Die Klimakonferenz COP26 in Glasgow hat einmal mehr gezeigt, dass die Herrschenden zu keiner Lösung der Klimakrise fähig sind. Lukas Frank über das Scheitern des Gipfels und die Notwendigkeit einer antikapitalistischen Klimabewegung. Von Lukas Frank.

Vor ein paar Monaten kündigte der Weltklimarat den „Code Red“ für die Menschheit an. Schon 1.5°C Erderwärmung werden katastrophale Auswirkungen haben, und seit 2020 müssten die Emissionen jährlich um 15% sinken.

COP26: Erbsenzählen statt Herkulesakt

Mit Paukenschlägen wurde also die diesjährige Klimakonferenz COP26 angekündigt. „1.5°C nicht aufgeben“ lautete der inoffizielle Slogan. Gastgeber Boris Johnson sprach sogar von einem historischen „Wendepunkt in der Geschichte der Menschheit“ und es habe „noch nie so viel Verantwortung in den Händen von so wenigen gelegen“.

Doch aus „Kohle in die Geschichtsbücher zu verbannen“, wie es COP26-Präsident Alok Sharma formulierte, wurde auf Bestreben indischer Delegierter der „Phase Out“ von „schmutziger“ Kohle in nicht näher definierter Zukunft. Für die reichen Industrienationen dieser Erde war es hingegen unmöglich offene 20 Mrd. Dollar von vorherigen Versprechen an ärmere Länder zu zahlen - ein lächerlich kleiner Betrag, vergleichbar mit einem Zehntel der österreichischen Staatseinnahmen.

Hinsichtlich des offiziellen Klimapakts passierte also nicht viel. Allerdings gab es freiwillige „Selbstverpflichtungen“, unter anderem bis 2040 nur noch emissionsneutrale Kraftfahrzeuge zu verkaufen. Zufälligerweise unterschreiben dieses Papier aber weder Länder, die viele Autos haben, noch die großen Automobilkonzerne.

Auf solchen Klimakonferenzen wird also viel von Konzernen und Ländern gefordert, unterschrieben und versprochen - vorausgesetzt es geht nicht um den Profit der eigenen Kapitalisten, die davon betroffen wären. Wenig blieb also vom lautstark angekündigten heroischen Kraftakt der Herrscher dieser Welt zur Rettung der Menschheit übrig, stattdessen dominierte verstockter Eigennutz. Hatten die Länder angesichts der Coronakrise noch unbegrenzte Geldgeschenke an die eigenen Konzerne ausgeschüttet, wurde bei der Klimakonferenz jede einzelne Milliarde auf die Goldwaage gelegt. „Debatten, ob etwas passieren sollte oder passieren wird“, zogen sich laut dem ‚Economist‘ „über Tage“. Nach der Pariser Klimakonferenz 2015 steuerte die Welt bis Ende des Jahrhunderts auf eine Erwärmung von 2.7° zu, nach Glasgow, ganze 6 Jahre später sind es 2.4° geworden. Und so läuft uns wertvolle Zeit davon, ohne dass sich groß etwas verändert.

Das Ausmaß dieses Totalversagens zwang sogar die Bürgerlichen ihre Handlungsunfähigkeit offen einzugestehen. So meinte die Financial Times:

„Rückblickend war Boris Johnson der perfekte Gastgeber. Der britische Premierminister ist spezialisiert auf grundlosen Optimismus und leere Versprechen. Die Klimakonferenz in Glasgow produzierte Unmengen davon. […] Es sollte keine Überraschung sein, dass Glasgow eine Enttäuschung war. […] Es gab keinen Anlass zu glauben, COP26 könnte Erfolge bringen, wo 25 COPs zuvor versagt haben.“

Keine Hoffnung in die Bonzen

Während selbst bürgerliche Qualitätszeitungen wie die Financial Times offen das Scheitern der Regierungen benennen, ist die Hoffnung der Führung der Klimabewegung in diesen bürgerlichen Versagertrupp ungebrochen. Dies wird sehr schnell anhand der Forderungen von „Friday For Future“-Austria klar:

„• die Umsetzung der Maßnahmen des Klima- und ökologischen Notstands!
• die sofortige Verankerung von Klimaschutz in der Verfassung sowie den Ausstieg aus Öl, Kohle und Gas bis 2030!
• eine ökosoziale Steuerreform ab dem Jahr 2020!
• einen klimagerechten Gesellschaftsvertrag in Österreich, den Klima-Corona-Deal!:
Die österreichische Regierung steht vor der historischen Gelegenheit die staatlichen Rettungsgelder intelligent und klimagerecht zu investieren. Die Covid-19-Pandemie hat der Welt gezeigt, wie schnell und entschlossen wir als Gesellschaft handeln können, um eine Katastrophe abzuwenden.“

Die (Un)Wirksamkeit der Verfassung, in der unter anderem „Ein Recht auf Leben“ garantiert ist, spüren Flüchtlinge, die in „sichere“ Drittstaaten abgeschoben werden, jeden Tag. Laut der WHO war die Corona Pandemie komplett vermeidbar und attestiert damit den Herrschenden dieser Welt ein Totalversagen. Wenn eine Steuerreform die Klimakatastrophe lösen soll, heißt das im Umkehrschluss, dass der Kapitalismus mit ein paar Adjustierungen nicht Hindernis, sondern zentraler Bestandteil der Lösung der Klimakatastrophe ist.

Kern des Programms: Nur Konzernbosse und PolitikerInnen können uns retten, unsere Aufgabe als Klimabewegung ist möglichst effizient „Bitte!“ zu sagen. Einen Plan B, falls die Bürgerlichen sich entscheiden nichts zu machen, gibt es nicht.

Auf die eigene Kraft stützen

Es braucht also eine neue Strategie, aber wie könnte die aussehen? 2019 veröffentlichten wir einen Programmentwurf für eine antikapitalistische Klimabewegung. Darin werden als erstes die Gründe für die Untätigkeit der Herrschenden beschrieben:

  • §18: Die Wurzel dieses Problems sind der Nationalstaat und das Privateigentum an den Produktionsmitteln. [...] Im Kapitalismus müssen die nationalen Regierungen letztlich den Interessen ihrer eigenen Kapitalistenklasse dienen […] Und in dieser Zeit […] der kapitalistischen Krise versucht jede Regierung ihre Probleme in andere Länder zu exportieren, was zu […] einem Zusammenbruch der Zusammenarbeit in internationalen Fragen führt.
  • §32: […] Umweltschäden werden nicht durch Industrialisierung oder Wachstum verursacht, sondern durch die Art und Weise, wie die Produktion im Kapitalismus organisiert und kontrolliert wird. Anstatt für Effizienz zu sorgen, führen der Wettbewerb und die Profitlogik zu einem Wettlauf nach unten, der enorme Verschwendung und Umweltverschmutzung verursacht.[…]

Die riesigen Produktionsmittel, die die Menschheit hervorgebracht hat, sind nicht das Problem, sondern die Lösung, wenn sie anhand von rationalen wissenschaftlichen Erkenntnissen und nicht durch kurzfristiges Profitstreben gesteuert werden:

  • §44: All dies unterstreicht, wo die eigentliche Schuld für die Umweltkrise liegt. Ebenso zeigt es deutlich die Lösung auf: Diese Unternehmen und Industrien sollen als Teil eines rationalen, sozialistischen Produktionsplans in Gemeineigentum überführt und unter demokratische Kontrolle gestellt werden. Nur dann können wir eine nachhaltige Wirtschaft schaffen, in der ein steigender Lebensstandard nicht im Widerspruch zum Schutz des Planeten steht.

Diese demokratische Kontrolle kann nur durch die organisierte Arbeiterklasse erfolgen, die mit ihrer Arbeit die Produktion am Laufen hält und damit auch übernehmen kann. Ziel der Klimabewegung muss also sein, diese enorme Macht in der Gesellschaft in Bewegung zu setzen. Konkrete Forderungen sind hierbei ein wichtiges Werkzeug, solange sie betonen, dass der Kampf gegen den Klimawandel unmittelbares Interesse der Masse der Lohnabhängigen ist und sich an diese und ihre (oft trägen) Kampforganisationen richtet.

  • §58: Linke politische und soziale Bewegungen sind auf der ganzen Welt auf dem Vormarsch. Die Aufgabe besteht darin, die Kampfbereitschaft und Radikalität der studentischen Klimastreiks in die breitere Arbeiterbewegung zu tragen, damit ArbeiterInnen und Jugendliche gemeinsam für eine sozialistische Umweltpolitik kämpfen.

Sozialistische Umweltpolitik heißt dabei im Kern, unverantwortlichen Bossen die Kontrolle über ihre Konzerne zu entreißen und den Reichtum zu verwenden, um diese Gesellschaft umweltfreundlich zu gestalten. Statt Steuern auf Diesel und Gas, braucht es Gratis-Öffis und gedämmte Wohnungen auf Kosten der Superreichen.

Den Kampf gegen die Bürgerlichen führen

Im Wesentlichen bedeutet ein revolutionäres Klimaprogramm also, sich auf die eigene Stärke und auf jene der Arbeiterklasse zu stützen, mit dem Ziel, den Kapitalismus als Wurzel allen Übels zu stürzen.

Doch die Bürgerlichen kämpfen um die Hoheit ihrer zahnlosen Ideen innerhalb der Klimabewegung, mithilfe ihrer Parteien, gekauften Medien und halbgaren Zugeständnissen. Daher braucht es einen revolutionären Gegenpol, eine Organisation, um die sich die kämpferischsten Teile der Klimabewegung sammeln können, um den bürgerlichen Einfluss zurückzudrängen und um die Führung der Bewegung zu kämpfen.

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(Funke Nr. 199/10.12.2021)


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