Eine Gruppe Heimhelferinnen berichtet über die Ungerechtigkeiten ihres Arbeitsalltages und möchte sich dagegen organisieren.
Als HeimhelferInnen einer großen Organisation im mobilen Gesundheits- und Pflegebereich unterstützen wir vorwiegend alte und kranke Menschen dabei, ihren Alltag in ihren eigenen vier Wänden zu bewältigen. Wir unterstützen sie bei der Körperpflege inkl. Inkontinenzversorgung. Wir bereiten bis zu dreimal täglich Mahlzeiten vor und kontrollieren die Medikamenteneinnahme. Einkäufe, Arztwege sowie unterschiedliche Besorgungen gehören zu unseren täglichen Aufgaben. Dabei spielt die verbale Kommunikation mit unseren Klienten eine maßgebliche Rolle. Ein entlastendes und motivierendes Gespräch und aktives Zuhören dürfen nie fehlen.
Die MitarbeiterInnen in unserem Team sind vorwiegend Frauen. Unsere Arbeitszeit beträgt lt. Dienstvertrag zwischen 25 und 35 Wochenstunden im Zeitrahmen zwischen 6.00 und 22.00 Uhr – Wochenenden, gesetzliche Feiertage, Ostern, Weihnachten inklusive. Der Durchrechnungszeitraum für Mehr- und Überstunden beträgt 3 Monate, wodurch das Arbeitspensum der einzelnen Wochen starken Schwankungen unterliegen kann. Unsere Normalarbeitszeit kann bis auf 45 Stunden pro Woche ausgedehnt werden. Die Bereitschaft zur Leistung von Mehrstunden wird vorausgesetzt und vom Arbeitgeber im Bedarfsfall auch ausgeschöpft.
Die Zulage für Mehr- und Überstunden sowie für Dienste an Wochenenden und Feiertagen stellt für manche einen unverzichtbaren Teil ihres Lohns dar. Es gibt aber auch Kolleginnen, die lieber nur die vereinbarten Wochenstunden arbeiten würden – ein Mitentscheidungsrecht haben wir ArbeitnehmerInnen dabei nicht. Wir bekommen unsere Einsätze via Diensthandy zugeteilt. Knapp bemessene Einsatzzeiten werden genau dokumentiert. Der Zeitdruck ist hoch und es besteht wenig bis gar kein Spielraum für eine eigene Einschätzung des Zeitbedarfs vor Ort.
Uns wird ein hohes Maß an Flexibilität abverlangt, die pauschal und sehr gering abgegolten wird. Die geplanten Einsätze können sich bis zum Vortag, nicht selten auch am gleichen Tag noch ändern. Die Regelung dieser flexiblen Einsatzstunden und ihre Bezahlung werden nicht an die MitarbeiterInnen kommuniziert und waren bis dato äußerst schwierig herauszufinden. Hoffnung gibt ein Wechsel im Betriebsratsteam. Es gilt zu eruieren, auf welcher Seite dieser tatsächlich steht und ob er bereit ist, sich für uns MitarbeiterInnen zu engagieren. Die ersten Gespräche bisher sind positiv verlaufen.
Eine Regelung, dass bei kurzfristigen Dienstplanänderungen mit der jeweiligen MitarbeiterIn Rücksprache gehalten werden muss, ist ohne Diskussion gefallen. Neue zusätzliche Einsätze werden direkt auf das Diensthandy geschickt und müssen bestätigt werden, da sonst das Handy blockiert ist. Diese Bestätigung wird als unsere Zustimmung zu den Änderungen angesehen. Das Unternehmen sieht dadurch das Interesse der MitarbeiterInnen gewahrt.
Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, die Teamleitung zu kontaktieren und Rücksprache über die Änderungen zu halten.
Kurzfristige Dienstplanänderungen stehen jedoch aufgrund chronischer Unterbesetzung an der Tagesordnung. Schlechte Arbeitsbedingungen und geringe Bezahlung führen unweigerlich zu einer hohen Fluktuation. Dies verlangt auch den Teamleitungen höchstes Geschick in der Planung der Einsätze ab. Vermehrt kommt es zu groben Zeitverschiebungen der geplanten und vor allem für unsere KlientInnen gewohnten Zeiten. Auch während der Pandemie versuchen wir, unsere KlientInnen bestmöglich und ohne merkliche Einbußen zu betreuen. Zusätzliche Hygienemaßnahmen werden streng eingehalten. Hier ist anzumerken, dass es 9 Monate seit Ausbruch der Pandemie gedauert hat, bis wir FFP2-Masken und die Möglichkeit, uns regelmäßig testen zu lassen, erhalten haben.
Inzwischen haben sich die Regelungen über das Verhalten bezüglich des Coronavirus so oft verändert, dass einem die Sinnhaftigkeit fragwürdig vorkommt. Es wäre hilfreich, wenn überbetrieblich eine Richtlinie für Hygienemaßnahmen ausgearbeitet und gleichzeitig ein Ausgleich für die zusätzlichen Belastungen gefordert würden, wie Maskenpausen oder der ausständige Corona-Tausender. Wir haben zwar eine Corona-Prämie bekommen, aber keinen Tausender, sondern einen kleineren Betrag als „Geschenk“, damit wir nicht aufgeben. Es wird uns auch wieder ein kleinerer Betrag in Aussicht gestellt. So werden wir bei der Stange gehalten.
Eine Prämie für alle, durch die Gewerkschaft erobert, würde unsere Position stärken anstatt auf Almosen zu hoffen.
Unsere monatlichen Teambesprechungen finden seit dem ersten Lockdown nur noch telefonisch statt. Die Kommunikation ist großteils einseitig und darauf ausgerichtet, uns über neue Maßnahmen und Dienstanweisungen zu informieren. Einwände von MitarbeiterInnen werden grundsätzlich nicht berücksichtigt. Es ist schwierig, die allgemeine Stimmung unter den KollegInnen wahrzunehmen, da der direkte und persönliche Austausch fehlt. Neue KollegInnen sind im Team, von denen wir ausschließlich die Namen kennen.
Die Ungerechtigkeiten und der Druck werden durch Corona verschärft. Ja, man kann und soll auch in diesem Bereich – im mobilen wie im stationären – kämpfen und streiken. Das haben KollegInnen in der SWÖ (Sozialwirtschaft Österreich) und den Wiener Spitälern gezeigt.
Wir möchten versuchen, mit den wenigen Möglichkeiten, die wir derzeit sehen, bei jeder Gelegenheit zusammen mit KollegInnen und idealerweise dem Betriebsrat die Arbeitsbedingungen anzusprechen, anstatt still und isoliert zu bleiben. Dabei werden wir versuchen, Unmut und Wut der KollegInnen eine gemeinsame Perspektive zu geben, den Betriebsrat abzutesten, ihn auffordern kämpferisch zu sein und an unserer Seite Stellung zu beziehen. Dies ohne zu vergessen, dass ein Kampf auch überbetrieblich angepeilt und organisiert werden muss.
Für Gesundheit vor Profit!
(Funke Nr. 190/20.1.2021)