Gesundheits- und Sozialbereich. Im Jänner fanden gleichzeitig zwei KV-Verhandlungen in diesem Bereich statt. Der Grad der an den Tag gelegten Konfliktbereitschaft hat entscheidende Auswirkung auf das Geldbörserl, argumentiert Sarah Sattelberger.

Konkret geht es um die KV-Verhandlungen der SWÖ (Sozialwirtschaft Österreich) für rund 55.000 Beschäftigte und der Ordensspitäler für ca 8.000 Beschäftigte, die beinahe gleichzeitig recht unterschiedliche Abschlüsse erreichen konnten.

SWÖ

Arbeitszeitverkürzung auf eine 35 Stundenwoche bei vollem Lohn- und Personalausgleich, das war die Hauptforderung mit der GPA-djp und Vida in die Verhandlungen um den Kollektivvertrag für den privaten Gesundheits- und Sozialbereich (SWÖ, ehemals BAGS) gegangen sind. Zur Durchsetzung sollte es Aktionen in allen Bundesländern geben, die allerdings entgegen des Beschlusses der Gewerkschaftsgremien nur in Wien und Niederösterreich stattfanden. Und auch hier wurde nur sehr halbherzig mobilisiert. An der Demonstration in Wien, zwei Tage vor der letzten Verhandlungsrunde, beteiligten sich dennoch immerhin um die 1.000 Beschäftigte, was angesichts der sehr kurzen Mobilisierung über ein Wochenende ein klares Zeichen dafür ist, dass es durchaus die Bereitschaft unter den Beschäftigten gibt für ihre Forderungen auch aktiv zu werden. Als mobilisierungsentscheidend erwies sich dabei die Konfliktbereitschaft und Ernsthaftigkeit der einzelnen Betriebsräte in den unterschiedlichen Betrieben.

Die an den Tag gelegte Unentschlossenheit bedeuteten am Ende nur eine Erhöhung der Löhne und Gehälter um 1,3% und einige Verbesserungen im Rahmenrecht (Erschwernis-Zulage, Papa-Monat, Karenzzeiten). Damit lag der Abschluss um genau 0,15 % über dem Erstangebot der ArbeitgeberInnen, und bedeuten einen Reallohnverlust, wenn man beachtet, dass die Inflationsrate der letzten Monate zwischen 1,3% und 1,4% lag, und die Inflationsrate selbst die Ausgabenstruktur einer Arbeiterfamilie nicht korrekt abbildet.

Das gesamte Thema Arbeitszeit wurde auf die lange Bank geschoben. Ab April soll in einer eigens dafür eingerichteten Verhandlungsgruppe über die diesbezüglichen Forderungen beider Seiten diskutiert und das Thema in einer gemeinsamen Untersuchung im Herbst vertieft werden.

Ordensspitäler

Ganz anders das Ergebnis bei den Ordensspitälern. Hier wurde nach 7 Verhandlungsrunden erreicht, dass die kollektivvertraglichen Löhne und Gehälter zwischen 2017 und 2020 um mindestens 9% steigen, wobei die Haupterhöhung noch heuer stattfinden wird. Zusätzlich gibt es auch hier Verbesserungen im Rahmenrecht (Papa-Monat, 6. Urlaubswoche).

Aber auch hier gestalteten sich die Verhandlungen alles andere als einfach. Nachdem es nach der 5. Verhandlungsrunde keine Einigung gegeben hatte und das damalige Angebot der Arbeitgeber Verschlechterungen bedeutet hätte, sagte die Gewerkschaft Vida die geplante Runde am 15. Dezember ab und hielt stattdessen eine Betriebsrätekonferenz ab. Dabei wurden Kampfmaßnahmen bis hin zum Streik festgelegt, nachdem sich zuvor die Mehrheit der MitarbeiterInnen in einer Befragung für Kampfmaßnahmen ausgesprochen hatten. Unter dem Druck eines drohenden Streiks konnte dann in den nächsten Verhandlungsrunden ein deutlich besseres Ergebnis erzielt werden.

Es zeigt sich also sehr deutlich, dass es bei wirklicher Mobilisierung und der Bereitschaft gemeinsam mit den Beschäftigten den Druck auf die Arbeitgeber zu erhöhen durchaus möglich ist Verbesserungen durchzusetzen. Was nicht reicht ist in einer „Stellvertretungslogik“ lediglich Forderungen aufzustellen, diese weder zu erklären, noch für sie zu mobilisieren und sich dann darauf auszureden, dass bei den Verhandlungen einfach nicht mehr drinnen gewesen sei. Ein gewerkschaftlicher Kompromiss, oder gar Erfolg, kann nur als solcher bezeichnet werden, wenn man vorher das gesamte Gewicht der Solidarität der Beschäftigten zu tragen gebracht hat: eine eskalierende Strategie der Aktivierung beginnend mit Informations- und Mobilisierungsveranstaltungen, Urabstimmungen zum Ausgang der Verhandlungen geben den Belegschaften die Sicherheit gehört zu werden und nicht gewohnheitsmäßig als Schachbrettfiguren aufgestellt und wieder abgeräumt zu werden.

Eine solche Gewerkschaftspolitk wird nur durch den Zusammenschluss der aktivsten und kämpferischsten Belegschaftsteile und ihre überbetriebliche Vernetzung durchzusetzen sein. Die Mühe ist es wert, wenn man es ernst damit meint, dass die Angestellten und ArbeiterInnen im Gesundheits- und Sozialbereich endlich entsprechend der gesellschaftlichen Relevanz ihrer Tätigkeit bezahlt werden und die Arbeitsbedingungen so gestaltet sind, dass der Versorgungsauftrag im Sinne der KlientInnen und PatientInnen erfüllt werden kann.


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