Folgender Antrag wurde auf der Bezirkskonferenz der SJ Alsergrund beschlossen und wird bei der Landeskonferenz der SJ Wien (28.11.) und am Verbandstag der SJ (4./5.12.) eingebracht.

Nein zu Staatsrassismus

In den letzten Wochen sorgten mehrere Fälle von Abschiebungen von Asylsuchenden für große mediale Aufmerksamkeit und einen Sturm des Protests. In den Fällen der 8-jährigen Komani-Zwillinge oder der 14-jährigen Schülerin Araksya wurde die Unmenschlichkeit des Asyl- und Fremdenrechts des österreichischen Staates augenscheinlich.

Seither wurde auch in bürgerlichen Massenmedien der Ruf nach einer Reform der Asyl- und Fremdenrechtspolitik laut. Gefordert wird ein humanitäres Bleiberecht für „Altfälle“, d.h. Familien, die schon seit Jahren in Österreich leben, auf einen positiven Asylbescheid warten und sich gut integriert haben. Die Abschiebung von solchen Menschen, die längst hier ihre neue Heimat gefunden haben und oft keinerlei Bezug zum Herkunftsland haben (wenn sie nicht überhaupt hier geboren wurden!), verstößt so offensichtlich gegen die Menschenrechte und empört so viele Menschen, dass der Staat in Einzelfällen sogar dem öffentlichen Druck nachgeben musste.

Asyl und Migration

Neben dem humanitären Bleiberecht fordern aber viele „Liberale“ gleichzeitig eine Verschärfung in der Asyl- und Fremdenrechtspolitik. Es könne doch nicht angehen, dass der Staat eine ungeordnete Zuwanderung zulässt. Die Antwort dieser Damen und Herren lautet: gezielte Zuwanderung von Schlüsselarbeitskräften zur Sicherung des Standort Österreichs (Stichwort „Rot-Weiß-Rot-Card“).

Die Bürgerlichen trennen gezielt zwischen dem Recht auf Asyl und Zuwanderung (Migration). Wir lehnen diese Logik entschieden ab, weil es für uns keinen Unterschied macht, ob Menschen vor politischer Verfolgung oder vor sozialem Elend fliehen. Die Ursache ist immer in der Funktionsweise der kapitalistischen Weltordnung zu sehen, zu deren Aufrechterhaltung auch der österreichische Imperialismus seinen Beitrag leistet. Unsere Solidarität gilt uneingeschränkt allen Menschen, die von Ausbeutung, Unterdrückung und Armut betroffen sind.

Es war immer so, dass die Interessen des Kapitalismus die Migrationsgesetze eines Landes (bzw. die Auslegung des Asylrechts) bestimmten. In den 1960er und 1970er Jahren, als in Österreich akuter Arbeitskräftemangel bestand, wurden hauptsächlich mit Jugoslawien und der Türkei Verträge abgeschlossen, die die Anwerbung von GastarbeiterInnen beförderten. Diese Menschen wurden in schäbigen Baracken untergebracht und mit Hungerlöhnen abgespeist. So wurde der Grundstein für die Ghettobildung und systematische Schlechterstellung von MigrantInnen gelegt, was durch diskriminierende Gesetze im Arbeitsrecht oder erschwerten Zugang zu Sozialleistungen etc. verstärkt wurde.

Der Staat versucht – leider mit Unterstützung der SPÖ und des ÖGB – heute ebenfalls Migration zuallererst im Interesse der Wirtschaft zu regulieren. So erleichtern bzw. ermöglichen Jobzusagen und Schlüsselqualifikation die Immigration und die Erlangung von Aufenthaltstiteln. So werden MigrantInnen durch Ausnützung ihrer Abhängigkeit von der Wirtschaft zum Drücken von Löhnen und Arbeitsbedingungen eingesetzt.

Integration

Wir wehren uns gegen die bürgerliche Hetze gegen MigrantInnen, weil sich diese angeblich nicht integrieren wollen. Ohne ausreichenden Bildungszugang werden sie schlechtere Jobs bekommen, in denen sie hauptsächlich mit anderen MigrantInnen zu tun haben. Verdienen Menschen nicht genug Geld, werden sie weiterhin in Ghettos wohnen. Dabei ist die Forderung nach „Integration“, mit der meistens die kulturelle Assimilation gemeint ist, nichts anderes als der Versuch, MigrantInnen für ihre schlechten Lebensbedingungen selbst verantwortlich und zu Sündenböcken für soziale Probleme zu machen. Der Staat hat kein Recht den Menschen ihre Religion, ihren Musikgeschmack, ihre Ess- und Trinkgewohnheiten, ihre bevorzugte Sprache, ihren Kleidungsstil usw. vorzuschreiben. Diese Dinge sind Privatsache, und dieses Recht verteidigen wir für alle Menschen. „Integration“ wird stattfinden, wenn sie auf der gleichberechtigten Basis beiderseitigem Einverständnis zustande kommt. Die erfolgreiche Integration von KollegInnen anderer Herkunft hängt aber nicht zuletzt auch davon ab, ob die Gewerkschaften und die Sozialdemokratie aktiv gegen jede Form von Rassismus sowie für vollständige Gleichberechtigung und bessere Arbeits- und Lebensbedingungen kämpfen oder ob sie ihre Aufgabe darin sehen den „Standort Österreich“ mitzuverwalten.

Die Positionierung der Sozialdemokratie

Die ureigenste Aufgabe der Sozialdemokratie ist es, bessere Lebendbedingungen für alle ArbeiterInnen unabhängig von ihrem Herkunftsland oder ihrer nationalen Zugehörigkeit zu erstreiten. Gerade in der Asyl- und Fremdenrechtspolitik verstößt die SPÖ aber ständig gegen ihre Grundprinzipien und macht offen bürgerliche Politik. So macht sie sich durch ihre Zustimmung zum Asylgesetz mitschuldig an der unmenschlichen Praxis gegen AsylwerberInnen. Und indem sie die Logik akzeptiert, die inländische und ausländische ArbeiterInnen gegeneinander ausspielt, schadet sie mit dieser Linie der gesamten ArbeiterInnenbewegung und entwaffnet sie ideologisch gegenüber den rechten Hetzern.

Die Sozialistische Jugend Österreich fordert daher:

• Sofortige Legalisierung aller „illegal“ in Österreich lebenden Menschen sowie die sofortige Freilassung aller Schubhäftlinge! Bleiberecht für alle!
• Nein zu jeder Regulierung der Zuwanderung im Interesse des Kapitals (z.B. „Rot-Weiß-Rot-Card“)
• Abschaffung der Unterscheidung und Ungleichbehandlung von „In- und AusländerInnen“ nach dem Gesetz! Abschaffung aller „Fremdengesetze“, welche einen wesentlichen Beitrag zur Spaltung der ArbeiterInnen am Arbeits- und Wohnungsmarkt leisten! Weg mit dem Ausländerbeschäftigungsgesetz!
• Organisierung der migrantischen ArbeiterInnen in der Gewerkschaft und Sozialdemokratie durch eine Kampagne für verbesserte Löhne und Arbeitsbedingungen, die für „In- und AusländerInnen“ gleich sind


Unsere Arbeit kostet Geld. Dabei sind wir exklusiv auf die Unterstützung unserer LeserInnen und UnterstützerInnen angewiesen. Wenn dir dieser Artikel gefallen hat, zögere nicht und lass uns deine Solidarität spüren. Ob groß oder klein, jeder Betrag hilft und wird wertgeschätzt.

Der Funke  |  IBAN: AT48 1513 3009 5102 5576  |  BIC: OBKLAT2L

Artikel aus der Kategorie