Auch für die Belegschaft des Kunsthistorischen Museums (KHM) in Wien standen die KV-Verhandlungen ganz im Zeichen der Teuerungswelle und Energiekrise, die für die ArbeiterInnen einen weiteren Reallohnverlust, wie schon in den Corona-Krisenjahren, zur Folge hatte.

Hierbei muss angemerkt werden, dass der KHM-Museumsverband als einziges Bundesmuseum (weitere sind u. a. Albertina, Belvedere, Technisches Museum, …) über einen Kollektivvertrag verfügt. Bei der Ausgliederung der Bundesmuseen, die 1998 ihren Anfang nahm, wurden diese Museen in vollrechtsfähige Anstalten umgewandelt, die heute privatwirtschaftlichen Unternehmen gleichen. Jedoch wurde bis dato kein gemeinsamer Kollektivvertrag für alle Bundesmuseen abgeschlossen, obwohl dieser schon seit 20 Jahren angekündigt wird.

Somit hatten angesichts der steigenden Inflation nur die Arbeitnehmer des KHM, vertreten durch die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) die Möglichkeit, mittels Kollektivvertrags einen höheren Lohn zu fordern. Da nun aber die Geschäftsführung bei den ersten Verhandlungen im Herbst anklingen ließ, dass das Budget nicht einmal ausreiche, um die rollierende Inflation von 6,9% abzugleichen, welche die GÖD als Verhandlungsgrundlage heranzog, kam es bei der Betriebsversammlung Mitte Dezember zu einem regelrechten Auflauf der Belegschaft. Angemerkt sei hier noch, dass die Jahresinflation weitaus höher ist! Im Folgenden schilderte das Verhandlungsteam der GÖD die Situation, jedoch wurde weder von der Betriebsratsvorsitzenden noch von den Gewerkschaftern erwähnt, was passieren soll, wenn die Geschäftsführung dem Angebot nicht entgegenkommt. Erst auf Rückfrage aus der Belegschaft wurde vage angedeutet, dass womöglich andere Maßnahmen, die in Richtung Arbeitskampf gehen könnten, ergriffen werden sollten.

Als erster Schritt wurde von der Betriebsratsvorsitzenden eine außerordentliche Betriebsversammlung vorgeschlagen, falls die kommende Verhandlungsrunde zu keinem Ergebnis führt. Sofort wurde diese Idee von den versammelten ArbeiterInnen aufgegriffen und mit Vorschlägen erweitert. Folglich sollte diese außerordentliche Betriebsversammlung in der Eingangshalle des KHM um 10 Uhr, also während der regulären Öffnungszeit zur Hochphase des Wintertourismus in Wien, stattfinden. Weiters wurde einstimmig beschlossen, zumindest eine Abgeltung der Inflation, wobei hier immer noch vom realitätsfernen Wert von 6,9% die Rede ist, durchzusetzen.

Letzten Endes lenkte die Geschäftsführung, womöglich in Hinblick eines drohenden Arbeitskampfes ein. Wider Erwarten wurde von der Gewerkschaft aber keine sofortige Anhebung der Löhne um 6,9% präsentiert, sondern eine stufenweise Anhebung mit +3% ab Jänner 2023, einer zweiten Anhebung von 4% ab November 2023 und einer Teuerungsprämie, um den Zeitraum bis zur tatsächlichen Anhebung von 7% auszugleichen.

Für die Nettolöhne der Beschäftigten ergibt sich rechnerisch kein Unterschied im Vergleich zu einer sofortigen Anhebung von 7%. Es zeichnet sich aber zum einen ab, welcher fadenscheiniger Argumente sich die Geschäftsführung bedient, wenn die Rede von einem zu knappen Budget ist. Zum anderen hätte die Gewerkschaft durchaus mehr fordern können und sollen, denn die Bereitschaft der Belegschaft sich eine gerechte Entlohnung zu erkämpfen war keineswegs zu übersehen.

Von Tobias Wiesinger

(Funke Nr. 210/19.1.2023)


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