Weihnachten und der Jahreswechsel lassen viele zurückblicken, Bilanz ziehen und nach vorne schauen, um Ziele für die Zukunft definieren. Gesundheit, Glück und ein gutes Leben stehen bei den meisten von uns ganz oben auf dem Wunschzettel. Von Gernot Trausmuth.

Doch immer mehr von uns müssen zu der Einsicht kommen, dass das eigene Bemühen, der eigene Fleiß noch so groß sein können, und trotzdem rücken diese Ziele in unerreichbare Ferne. Die stagnierenden Einkommen und der wachsende Druck in der Arbeitswelt, der Zeit zum Luxus macht, prägen das Leben der Mehrheit, weil das Kapital die Menschen nach ihrer Profitlogik zurichtet. Zu allem Überdruss schneiden die Bürgerlichen mit ihrer schwarz-blauen Kettensäge derart ins soziale Gefüge der Gesellschaft ein, dass dadurch zwangsläufig Zehntausende in die Armut getrieben werden.

Als Reaktion auf diese Entwicklungen wird der Ruf nach einem „guten Leben für alle“ immer lauter. Von den Donnerstagsdemos über Kampagnen bis zur Gewerkschaft VIDA taucht dieser Slogan immer wieder auf. Dieser Spruch bringt sehr gut auf den Punkt, was sich die Mehrheit wünscht. Doch wie sieht der Weg dorthin aus?

Die Vordenker dieses Konzepts bezeichnen das „gute Leben für alle“ als „konkrete Utopie“, die den Menschen Hoffnung geben soll, dass es auch eine Welt jenseits vom Profitstreben geben kann. Selbst wenn dabei dieses Utopia wortradikal als „revolutionärer Gegenentwurf“ zum Kapitalismus gesehen wird, weil dieser den Planeten als unsere Lebensgrundlage zu vernichten droht, so entpuppen sich die konkreten Konzepte doch nicht als Bruch mit der herrschenden Ordnung. Die Kampagne „system change not climate change“ sieht im Aufbau einer öffentlichen, kommunalen Infrastruktur nach dem Vorbild des Roten Wien der 1920er oder in der wirtschaftlichen Nachkriegsordnung mit Sozialpartnerschaft und einem starken öffentlichen Sektor Vorbilder einer künftigen Gesellschaft und strebt eine Zurückdrängung der Globalisierung an. Der grüne Ökonom Novy spricht sich auf dem Mosaik-Blog für einen regulierten Markt und solidarisches und nachhaltiges Handeln im Kleinen aus, während Lisa Mittendrein (ATTAC, Mosaik) den Schlüssel zur Veränderung in einer radikalen Arbeitszeitverkürzung und sinkender Produktion sieht, damit die Menschen mehr Zeit für ihre Mitmenschen, Bildung und gesellschaftliche Beteiligung haben.

Die Befürworter eines „Guten Lebens für alle“ scheuen durch die Bank davor zurück, die Wurzel des Problems klar zu benennen: Das ist eine auf dem Privateigentum an den Produktionsmitteln und der Profitmaximierung basierende Gesellschaftsordnung. Wer ein gutes Leben für alle will, und nichts anderes streben wir an, muss für den Sturz dieses Profitsystems kämpfen. Die Alternative kann nur eine Ordnung sein, in der die Bedürfnisse aller Menschen (und dazu gehört die Erhaltung unserer natürlichen Lebensgrundlagen) im Mittelpunkt stehen. Das kann nur eine Wirtschaft leisten, in der der Einsatz der Produktions- und Transportmittel und des wissenschaftlichen Potentials demokratisch geplant und kontrolliert wird. Das „gute Leben für alle“ kann nur der Sozialismus garantieren, in dem die Menschen ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen. Jede andere Perspektive lässt die Utopie zur Illusion verkommen.

Die zentrale gesellschaftliche Kraft, die diesen Kampf erfolgreich führen kann, ist die Arbeiterklasse. Sie ist aufgrund ihrer Stellung im Produktionsprozess, ohne den Wirtschaft und Gesellschaft nicht im Geringsten funktionieren können, die „Totengräber der alten Gesellschaft“. Das größte Hindernis auf diesem Weg ist jedoch das Fehlen von Massenorganisationen, die dieser Aufgabe gewachsen sind. Viel zu sehr sind die bestehenden Organisationen der Arbeiterbewegung festgefahren in der Ideologie der Sozialpartnerschaft, der Standortlogik und einer generellen Ideologie des „wir sitzen mit dem Kapital in einem Boot“. Die Überwindung dieser Anschauungen ist unser Ziel. Die Herstellung der Einheit der gesamten Arbeiterklasse im Klassenkampf ist für uns der Schlüssel im Kampf für das gute Leben für alle.

(Erschienen im Funke Nr. 169/Dezember 2018)


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