Beim diesem Workshop vom Brot & Rosen Seminar 2021 referierte eine Genossin der marxistischen Organisation „Czerwony Front” über die aktuelle Bewegung gegen das Abtreibungsverbot, die Abtreibungsgesetze in Polen, deren historischen Kontext und ihren Grundlage in den Klassenbeziehungen.
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Am 22. Oktober 2020 urteilte der Verfassungsgerichtshof in Polen, dass das Gesetz zur Erlaubnis von Abtreibungen von missgebildeten Föten verfassungswidrig sei, womit der Zugang zu legalen Abtreibungen noch einmal stark erschwert wurde. Als Reaktion darauf brachen in 60 Städten Proteste aus, die sich in den Nächten vom 23. und 24. Oktober in Stadtzentren, vor Büros der regierenden PiS-Partei und religiösen Verwaltungsgebäuden sammelten. Am 25. Oktober wurden Sit-Ins in katholischen Kirchen organisiert, in einigen Städten wie Katowice und Poznań wurden so auch Sonntagsmessen gestört.
Am 23. Oktober mobilisierte der Premierminister Mateusz Morawiecki die Militärpolizei, um der regulären Polizei ab 28. Oktober bei der „Aufrechterhaltung der Sicherheit und der öffentlichen Ordnung“ zu helfen. Für diesen Tag war ein landesweiter Frauenstreik geplant. Am 30. Oktober gingen in der Hauptstadt Warschau über 100.000 Menschen auf die Straße.
Wir hören hier über die Abtreibungsgesetze in Polen, deren historischen Kontext und ihren Grundlage in den Klassenbeziehungen. Dabei werden wir auch Auswirkungen der Proteste auf die Politik und das Bewusstsein der Massen (insbesondere von Jugendlichen) diskutieren sowie die Rolle der katholischen Kirche analysieren. Wir müssen uns auch über die Auswirkungen bewusst sein, die die Pandemie und Wirtschaftskrise auf den Verlauf der Proteste haben. So können wir analysieren, wie die Situation in Polen sich gesellschaftlich so zugespitzt hat, wie es seit dem Ende des Stalinismus nicht mehr der Fall war.