder notwendig, um ihre Probleme zu lösen. Ein kurzer Besuch in ihrer Bank würde dafür ausreichen. Solche perfekt herausgeputzten Menschen halten die Geschichten über Mutter Theresa und ihre "Wunder" für sehr überzeugend, vor allem weil sie sehr hohe Gewinne aus der Heilung von armen Menschen beziehen.

Aber es gibt Menschen, welche eine andere Meinung über Mutter Theresa haben. Eine Dokumentation von Channel Four im Jahr 1994 deckte die Mythen, welche vorher von Muggeridge geschaffen wurden, sehr klar auf. Es zeigte deutlich, dass Mutter Theresa absolut nicht daran interessiert war, das Elend und Leiden der Menschen zu verringern, sondern nur ihre Seelen retten wollte. Obwohl es eine Reihe von Schmerzmitteln gegeben hätte, wurden Sterbende einfach den Schmerzen überlassen.

Eine der interviewten Personen war eine englische Frau, welche Mutter Theresa sehr bewunderte, bis sie ihr Wirken mit eigenen Augen sah. "Ich war schockiert", sagte sie. "Die Menschen wurden nur als Seelen betrachtet, aber nicht als lebende Körper". Menschen wurden unnotwendigen Schmerzen überlassen, was anscheinend gut für die Seele ist oder zumindest von zweitrangiger Bedeutung ist.“

Die Rolle der Religion ist in der Geschichte des Kolonialismus historisch gut aufgearbeitet worden. Die Herrschaft über die Menschen in den Kolonien durch den Imperialismus wurde durch die Religion vorbereitet und unterstützt. Die weißen Menschen kamen mit der Bibel unter dem Arm nach Afrika, Indien und Lateinamerika. Man nahm den UreinwohnerInnen Gold und Land und schenkte ihnen dafür die Bibel. Einige LeserInnen werden jetzt behaupten, das dies nicht gerade das beste Tauschgeschäft war.

Das "Geschenk" des christlichen Glaubens an diese Leute hatte ganz klar das Ziel ,diese Leute unterwürfig zu machen und ihr "Schicksal zu tragen". Dies wird auch heutzutage fortgesetzt. Und Mutter Theresa und ihre Schwestern gingen ihrer Mission weiterhin nach, diese Ideen den unterdrücktesten Schichten Indiens einzubläuen,.

Mutter Theresas Nachfolgerin Schwester Nirmala hat erklärt, dass "die Armut immer existieren wird. Wir wollen, dass die Armen die Armut aus dem richtigen Blickwinkel sehen - nämlich sie zu akzeptieren und an den lieben Gott zu glauben." Wenn dies von den ArbeiterInnen und Armen akzeptiert werden würde, dann würden sie nie gegen die Bosse kämpfen, sich nie in Gewerkschaften und politischen Parteien organisieren. Während diese Menschen sich selbst also als "Retter der Armen" präsentieren, sorgen sie für die Aufrechterhaltung jener Umstände, die zu Armut und Ausbeutung führen.

Ein Beispiel zeigt dies ziemlich deutlich auf. 1983 explodierte die Fabrik des US-amerikanischen multinationalen Konzern "Union Carbide" in Indien. Viele Menschen wurden verletzt oder getötet. Der Unfall war ein Produkt der Unternehmenspolitik, in Sicherheitsmaßnahmen zu sparen. Der Kommentar von Mutter Theresa war: "Dies war ein Unfall, so ein Feuer kann einfach überall ausbrechen. Daher ist es wichtig zu vergeben. Die Gabe des Vergebens beschert uns reine Herzen und die Menschen werden nachher glücklicher sein." Anstatt also gegen Union Carbide zu kämpfen, sollten die Opfer dieses schrecklichen Verbrechens des Kapitalismus vergeben und ihr „Bürde“ tragen. Dies sichert die Profite für das Unternehmen und spricht dessen Führung von jeglicher Verantwortung frei. Aber natürlich werden die Opfer glücklicher werden, wenn sie aus den Händen Mutter Teresas Aluminium-Medaillen mit den Bildnissen der Heiligen Maria erhalten.

Natürlich sollten Menschen das Recht haben, jede Religion anzunehmen, die sie wollen - oder auch gar keine. Aber man kann es durchaus unterlassen, unter armen, ungebildeten Menschen die Idee zu verbreiten, dass sie durch Wunder geheilt werden können, indem sie beten oder Medaillons mit schwarzen Ketten auflegen. Und noch viel mehr verzichten kann man auf die gefährliche Verbreitung der Idee, dass Verhütungsmethoden sündhaft seien, vor allem wenn dies in Ländern gemacht wird, welche mit furchtbarer Armut, Hunger und Aids konfrontiert sind. Dies beinhaltet nicht einmal ein Körnchen von progressivem Inhalt, sondern ist rein reaktionär und richtet sich gegen die Interessen der ärmsten und am leichtesten zu verletzenden Schichten der Gesellschaft.

Selbst wenn wir all dies weglassen, kann man das reaktionäre Wirken von Mutter Theresa und Ihresgleichen derart zusammenfassen: Sie eröffnet den Menschen die Perspektive, diese Gesellschaftsordnung der feudalen Fürsten, KapitalistInnen, KreditgeberInnen und anderen AusbeuterInnen mit all ihrer Macht und Privilegien aufrecht zu erhalten, anstatt eine glückliche Zukunft vor dem Grab zu suchen.

Der reaktionäre Gehalt von Mutter Theresas Wirken hat ihr natürlich die enthusiastische Unterstützung der herrschenden Klasse und vor allem deren widerwärtigsten Elemente eingetragen. Sie erfreute sich enger Freundschaften aller Arten von Menschen, von rechten Regierungen und Diktaturen: nicht nur Ronald Reagan und Robert Maxwell, sondern auch "Papa Doc" Duvallier, der blutrünstige Diktator von Haiti zählte zu ihrem Freundeskreis. Was spielte es da für eine Rolle, das sie Ganoven, Diktatoren, ja selbst Mörder waren - so lange sie reich waren!

All dies trifft auch auf ihren guten Freund Karol Wojtyla zu, der sein ganzes Leben lang für die reaktionärsten Ansichten eingetreten ist und dafür Standing Ovations von den Reichen und Mächtigen dieser Welt erhielt. Dieser gestählte Reaktionär hat sehr wohlüberlegte Gründe dafür, Heilige und Wunder gut zu vermarkten.

Aberglauben hat es in den dunklen Kammern des menschlichen Bewusstseins immer gegeben, von der Steinzeit bis herauf in die Gegenwart. All die Entdeckungen durch die Wissenschaft haben es nicht zustande gebracht ,diese jahrhundertealten Vorurteile von der menschlichen Psyche zu waschen. Nicht nur in den Slums von Kalkutta, sondern auch in den hübschen Wohnungen der Mittelklasse in Kalifornien und London, ja selbst in den heiligen Hallen der Universitäten ist die Religion und Mystizismus am Leben. Und das im 21. Jahrhundert!

Zugegebenermaßen hatte die Religion in letzter Zeit einige Schwierigkeiten, speziell in den entwickelten kapitalistischen Staaten. Immer weniger Menschen besuchen in Europa die Kirchen. Im katholischen Spanien hat die Kirche Schwierigkeiten genügend junge Männer zu finden, welche Priester werden wollen. In Frankreich übersteigt die Anzahl von professionellen Astrologen bei weitem die der Priester. In der USA wird die Kirche von Sex-Skandalen erschüttert. Aber nicht nur die katholische Kirche hat Schwierigkeiten. Die Anglikanische Kirche wurde ebenso auseinandergetrieben, nachdem ein erklärter Homosexueller Bischof in den USA wurde.

So wie in der Zeit der Dekadenz im altertümlichen Rom glauben heute nicht mehr viele Menschen an die alten Götter. Anstatt dessen gibt es eine steigende Anzahl von Sekten, vor allem aus dem Osten. Diese spiegeln eine gewisse Lebhaftigkeit wieder, welche vom europäischen Christentum vermisst wird. Ihre mystischen Glaubensbekenntnisse sprechen vor allem die ausgetrockneten Gaumen jener Männer und Frauen an, welchen es zwar nicht an materiellem mangelt, die aber an einer Leere und Bedeutungslosigkeit ihres Lebens leiden, das für sie eine ewige Quälerei mit Arbeit, kultureller und spiritueller Leere ist.

Verfremdung und brutale Selbstgefälligkeit haben die "zivilisierte" westliche Welt in einen Albtraum voller Kriminalität, Gewalt und Unsicherheit verwandelt, wo die Menschen den Wert des Lebens zusehends hinterfragen. Aber sie richten sich nicht an die traditionellen Kirchen, um Hilfe und Erlösung zu bekommen. Die organisierten Kirchen in Großbritannien sind verwelkende Blumen. Die Haltung der meisten Menschen gegenüber den die Kirchen erschütternden Skandalen ähnelt jener ihrer Vorfahren im 14. Jahrhundert, als der Feudalismus sich im Niedergang befand - eine Haltung voller Zynismus, Gleichgültigkeit und Verachtung.

Als ein militanter religiöser Reaktionär hat Wojtyla natürlich nicht vor, ohne Kampf aufzugeben. Unglücklicherweise hat er nicht alle Mittel zur Verfügung, welche von seinen Vorfahren so erfolgreich getestet wurden: Das Feuer, die Folterbank und andere kleine Nettigkeiten des Arsenals der heiligen Inquisition. Aber auch Aberglaube ist immer eine brauchbare Waffe. Dies erklärt auch die zielstrebige Bestimmtheit, mit welcher dieser Papst das Geschäft der Heiligen-Produktion vorangetrieben hat.

Aber niemand sollte jetzt leichtfertig behaupten, dass es hier rein um Quantität gehe. Nein! Papst Johannes Paul II. ist sehr um Qualität besorgt. Nicht jedeR wird als gut genug zur Heiligsprechung befunden. Der Papst überprüft die Liste mit höchster Sorgfältigkeit und Anspannung, wobei jeder Kandidat beseitigt wird, der nicht den Anforderungen entspricht. Mögliche KandidatInnen müssen eine nachprüfbare rechte Vergangenheit haben. Erzbischof Oscar Romero aus San Salvador, ein progressiver Mensch, der von Todesschwadronen brutal ermordet wurde und von Katholiken aus Zentralamerika immer wieder vorgeschlagen wurde, wurde beinhart abgelehnt. Moderne Heilige müssen rechtsgerichtet sein. Wenn man links ist, braucht man sich erst gar nicht bewerben!

Auf der anderen Seite gibt es beispielsweise den Papst Pius XII. Er war ein Freund Hitlers und Mussolinis; er breitete über den Holocaust schweigen aus, obwohl er darüber sehr gut informiert war; und nach dem 2. WK verhalf er zahlreichen Nazi-Verbrechern zur Flucht nach Lateinamerika - ER ist auf der Liste der potentiellen Heiligen hoch angeschrieben. Ebenfalls hat der Gründer der katholischen rechts-extremistischen Mafia, dem "Opus Dei" - Escriva, welcher aktiv mit dem faschistischen Diktator Franco zusammenarbeitete, gute Chancen.

Der versteckte Auftrag des Papstes ist nur allzu offensichtlich. Er versucht die rechte Reaktion überall wieder salonfähig zu machen, indem er diese reaktionären Halunken heilig spricht. Ohne Zweifel rechnet auch er damit, dass er selbst kurz nach dem Antritt seiner Reise zu einem "Besseren Leben" heilig gesprochen wird.

Aber es gibt einen noch besseren Grund für die enthusiastische Heiligen-Produktion von Wojtyla. Der Niedergang der organisierten Religion im Westen spielt eine ähnliche Rolle in den Kirchen, wie die Überproduktion am Weltmarkt. Wenn es einen Verfall der Macht in Europa gibt, dann muss man danach trachten woanders einen expandierenden Markt zu finden. Warum sollte man also nicht auch einen expandierenden Markt für Religion finden?

Solch ein sich eröffnender Markt existiert bereits. Er besteht in den ärmsten Ländern von Afrika, Asien und Lateinamerika. Die allgemeine Armut lässt die Menschen dort verzweifeln. Die Botschaft der Kirche, welche den Armen ein himmlisches Glück in der Zukunft verspricht, wirkt wie eine mächtige Droge. Sie ist um einiges attraktiver als andere Drogen, weil sie billiger ist, frei erwerblich und in den meisten Fällen außerdem nicht illegal.

Für viele Menschen aus den "Entwicklungsländern“ hat die Christenheit eine ähnliche exotische Anziehungskraft wie sie die aus dem Osten importierten Kulturen in Europa und Amerika haben. Hier lassen sich die üblichen Regeln für den globalen Handel anwenden: es gibt einen Austausch von Importen zwischen der "ersten" und der "dritten" Welt - normalerweise zum Nachteil der letzteren. Der Import von verrückten Kulten aus dem Osten in den Westen zeigt nur den geistigen Zustand einiger Wirrköpfe. Aber der Import des Christentums nach Asien, Afrika und Lateinamerika hatte den Ruin von ganzen Völkern zur folge, welche geplündert und nicht nur ihres Reichtums sondern auch ihres Bewusstseins, ihrer Traditionen und Kulturen beraubt wurden.

Der Papst, ein gerissener Geschäftsmann, hält immer Ausschau nach solchen sich eröffnenden Märkten. Um der katholischen Kirche ihren Marktanteil zu erhalten (es gibt immerhin eine ziemliche Konkurrenz durch den Islam und die evangelische Kirche), hat der Papst damit begonnen, Heilige aus den zuvor genannten Ländern zu produzieren. Normalerweise schaut der Prozess dann folgendermaßen aus:

Der Papst besucht ein Land X in Afrika / Asien / Lateinamerika. Vor der Abfahrt wird er von den Bürokraten im Vatikan informiert, das im Land X eine Person Y (verstorben), welche den Anforderungen (rechts gerichtet, reaktionär, gegen Geburtenkontrolle etc.) für Seligsprechung entspricht. Bei der Ankunft (oder kurz vor Abreise) verkündet der Pontifex dieses Landes vor einer entzückten Menschenmenge, dass die Person Y kurz vor der Heiligsprechung steht. Dadurch versuchen sie Millionen von armen Menschen zum Beitritt zu überzeugen. Nicht nur die Zahl der Heiligen hat rapide zugenommen, sondern der am meisten reaktionäre Flügel des Vatikans - angeführt durch Wojtyla - versucht damit strebsam eine große Anzahl von Menschen anzuködern, und damit die reaktionären Ideologien zu fördern.

Diese Manöver haben einen extrem zynischen Charakter. Viele ehrliche KatholikInnen können diesen durchschauen. Wie kann es denn sein, das in den letzten paar Jahren mehr Heilige gemacht wurden, als in den letzten 2000 Jahren? Diese Welt wurde nicht zu einem heiligeren Platz, seitdem der Papst das Amt übernahm. Eher das Gegenteil würde zutreffen. Die Lebensstandards der Bevölkerung wurden gekürzt, Armut wurde verschärft, ein Krieg folgt dem anderen. Die Wurzel dieser menschlichen Katastrophe ist das kapitalistische System, das der Papst so verteidigt.

Der Gründer des Christentums lebte und arbeitete unter den Armen. Seine MitstreiterInnen hatten allen weltlichen Reichtum aufzugeben, um der Bewegung beitreten zu können. Heutzutage kämpfen viele KatholikInnen, vor allem in Süd- und Zentralamerika, aber auch etwa auf den Philippinen, gegen Ungerechtigkeit und Ausbeutung. Sie wollen die Interessen der armen ArbeiterInnen und Bauern verteidigen. Diese Menschen genießen alle unsere Sympathien. Aber die Könige der Kirche (nicht nur der katholischen) haben schon vor langer Zeit das Glaubensbekenntnis der frühen Christen über Bord geworfen. Sie sind in die Reihen der Reichen und Mächtigen aufgestiegen. Sie haben die Macht eben jenen Geldwechslern übergeben, welche Jesus beseitigte.

Sie predigen den Armen Unterwürfigkeit und Enthaltsamkeit, damit die Fortsetzung dieses Systems der Ausbeutung und Unterdrückung fortgesetzt werden kann. Der "Trost", den sie diesen Menschen versprechen, ist ein schwacher Trost, der bis zum Tod warten muss. Von ihnen kann durchaus gesagt werden: "Ich fragte dich nach Brot, und du gabst mir einen Stein." Wir sagen: Lasst uns vereinigen im Kampf gegen Ausbeutung und Unterdrückung. Lasst die ArbeiterInnenklasse die Macht erringen und den Herrschern ein Ende setzen - sowohl materiell als auch geistig. Lasst uns ein Paradies auf dieser Erde schaffen!


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