Die letzten Monate der Corona-Pandemie zeigen deutlich, dass der Kapitalismus kein Interesse an der Gleichstellung der Frau hat. Im Gegenteil wird klar, dass die Errungenschaften der Frauenbewegung in den letzten 50 Jahren innerhalb dieses Systems in wenigen Monaten zugrunde gerichtet werden.

Während schon vor Corona ein Gros der Haus- und Pflegearbeit sowie der Kindererziehung in Frauenhand war, verschärften die Corona-Maßnahmen der Regierung dies noch zunehmend. Der von vornherein belastende Balanceakt für Frauen zwischen unbezahlter- und Erwerbsarbeit, gestaltet sich in diesen Zeiten als unmöglich. Einer Studie der Wirtschaftsuniversität Wien und der Wiener Arbeiterkammer zufolge leisteten Frauen während des Höhepunktes der Pandemiemaßnahmen täglich zweieinhalb Stunden mehr unbezahlte Arbeit als Männer. Erhebungen haben gezeigt, dass Frauen im Homeoffice ihre Erwerbsarbeitszeit an Tagesrandzeiten verlagert haben, um sich während des Tages, beziehungsweise bei Partnerschaften während der Regelarbeitszeit des Mannes, um Haushalt und Kinderbetreuung kümmern zu können. Diese Situation ist nicht nur psychisch und physisch belastend, sondern drängt noch mehr Frauen dazu, ihre Arbeitszeit weiter zu reduzieren, was zu finanziellen Einbußen sowie zur Beziehungsabhängigkeit führt und infolgedessen zusehends die Gefahr der Altersarmut mit sich bringt.

Frauen in systemrelevanten Berufen wurde nach und nach ein schlechtes Gewissen eingeredet, wenn sie dazu gezwungen waren ihre Kinder in der Notbetreuung unterzubringen. Auch Bundeskanzler Kurz war sich für solche Aussagen nicht zu schade. Zynischen Beigeschmack gab es durch das propagierte abendliche Balkonklatschen zusätzlich.

Von der Sozialpartnerschaft ist keine Lösung unserer Probleme zu erwarten. Das zeigte sich ganz deutlich beim Kollektivvertragsabschluss der Sozialwirtschaft, der völlig voreilig und entgegen den Bedürfnissen der Beschäftigten (z.B. nach Arbeitszeitverkürzung) unterzeichnet wurde. Pflegeberufe und die MitarbeiterInnen im Handel erfuhren lediglich Lippenbekenntnisse, von weitreichenden Verbesserungen der Arbeitsbedingungen und ordentlichen Lohnerhöhungen sind die ArbeiterInnen in diesen Branchen weit entfernt.

Frauen, und speziell Mütter, sind aus politischem Kalkül heraus die Verliererinnen dieser Krise. Nicht nur aufgrund der zunehmenden beruflichen Belastung, sondern auch durch einen Zuwachs an häuslicher Gewalt und unzulänglicher medizinischer Versorgung. So wurden zum Beispiel in den USA Abtreibungen als nicht essenziell eingestuft und auch nicht vorgenommen. Auch in Italien wurden einige Krankenhäuser zu reinen COVID-19-Spitälern, was andere medizinische Eingriffe, wie auch Schwangerschaftsabbrüche, verunmöglichte.

Dass gerade Arbeiterinnen und einkommensschwache Familien nicht im Fokus der regierenden Klasse stehen, wird nicht nur durch die unzureichenden finanziellen Unterstützungsmaßnahmen, sondern auch durch die abwartende Haltung der Regierung bezüglich Maßnahmen zur Digitalisierung des Schulunterrichts und der Ferienbetreuung deutlich.

Geringverdienende Familien sind in Zeiten des Homeschooling von vornherein in einer benachteiligten Situation, während Kinder aus bessergestellten Elternhäusern im Regelfall auf mehr elterliche und technische Unterstützung bauen können. Da viele Frauen gezwungen waren, Urlaubstage aufzubrauchen, gestaltet sich zusätzlich die Planung der Ferienbetreuung als schwierig, vor allem da die meisten Angebote mit immensen Kosten verbunden sind oder aufgrund der von der Regierung viel zu spät bekanntgegebenen Corona-Regeln doch nicht stattfinden können.

Durch diese Krise wird besonders deutlich, dass die Errungenschaften der Frauenbewegung der letzten Jahrzehnte zwar viele Verbesserungen gebracht haben, diese aber die strukturellen Probleme im vorherrschenden Kapitalismus nicht überwinden können, sondern nur reformierend in Teile des Systems eingreifen. Die Sparmaßnahmen der letzten Jahre im Gesundheitsbereich, die prekären Beschäftigungsverhältnisse, in denen Frauen oft tätig sind, wie auch die fehlenden Kapazitäten in den Bildungseinrichtungen, sind Garant für systemische Missstände im Kapitalismus, die gerade Frauen aus der Arbeiterschaft in eine schwierige Position bringen, wovon letztlich die herrschende Klasse profitiert.

Wahre Gleichstellung wird es im Kapitalismus nicht geben, daher ist es essenziell den Kampf für echte Frauenbefreiung weiterzuführen und im Zeichen der internationalen Solidarität die kapitalistischen Grenzen zu überwinden, um ein Ende von Ungleichheit und Unterdrückung herbeizuführen.

(Funke Nr. 185/1.7.2020)


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