Die diesjährigen KV-Verhandlungen in der Chemischen Industrie stehen ganz im Zeichen der Krise. Trotzdem erwirtschaftet die Branche seit Jahren Rekordgewinne wie keine andere. Max Gailberger berichtet.
Die Industriellen, die wie Dagobert Duck im Reichtum schwimmen, verschenken keinen Cent, und mit dieser Einstellung gehen sie auch in die Verhandlungen. Die Arbeitgeberseite schiebt unzählige Begründungen vor, warum eine Lohnerhöhung unvorteilhaft sei.
Doch die Ertragslage in der Industrie ist trotz aller Krisen hervorragend. Der Produktionswert pro ChemiearbeiterIn beträgt im Branchendurchschnitt 400.000 €, die Eigenkapitalquote über 50%, die EBIT-Rate (also der Profit) über 8% des eingesetzten Kapitals. Während der Coronajahre wurde durchgehend produziert, die Auftragsbücher quellen förmlich über und der Arbeitsdruck ist dementsprechend hoch.
Auf dieser Basis fordern PRO-GE und GPA für die 46.000 Beschäftigten 6% Lohnerhöhung, eine Einmalzahlung von 200€, sowie leichte rahmenrechtliche Verbesserungen. Nach Abbruch der Verhandlungen wurden Betriebsrätekonferenzen in Linz und Wien einberufen. Die Gewerkschaft zeigt sich rhetorisch kämpferisch, ohne jedoch weitere Maßnahmen einzuleiten.
Den Industriellen ist die Forderung zu hoch, sie bieten nur 3,9%. Ein dreister Witz in Anbetracht der steigenden Lebenshaltungskosten und der wirtschaftlichen Höchstleistung, die in der gesamten chemischen Industrie geleistet wird.
Die Arbeitgeberseite begründet ihr freches Angebot mit den gefährdeten Produktionsketten und der Sicherung des Wirtschaftsstandorts. Vertreter der Wirtschaftskammer fordern sogar eine staatliche Förderung von energieintensiven Betrieben.
Soweit kommts noch! Mega-Gewinne einfahren, keine Löhne zahlen wollen und sich für diese Glanzleistung vom Staat (also von den SteuerzahlerInnen) bezahlen lassen. Nein, nicht mit uns!
Die letzten zwei Jahre wurde aufgrund der Pandemie ständig Rücksicht auf die Wirtschaft genommen. Doch die diesjährige Verhandlung darf nicht von neuen Krisenargumenten beherrscht werden.
Denn die Leidtragenden der Krisen sind die Beschäftigten, während die Reichen und Konzerne auf Kosten all jener, die täglich arbeiten gehen, noch reicher werden.
Die Gewerkschaft fordert 6%; davon darf sie keinen Millimeter abweichen! 6% sind das Mindeste, das uns zusteht, nach zwei Jahren Verzicht!
Wenn wir Arbeiter und Arbeiterinnen zusammenhalten und gleichzeitig das eigennützige Interesse hinter den Argumenten der Betriebsleiter erkennen, können wir noch viel mehr erreichen. Die Gewerkschaftsführungen haben die Aufgabe, klarer über alle stockenden KV-Verhandlungen und Arbeitskonflikte zu informieren und eine gemeinsame Strategie für die Arbeitskonflikte in allen Brachen zu entwickeln.
(Funke Nr. 203/22.4.2022)