Wiener Spitäler. Gernot Rainer, Gründer der Ärztegewerkschaft Asklepios, wird vom KAV nicht mehr verlängert. Normale, gerechtfertigte Vorgehensweise oder doch politisch motivierte Kündigung? Dieser Frage geht Sarah Sattelberger nach.

Ab Anfang Mai soll Gernot Rainer nicht mehr für den Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) arbeiten. Der KAV begründet diese Entscheidung damit, dass er in seiner Mitarbeiterbeurteilung im Bereich Managementfähigkeiten sowohl in Sachen „Identifikation mit den Gesamtinteressen der Stadt Wien“ als auch bei der „Identifikation mit den Gesamtinteressen der Dienststelle“ eine „ausdrücklich negative Beurteilung“ habe. Diese Mitarbeiterbeurteilung wurde vom Abteilungsvorstand und der ärztlichen Direktorin des Otto-Wagner-Spitals (OWS), Barbara Hörnlein, der Ehefrau von Michael Häupl, unterzeichnet. Letztendlich wurde die Entscheidung gegen Rainer von der Dauervertragskommission gefällt, worin auch ein Personalvertreter sitzt. Pikant ist, dass es sich dabei um den Ehemann von Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser handelt. Dieser weist jedoch jede Befangenheit zurück: „Zwischen dem Amt der Gesundheitsministerin und der Entscheidung eines Organs der Personalvertretung in der Kommission besteht keinerlei Zusammenhang.“

Im Dienstzeugnis sind in allen fachlichen Bereichen nur Bestnoten für Rainer zu finden. So seien seine Fachkenntnisse „umfassend und über das eigene Aufgabengebiet hinausgehend vorhanden“. Auch die Lernbereitschaft sei „in hohem Ausmaß“ gegeben. Er gehe „aktiv auf die physischen und psychischen Bedürfnisse der Patienten ein“. Zudem sei eine „überdurchschnittliche Belastung möglich“, und er habe ein „ausgeprägtes analytisches Denkvermögen“ sowie einen „sicheren Blick für das Wesentliche“.

Es stellt sich also die Frage, warum der Vertrag eines offensichtlich so begabten Arztes nicht verlängert wird, vor allem nachdem erst vor wenigen Monaten von seiner Abteilung ein Antrag auf 13 zusätzliche ärztliche Dienstposten gestellt wurde, die Station also bereits jetzt völlig unterbesetzt ist. Es bestehe „ein Ungleichgewicht zwischen erforderlicher Ärztearbeitszeit und vorhandenen Zeitressourcen“ und nur durch zusätzliches Personal könne der weitere reibungslose Betrieb der Abteilung gewährleistet werden.

Rainer selbst sieht „kein Auslaufenlassen eines Vertrages“, sondern meint, das Vorgehen entspreche einer politisch motivierten Kündigung mit dem Zweck, eine unliebsame Stimme loszuwerden. Er hatte in der Vergangenheit wiederholt Kritik an Personal- und Leistungsreduktionen und gegen den Willen der Belegschaft eingeführte Schichtdienste durch den KAV geübt. „Es ist außerordentlich bedauerlich, dass in einer sozialdemokratisch geführten Stadtregierung gewerkschaftliches Engagement mit einer politisch motivierten Entfernung vom Arbeitsplatz geahndet wird“, so Rainer.

Unterstützung bekommt er von Seiten der Ärztekammer, aber auch von den Stations-KollegInnen: 27 von 29 stellen sich öffentlich hinter ihren Kollegen.

Their-union

Ganz anders äußert sich die Mehrheits-Gewerkschaft Younion (ehemals GdG): „Es handelt sich um eine 08/15-Angelegenheit. Jedes Jahr haben wir es mit Hunderten Dienstverhältnissen zu tun, die nicht verlängert werden“, sagt deren Vorsitzender Christian Meidlinger.

Meidlinger ist bekannt dafür, dass er Kampfmaßnahmen im Gesundheitssystem aus Prinzip ablehnt und stets den politischen Ausgleich zwischen Personalvertretung und Stadt Wien, die unter massiven Spardruck steht, sucht. Dies isoliert die Gewerkschaft und Personalvertretungen in den Wiener Krankenhäusern von den KollegInnen an den Stationen. Die vergangenen Herbst gestarteten Dienststellenversammlungen offenbarten in ihrer Kleinheit die Isolation der Funktionäre und PersonalvertreterInnen von ihren KollegInnen. Es wundert daher nicht, dass die Gespräche über Bezahlung und zusätzliches Personal, die nach dem Willen der Younion-Führung nach den Wiener Wahlen stattfinden hätten sollen, völlig im Sand verlaufen.

Stattdessen werden vermehrt Skandale öffentlich, dass die politisch gewünschte Leistungsverlagerung vom Spitalsbereich zu den niedergelassenen Ärzten mit lukrativen Grundstückspekulationen zu Lasten der Gemeinde Wien verbunden ist (darüber berichten wir in der kommenden Ausgabe).

Das Gesamtbild ist haarsträubend: Die Leistungsfähigkeit der Krankenhäuser wird langsam aber sicher heruntergefahren, höhere Wartezeiten selbst in den sensibelsten Bereichen wie der Onkologie (Krebsbehandlung) werden dafür politisch in Kauf genommen. Die Ausweitung des privaten medizinischen Sektors wird durch Immobilen-Spekulationsgewinne zulasten der Gemeinde Wien politisch angeheizt. Die ÖGB-Gewerkschaften (bis hin zu ÖGB-Präsident Foglar) decken diesen Prozess auch aktiv, indem sie der Entlassung fachlich best-geeignetster, aber widerständiger Kollegen ihren Sanctus geben.

„Asklepios“ und die „Care-Revolution“ sind eine wichtige Erfahrung des vergangen Jahres. Diese Initiativen zeigen, dass es ein kritisches Potential an den Krankenhäusern gibt, Kolleginnen und Kollegen, die ungeachtet der Haltung der Gewerlschaftsführung aktiv für ihre Arbeitsbedingungen und damit für die Qualität der Gesundheitsversorgung eintreten. Die erste Runde dieser Kämpfe ist vorbei, und der Normalzustand wurde scheinbar wieder hergestellt. Die gemachten Erfahrungen werden aber nicht vergessen, und bei der nächsten Runde werden die KollegInnen klarer in die Auseinandersetzung gegen den Sparwahnsinn treten. Die Funke-UnterstützerInnen an den Krankhäusern argumentieren dabei weiter für auf Stationen und Abteilungen basierte AktivistInnen-Gruppen, die politisch eine Gewerkschaft mit Streikfähigkeit anstreben.


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