Die Initiative „Deutschlehrende in der Erwachsenenbildung“ (kurz DiE) wurde vor nunmehr über zweieinhalb Jahren von AktivistInnen gegründet, die sich gegen die schlechten Bedingungen in der Branche zur Wehr setzen. Wir müssen auf unsere eigene Kraft setzen und gewerkschaftlichen Druck von unten aufbauen, argumentiert DiE-Aktivist Markus Haunschmid.

Deutschlehrende in der Erwachsenenbildung (kurz DiE) arbeiten in einer Branche mit vielen Gesichtern: lachende, weil es Spaß macht, mit Neo-ÖsterreicherInnen zu arbeiten und ihnen Sprache und Kultur näher zu bringen; traurige, weil (Selbst-)Ausbeutung und Repressionen, wie z.B. Kündigungen beim Versuch, einen Betriebsrat zu gründen, sich quer durch die Branche ziehen. Eine Kollegin beschreibt dies so:

„Das sind die Folgen der 60-Stunden-Woche und 33 Stunden Bezahlung. Der Job selber ist ziemlich anstrengend, es gibt zu viel Administration (Lebensläufe, Korrekturen der Zwischentests, Korrekturen der Schreibarbeiten, Berichte), alles bedeutet einen großen Aufwand neben des Unterrichts ohne Bezahlung.
Ein Vollzeitjob ist unter solchen Umständen nicht möglich und unmenschlich. 38,5 Wochenstunden heißt, dreimal in der Woche von 8 Uhr bis 17 Uhr zu unterrichten, was für mich nicht realisierbar ist.
Ich habe keine Pausen und arbeite eigentlich 6 Stunden durch und bleibe täglich oft bis zu zwei Stunden länger in der Arbeit und da ist noch kein Ende. Oft nehme ich die Arbeit nach Hause mit. Der Weg ist lang und anstrengend, raubt mir die restlichen Kräfte und ich fühle mich ausgebeutet.“

Der Grund für die prekären Bedingungen liegt im zunehmenden Spardruck im Sozialbereich, der im wachsenden privatisierten Bildungssektor noch verstärkt weitergegeben wird. Öffentliche Gelder werden in befristeten Projektausschreibungen an profitorientierte Institute vergeben, die auf Kosten der Lehrenden und der TeilnehmerInnen hohe Gewinne einfahren. Darunter leidet wiederum der Unterricht. Die Forderung nach einem Ende der profitorientierten Bildung, und stattdessen einem ausfinanzierten, öffentlichen Bildungssystem unter Kontrolle der Beschäftigten und Lernenden ist daher aktueller denn je.

Der Kampf der Beschäftigten um bessere Bedingungen wird zusätzlich dadurch erschwert, dass unterschiedliche Anstellungsverhältnisse uns in Angestellte, (Schein-)Selbstständige und freie DienstnehmerInnen spalten. Der Großteil der Deutschlehrenden hat jedoch einen Arbeitsvertrag im Rahmen des BABE-Kollektivvertrags. Der BABE-KV für private Bildungseinrichtungen wurde angesichts des wachsenden privaten Bildungssektors 2005 geschaffen und umfasst heute ca. 12.500 Beschäftigte. 2018 starteten die AktivistInnen von DiE eine Petition, dass Forderungen mit unseren Anliegen in die KV-Verhandlungen aufgenommen werden sollen, die folgendermaßen lauteten:

★Einstufung in den Verwendungsbereich 5 des BABE-Kollektivvertrags für alle Basisbildungs- und Deutschlehrenden
★Vor- und Nachbereitungszeit von 2:1 (2h Kurs/1h Vor- bzw. Nachbereitung)
★Keine fachfremden und administrativen Tätigkeiten während der Unterrichts-, Vor- und Nachbereitungszeit
★4% Lohnerhöhung
★35-Stundenwoche bei vollem Lohnausgleich

Wir sammelten über 700 Unterschriften und übergaben die Forderungen bei einer Betriebsrätekonferenz. Doch trotz der großen Unterstützung, die sie bei den Beschäftigten fanden, wurden die Forderungen spätabends – nachdem eine Mehrheit der Betriebsräte (BR) bereits gegangen war – abgelehnt. Dieses Jahr sollen nun Forderungen einzelner BR nicht mehr zugelassen werden, sondern nur noch über thematisch aufgesplittete BR-Arbeitsgruppen eingereicht werden dürfen.

In einem offenen Brief haben DiE kürzlich die prekären Arbeitsbedingungen kritisiert. Ein Artikel im „Standard“ und Politikergespräche folgten, allerdings ohne konkretes Ergebnis. Über das von Basismitgliedern gewählte Gewerkschaftsgremium „Interessensgemeinschaft Education“ haben die AktivistInnen den offenen Brief außerdem mit einem Arbeitsauftrag an die GPA-djp gespielt, dass Betriebsräte diesen an die Belegschaften aussenden, ihn aushängen und in Betriebsversammlungen über die konkreten Probleme diskutiert werden soll. Allerdings steckt der Brief in den Mühlen der Bürokratie fest: Nicht zuletzt die „Zwitterrolle“ der Gewerkschaft, einmal als Vertretung der Belegschaften, einmal als Arbeitgeber aufzutreten, spielt in das Verhalten der Gewerkschaft und die Verhandlungsabschlüsse hinein. So sind beispielsweise die Trägerorganisationen des BFI, einem der größten Arbeitgeber in der Branche, der ÖGB und die Arbeiterkammer.

Im Endeffekt müssen wir auf unsere eigene Kraft setzen. Wir müssen uns auf die Beine stellen, wir leisten wichtige, essenzielle Bildungs- und Integrationsarbeit für die Gesellschaft, für die Neo-ÖsterreicherInnen, für ein friedliches und vorurteilsfreies Miteinander: Üben wir Druck auf unsere Betriebsräte aus, damit sie bei den Kollektivvertragsverhandlungen unsere Forderungen durchbringen. Reden wir mit unseren KollegInnen, überzeugen wir sie davon, dass wir keine Lehrenden zweiter Klasse sein wollen. Wir wollen darüber mitentscheiden, wie wir in Zukunft durch kämpferische Maßnahmen, wie öffentliche Betriebsversammlungen und Streiks, bessere KV-Abschlüsse und Arbeitsbedingungen erreichen können:

★30 Stunden Unterricht, 8 Stunden Vor- und Nachbereitung ohne Arbeitszeitverdichtung, ausschließlich für den Deutschunterricht, was im Kollektivvertrag ausgeführt und festgeschrieben werden muss
★in den Verwendungsbereich 5: unser Unterricht erfordert Kreativität und eine selbstständige Planung über die zur Verfügung gestellten Unterrichtsbücher hinaus, wir wollen entsprechend unserer realen Tätigkeit bezahlt werden
★Betriebsversammlungen stimmen über das KV-Ergebnis ab: die Beschäftigten selbst wissen am besten, welches Verhandlungsergebnis sie annehmen können, vor einer Unterzeichnung des ausverhandelten Kollektivvertragsergebnisses sollen Betriebsräte in den Instituten sich von ihren KollegInnen die Zustimmung holen, dass sie dieses Verhandlungsergebnis annehmen.

Setzen wir uns zusammen für bessere Arbeitsbedingungen ein: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

(Funke Nr. 178/8.11.2019)


  

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