Als vor einem Jahr die Große Koalition gebildet wurde, verkaufte die SPÖ-Führung ihren Eintritt in die Regierung nicht zuletzt damit, dass Frauen jetzt wieder eine starke Stimme erhalten würden. Nach den Jahren der schwarz-blau-orangen Regierungen wäre das auch dringend notwendig. Doch eine Bilanz der Großen Koalition zeigt, dass auch auf diesem Gebiet nichts weitergegangen ist.

Eine Reihe von Studien der letzten Wochen zeigen, dass sich an den großen Problemen, mit denen lohnabhängige Frauen in Österreich konfrontiert sind, nichts geändert hat. Ganz im Gegenteil!

Ungleichheit einzementiert

Frauen verdienen in Österreich für die gleiche Arbeit im Schnitt bereits 20 Prozent weniger als Männer. Vor einem Jahr betrug der Abstand auf Stundenlohnbasis noch 18 Prozent. Dass die Frauenarbeitslosigkeit im letzten Jahr gesunken ist, ist vor allem auf die massive Ausweitung von „McJobs“ zurückzuführen. Die Zahl der geringfügig Beschäftigten ist im November 2007 mit 254.222 auf ein neues Rekordhoch geklettert (+6 Prozent seit dem Vorjahr). 70 Prozent davon sind Frauen. Bei den Pensionen sind die Einkommensunterschiede noch gravierender. Im Durchschnitt erhalten Frauen 40% weniger Pension als Männer. Der Grund dafür ist, dass Frauen aufgrund der Tatsache, dass sie noch immer die Hauptverantwortung für Hausarbeit, Kindererziehung, Pflege, und Altenbetreuung tragen, ihre Erwerbstätigkeit immer wieder unterbrechen müssen oder nur Teilzeitjobs annehmen können und deshalb deutlich weniger Pensionsanspruch haben. Dass bei der jüngsten „Pensionserhöhung“ MindestrentnerInnen, und das sind zu einem großen Teil Frauen, „vergessen“ wurden, zeigt, wie abgehoben von der Lebensrealität der Frauen diese Regierung ihre Politik betreibt.

Trotz Rekordprofiten im Jahr 2007 sind über 1 Mio. ÖsterreicherInnen armutsgefährdet, 460.000 sind laut jüngstem Sozialbericht „akut arm“, zwei Drittel davon sind Frauen und Kinder.

Unvereinbarkeit

Eine aktuelle Eurostat-Statistik zeigt, dass viele Frauen noch immer aufgrund ihrer familiären Verpflichtungen vom Arbeitsmarkt fern gehalten werden. Die Tatsache, dass die Große Koalition keine umfassende Lösung der Pflegekrise anstrebt, zeigt, dass sich daran nicht viel ändern wird. Die Ausweitung der Ladenöffnungszeiten und die weitere Flexibilisierung der Arbeitszeiten - Regelungen, die von der ÖGB-Spitze ausverhandelt wurden und von der Regierung als große Erfolge präsentiert werden – werden den Druck auf arbeitende Frauen noch weiter erhöhen und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie noch schwerer machen. Kinderbetreuungsplätze mit entsprechender Qualität sind noch immer Mangelware. Die Kosten für die Kinderbetreuung sind enorm und fressen einen nicht unbeträchtlichen Teil des Lohns der Frauen wieder auf.

Frauen sind noch immer großteils für die Reproduktionsarbeit in der Familie zuständig. Die massive Teuerungswelle der letzten Monate macht diese Arbeit nicht gerade leichter. Selbst die offizielle Inflationsrate ist so hoch wie schon seit Jahren nicht. Der Preisanstieg bei Gütern des täglichen Bedarfs beläuft sie sich sogar auf 7,2%. Vor allem die Kosten für Lebensmittel und Heizkosten explodieren. Dazu kommt die kalte Steuerprogression, welche bei vielen Haushalten die Lohnerhöhungen wieder weggefressen hat. Dieser steigende finanzielle Druck bei der Führung eines Haushalts trifft vor allem die Frauen.
Kindergeld neu

Kinderbetreuungsgeld

Die SPÖ ist mit dem Anspruch angetreten, Bedingungen zu schaffen, unter denen Beruf und Familie wieder besser vereinbar sind. Wichtiger Ansatzpunkt war eine Reform des Kinderbetreuungsgeldes (KBG), dem Herzstück schwarz-blauer Familienpolitik. Diese Maßnahme brachte für junge Familien zwar eine dringend notwendige finanzielle Unterstützung. Aus frauenpolitischer Sicht wurde damit aber die traditionelle Rolle der Frau als Hausfrau und Mutter massiv gefördert.

Ab dem 1. Jänner 2008 können junge Eltern zwischen drei Modellen des Kindergeldes wählen. Der Unterschied liegt in der Bezugsdauer und der monatlichen Unterstützungsleistung. Wer kürzer das KBG bezieht und früher wieder in den Beruf einsteigt, bezieht nun zwar monatlich ein höheres KBG, insgesamt aber bekommen sie weniger Geld als nach der alten Regelung. Das bedeutet, je länger (meist) die Mutter beim Kind daheim bleibt, umso mehr steht ihr insgesamt an staatlicher Unterstützung zu. Unter diesen Umständen werden viele Frauen auch weiterhin möglichst lange daheim bleiben. Je schlechter die Ausbildung und je schlechter die Jobs, die sie haben, desto eher werden sie sich mit ihrer Mutterrolle zufrieden geben.
Auch mit der neuen Reform wird die Zuverdienstgrenze nicht abgeschafft. Sie wird zwar auf EUR 16.200 erhöht, doch trotz dieser Erhöhung ist sie weiterhin ein Nachteil für Frauen, die im Berufsleben stehen und ein halbwegs adäquates Einkommen vorweisen können. Im Klartext heißt das, dass Frauen, die ca. EUR 1100 netto im Monat verdienen, nicht mehr die volle Höhe an KBG bekommen. Ganz besonders betroffen sind alleinerziehende Mütter, die durch ihren „Bruch“ mit der Institution Ehe vom Vater Staat weiterhin bestraft werden.

Fehlende Kinderbetreuungsplätze

Die geschützte Karenz der Frau wird mit der Firma vereinbart, endet jedoch spätestens mit dem 24. Lebensmonat des Kindes. Der Kündigungsschutz gilt dann bis 4 Wochen nach Ende der Karenz. Wenn die Firma bereit ist das Dienstverhältnis weiterhin aufrecht zu halten, dann wartet bereits das nächste Dilemma: Woher bekomme ich einen geeigneten Betreuungsplatz für mein Kind? Wenn es das soziale und familiäre Umfeld von Eltern oder Alleinerziehenden nicht zulässt, gibt es oft gar keine Möglichkeit ins Arbeitsleben wieder einzusteigen. Betriebskindergärten sind weiter Mangelware. Vor allem bei den 0-3jährigen gibt es ein viel zu geringes Angebot an Betreuungseinrichtungen.

Ein besseres Angebot bei der Kinderbetreuung, was Lage, Öffnungszeiten, Qualität der Betreuung und vor allem auch die Kosten betrifft, wäre der zentrale Hebel, um Frauen beim Wiedereinstieg ins Berufsleben zu helfen. Warum sollte jemand arbeiten gehen, um das Geld danach für die Kinderbetreuung auszugeben, die deshalb gebraucht wird, um diesem Arbeitsverhältnis nachgehen zu können? Wer betreut mein Kind, wenn ich samstags oder bis spät abends arbeiten muss?

Das beschlossene Geld für einen Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen (+ 6-8.000 Plätze) löst das Problem bei weitem nicht. Wobei die Bundesländer, gemäß dem Wunsch der ÖVP, bis zu 50% des Geldes ja auch noch für die Ausbildung von Tagesmüttern stecken können.

Die Große Koalition – ein Pflegefall?

Einer der Hauptkonfliktpunkte in der Regierung ist die Frage der Pflege alter Menschen. Das vom Staat geförderte Modell zur 24-Stunden-Betreuung legalisiert unvorstellbare Ausbeutungsverhältnisse. Entlohnung und Arbeitszeiten dieser Pflegerinnen sind ein Hohn. Nach wie vor ist das größte Pflegeheim aber die Familie. Mehr als 80 Prozent der Personen, die auf Pflege angewiesen sind, werden von Angehörigen versorgt, auch wenn viele nicht im gemeinsamen Haushalt wohnen. Früher dauerten Pflegeeinsätze einige Monate. Durch medizinische Fortschritte und höhere Lebenserwartung ist die Pflegedauer gestiegen – nicht selten auf Jahre und Jahrzehnte. Die größte Last im Bereich der Pflege tragen nach wie vor Frauen: vier von fünf Pflegenden sind weiblich. Sie leisten enorme unbezahlte Arbeit, die kaum als solche wahrgenommen und geschätzt wird. Sie haben von dieser Regierung auch in Zukunft nichts zu erwarten.

Diese Regierung hat den lohnabhängigen Frauen nichts zu bieten. Unter dem Diktat der ÖVP bleiben die wohlmeinenden Frauenprogramme der SPÖ geduldiges Papier. In der Realität wächst der Druck auf die Frauen zusehends. Die traditionelle Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern und damit die Unterordnung der Frau unter den Mann bleibt bestehen.

Den Kampf gegen Frauenunterdrückung und die traditionellen Geschlechterverhältnisse, die Frauen (und in Wirklichkeit auch Männern) ein menschengerechtes und würdevolles Leben unmöglich machen, sehen wir als eine der wichtigsten Grundvoraussetzungen für die Herstellung einer starken und geeinten ArbeiterInnenbewegung. Diese Mechanismen, die für die Aufrechterhaltung der kapitalistischen Ordnung so zentral sind, müssen wir überwinden. Der Kampf für den Sozialismus setzt den Kampf für Frauenbefreiung voraus. Gleichzeitig kann der Kampf für Frauenbefreiung nur erfolgreich sein, wenn er eine sozialistische Perspektive hat. Dieser Kampf muss von der gesamten lohnabhängigen Klasse, von Frauen und Männern, geführt werden.


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