Am Mittwoch fand in der Wiener Marx Halle die „Preise runter“-Konferenz des ÖGB statt. Ein Bericht von Florian Keller.

Die Veranstaltung zeigte, welche potentielle Kraft die Arbeiterbewegung hat: 3211 BetriebsrätInnen und Gewerkschaftsfunktionäre hatten sich für die erste größere Mobilisierung seit Beginn der Corona-Pandemie angemeldet, um den Reden u.a. von Vorsitzenden der Fachgewerkschaften, Arbeiterkammerpräsidentin Anderl und ÖGB-Präsident Katzian zu lauschen.

Die Preise steigen

Der Anlass für diese Veranstaltung ist die Inflation, die seit Monaten ansteigt und zu Preissteigerungen insbesondere bei Gütern des täglichen Bedarfs führt. So wurde von der Bühne herunter vorgerechnet, dass alleine die Lebensmitteleinkäufe für eine vierköpfige Familie im letzten Jahr um 600€ teurer geworden sind, dass sowohl Mieten als auch Kosten für den Hausbau explodiert sind, dass man für 50€ statt 43,1l nur mehr 24,6l Diesel an der Tankstelle bekommt und dass insbesondere Energiepreise für Strom, Heizen etc. ins unermessliche gestiegen sind. Der FSG-Vorsitzende und ÖGB-Sekretär Willy Mernyi fasste es so: „8,4% [Inflation, Anm.] sind Schicksale“.

Gleichzeitig wurde auch aufgezeigt, wie schamlos sich das Kapital in dieser Situation bereichert: Der Verbund, der mithilfe von sogenannten „Zufallsprofiten“ dieses Jahr Gewinne von 2 Mrd. € erwartet. Teilweise ging Raunen durch das Publikum, als der (schwarze) GÖD-Vorsitzende Norbert Schnedl das Steigen der Strompreise darauf zurückführte, dass der „Energiemarkt kein freier Markt ist“. Die Forderung von Renate Anderl für eine Sondersteuer auf die Gewinne der Energieunternehmen fand da schon eher den Zuspruch der Anwesenden.

Doch während das Problem der Preissteigerungen und die Profitmacherei des Kapitals erkannt wurde, blieben die Gewerkschaftsspitzen bei der Frage, was denn die Antwort der Arbeiterbewegung selbst in diesem völlig eskalierenden Klassenkampf von oben sein sollte, auf ihrem ausgetretenen Pfad stehen.

Wir brauchen Klassenkampf statt Sozialpartnerschaft

Das spiegelte sich in den der Konferenz präsentierten Forderungen wider. Einige Ansatzpunkte würden tatsächlich helfen, die soziale Lage der arbeitenden Menschen zu stabilisieren (Beispielsweise die Rücknahme der Richtwertmietenerhöhungen oder die Erhöhung von Sozialleistungen und Arbeitslosengeld).

Andererseits wurden auch Forderungen genannt, die man nur als Versuch der effizienteren Verwaltung des österreichischen Kapitalismus ansehen kann, wie etwa die Forderung nach einem Käuferkartell der G7-Staaten auf dem Energiemarkt, oder die Abschaffung des sogenannten Merit-Order-Prinzips bei der Strompreisbildung.

Doch wer soll das umsetzen?

Alle RednerInnen betonten, dass „jetzt die Bundesregierung am Zug ist“, „tut's endlich was“, GPA-Vorsitzende Teiber hielt fest, dass „wir Konzepte liefern, aber die Regierung handelt nicht“, AK-Präsidentin Anderl will „Druck machen, bis die Regierung in die Gänge kommt“, dieses oder jenes wurde der „Bundesregierung ausgerichtet“ etc.

Kurzgesagt: der Kern der Reden war ein Appell an die Bundesregierung, eine andere Politik zu machen. Eine Diskussion eines Kampfplanes der Arbeiterbewegung selbst für die kommenden Monate bis in den Herbst fand nicht statt, weil ein solcher auch nicht präsentiert wurde.

Das ist ganz im Sinne der sozialpartnerschaftlichen Orientierung der Gewerkschaftsspitze, zerschellt aber völlig an der Realität des sich immer weiter zuspitzenden Klassenkampfes von oben in Zeiten der tiefen Krise des Kapitalismus. Im besten Falle werden wir Verbesserungen nur gegen, auf keinen Fall aber „zusammen mit“ der Regierung erkämpfen können, die nur die Interessen des Kapitals vertritt.

So ist es nicht weiter verwunderlich, dass die praktischen nächsten Schritte, die auf der Konferenz vorgestellt wurden, eigentlich nur Mittel sind, um Verhandlungen mit der Regierung mit mehr Argumenten führen zu können: Eine Online-Umfrage darüber, welche Maßnahmen gegen die Inflation und ob man sie schon spürt, Flyer, die die Preissteigerungen erklären, eine Bodenzeitung für die Betriebe.

Das geht völlig an der realen Situation vorbei. Die Umfrage wird nur das herausfinden, was eh schon alle am eigenen Leib spüren: Dass es so nicht mehr weitergehen kann. Was die Arbeiterklasse von der Gewerkschaftsführung jetzt eigentlich braucht, ist ein allgemeiner Kampfplan, um den Reallohnverfall zu stoppen.

Klassenkampf am Horizont

Die Veranstaltung hat aber auch einen Hinweis darauf geliefert, dass das stattfindende soziale Kettensägenmassaker die Gewerkschaftsführung unter immer mehr Druck von unten bringt. Das zeigte sich in einzelnen Zwischenrufen, gerichtet an die Unternehmer („die können scheißen gehen“), aber auch im Gespräch mit einzelnen Anwesenden, die nicht selten den „Funke“ mit dem Hinweis kauften, dass wir „dem ÖGB mal Feuer unterm Arsch machen sollten“ oder die Abgehobenheit der Gewerkschaftsspitze herausstrichen.

Die Gewerkschaftsführung wird gezwungen sein, dem steigenden Unmut in welcher Form auch immer einen Ausdruck zu verleihen – sonst wird die Wut ohne ihr Zutun ausbrechen. Doch die reformistische und sozialpartnerschaftliche Orientierung bremst die notwendige Eskalation an allen Ecken und Enden, während das Leben der ArbeiterInnen systematisch zerstört wird.

Dieser Druck zeigte sich auch in der Rede von Wolfgang Katzian. Er verwendete den Großteil seiner Zeit darauf festzuhalten, dass die Gewerkschaften „pakttreu“ und „verantwortungsvoll“ sind, dass die verhandelte Neuauflage der Kurzarbeit mit einer Nettoersatzrate von 90% eine Erfolgsgeschichte des Drucks auf die Regierung und von Verhandlungen ist usw.

Aber anders als in den letzten beiden Jahren des völligen Burgfriedens hielt er auch fest, dass es „irgendwann mit Tabellen und Grafiken reicht“, dass die Veranstaltung „wenn nötig der Beginn einer Eskalation“ ist und dass man die Kollegen erinnern sollte, dass „nur Gewerkschaftsmitglieder Streikunterstützung kriegen“. Katzian hielt auch fest, dass zentraler Hebel zur Bekämpfung der Teuerungen Lohnerhöhungen seien.

In diesem Sinne tätigte Katzian auch die einzige Aussage, die zu stehenden Ovationen führte: „Wer glaubt, dass wir im Herbst Lohnabschlüsse unter Inflation machen, der lebt am Mond“.

Wir werden den Genossen Katzian an diesen Worten messen, und zwar an der realen sozialen Bedeutung, und ohne das übliche Kleinrechnen der Kapitalisten! Das Ziel kann nur lauten:

Im Herbst muss der Kampf organisiert werden für eine vollständige Anpassung der Netto(!)löhne an die reale (!) Inflation.

Für eine sozialistische Alternative

Was die Arbeiterklasse von den Gewerkschaften und dem ÖGB jetzt bräuchte, ist ein allgemeiner Kampfplan, nicht „Mitmachspiele“. Diese Versammlung wäre der beste mögliche Startpunkt gewesen, um einen Plan für die ernsthafte und offene Vorbereitung von Betriebsversammlungen, Streiks und Massendemonstrationen in allen Bereichen und Betrieben zu diskutieren und zu planen.

Diese Aufgabe bleibt unerledigt und muss spätestens im September nachgeholt werden. Nur ernsthafte Anstrengungen die gesamte Arbeiterklasse zu mobilisieren kann den sozialen Verfall stoppen.

Der Funke kämpft für diese Perspektive mit einem sozialistischen Programm – mach bei uns mit!

  • Für eine demokratische Konferenz aller Betriebsräte und AktivistInnen im Herbst. Für Rederecht und Abstimmungen über den Kampfplan für die Herbstlohnrunde.
  • Kein Abschluss unter der realen Inflationsrate bei KV-Verhandlungen!
  • Die Durchsetzung einer allgemeinen, automatischen Lohnanpassung an die Inflation durch einen General-Kollektivvertrag für alle Beschäftigten.
  • Für Preiskontrollen und die Kontrolle über die Produktion und Verteilung von Gas, Öl und Strom durch die Arbeiterklasse mithilfe der Gewerkschaften und Betriebsräte!
  • Die Inflationsprofiteure haben genug verdient: Für die entschädigungslose Enteignung der Banken und großen Energiekonzerne!
  • Für die volle Mobilisierung der Arbeiterklasse im Kampf gegen die Teuerung! Jetzt muss systematisch ein gemeinsamer Kampf aller Sparten und Betriebe im Herbst vorbereitet werden! Für die Vorbereitung eines Generalstreiks durch den ÖGB!

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