Seit September 2021 besuche ich eine HTL, um dort ein Bautechnikkolleg zu absolvieren. Von dieser Ausbildung habe ich bei einem Programm des AMS erfahren, das mehr Frauen in technische Berufe bringen soll. Teil meiner Ausbildung ist ein Mal pro Woche praktischer Unterricht am schuleigenen Bauhof.
Als wir unsere zukünftigen Bauhoflehrer kennen lernten, die sich in einer Gruppe bei uns vorstellten, schoss einer von ihnen Fotos von jedem mit seinem (vermutlich privaten) Handy. Die Fotos wurden für einen Schülerkatalog verwendet. Nach einigen Schnappschüssen sagt der Lehrer, der die Bilder machte: „Na diese Fotos darf meine Frau nicht sehen“.
Als eine Schülerin zu spät kam (die übrigens immer zu spät war, da sie alleinerziehende Mutter ist) und fragte, ob sie sich vor dem Foto noch schnell ausziehen könnte, war die Antwort: „Ausziehen? Na sicher.“ Ab da war mir klar, dass wir zu unseren Bauhoflehrern kein klassisches Lehrer-Schüler-Verhältnis haben werden.
Der Lehrer, der uns auch fotografierte, ist Zimmerer und witzelte in seiner ersten Stunde gleich, dass die Maurer niedere Menschen wären, da sie wie Menschen aus niedrigen Ländern am Boden arbeiteten. In einer anderen Stunde scherzte er wieder durch die Gegend, bis er plötzlich davon zu reden begann, dass er gerne Frauen ansieht. „Aber schauen ist doch in Ordnung, oder nicht?“, wandte er sich an mich, die einzige Frau in dieser Gruppe. Ich verneinte und schien ihn mit meiner Antwort, dass man nicht gerne von alten Männern angestarrt wird, auch etwas beleidigt zu haben. In Kombination mit seiner Aussage über die Bilder, die er von uns machte, fand ich das besonders unangenehm.
Ein anderes Mal suchte mich ein weiterer Lehrer aus der Maurerei aus, um Sand in eine Mischtrommel zu schaufeln. Ich tat mir sehr schwer, denn eine volle Schaufel Sand wiegt echt viel, aber bemühte mich, das hinzubekommen. Dabei hielt ich die Schaufel anscheinend falsch, dann er scheuchte mich dann weg mit den Worten „Du musst das genau gleich machen. Es heißt ja auch Gleichberechtigung, also musst du alles genauso machen wie ein Mann. Wenn dir das nicht gefällt, kannst du dich bei deiner Mutter bedanken, die wollte unbedingt welche.“
Der Gipfel war aber, als es um das Aufblasen eines Schubkarrenreifens ging und derselbe Lehrer sagte: „In Ihrer Nähe sollte ich nicht Blasen sagen, sonst fühlen Sie sich angesprochen.“
Fast die Hälfte unserer Klasse sind Frauen. Wir sind stark und kompetent und lassen uns so etwas nicht gefallen. Die Zeiten, in denen Sexismus am Arbeitsplatz und in der Schule ein Kavaliersdelikt waren, sind vorbei.
Von Tamara Belyus
(Funke Nr. 201/23.2.2022)