Am 24.1., dem Tag der Elementarpädagogik, wird in den städtischen Kindergärten heuer keine Kinderbetreuung geleistet. Die Familien fragen sich warum? Die Antwort ist, dass sich alle Fachkräfte gleichzeitig in allen Kindergärten mit dem Thema „Kinderschutz“ auseinandersetzen. Eine Kindergartenpädagogin berichtet.

In Wirklichkeit dürfte die Gewerkschaft den „Tag der Elementarpädagogik“ zu einer versteckten Protestaktion nutzen. Auf der Website der Gewerkschaft wird recht unverhohlen geschrieben, dass die Tatsache, dass die Kindergärten geschlossen bleiben, als Zeichen an die Bundesregierung verstanden werden muss. Man kann sogar solche Aussage des Vorsitzenden Manfred Obermüller lesen:

„Die Kolleg*innen in den Kleinkindergruppen, Kindergärten und Horten müssen das Versagen der Bundesregierung jeden Tag kompensieren. Oft wird dabei die Belastungsgrenze überschritten“.

Ja, richtig! Aber warum lassen wir nur die Standorte zu und diskutieren über „Kinderschutz“? Warum belassen wir es bei einem Gespenster-Streik, den keiner als solches wahrnimmt? Warum sagen wir nicht offen, was Sache ist und dass wir für bessere Arbeitsbedingungen und somit auch für die Kinderrechte de facto kämpfen? So ist das Ganze ein Witz.

Die Gewerkschaft hat eine Gehaltserhöhung von 7,15% verhandelt, aber die Nerven, die Muskeln und die Synapsen des Gehirns, die man jeden Tag in der Arbeit verbraucht, sind nicht kaufbar. Eine Pädagogin oder ein Pädagoge betreut je 25 Kinder, von 6 bis 18 Uhr, 12 Monate im Jahr, wenn alles gut geht, das sind untragbare Zustände. Bei Krankenständen ist der Personalschlüssel noch knapper. Laut der Bertelsmann Stiftung würde der optimale Betreuungsschlüssel für Kindergärten bei einem Verhältnis von 7,5 Kinder zu einer Fachkraft liegen: dreimal weniger! In der Zukunft drohen noch schlechtere Bedingungen. Einer Studie der Universität Klagenfurt zufolge könnten bis zum Jahr 2030 13.700 Fachkräfte fehlen. Wenn man das Verhältnis Fachkraft-Kind verbessert würde, würde der Personalmangel bis zu 20.000 betragen. In Wien waren im September 2022 in den 350 Standorten 360 Dienstplätze unbesetzt.

Nach den Protesten und Streiks in den Kindergärten vor einem Jahr konnten wir solche Aussagen lesen: „Denn die Zumutbarkeitsgrenze ist überschritten und der Kampfgeist in allen Bundesländern geweckt! Wie viele Tage würde unser System funktionieren, wenn alle Kindergartenpädagoginnen und Pädagogen Österreichs gleichzeitig die Arbeit verweigerten?“ Es ist Zeit, das System richtig zum Stillstand zu bringen. Keine Zeit für Witze und Gespenster.

(Funke Nr. 210/19.1.2023)


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