Die Frühjahrslohnrunde hat begonnen und in einigen zentralen Branchen der österreichischen Industrie wird der KV für das kommende Jahr verhandelt. Es gilt zu verhindern, dass die Krisenkosten weiterhin von der Arbeiterklasse getragen werden. Von Lisa Auer.
Unter den zu verhandelnden Industriezweigen finden sich die Elektronikindustrie, die chemische und die Papierindustrie. Die Lohnrunde umfasst also große Teile der österreichischen Arbeiterklasse. Die Gewerkschaften fordern in der Elektro-/Elektronikindustrie 12,9% Lohnerhöhung bei einer rollierenden Inflationsrate von 9,5%. Zusätzlich werden bessere Rahmenbedingungen wie Arbeitszeitverkürzung auf 36 Stunden im Schichtbetrieb und zusätzliche Urlaubstage für langdienende KollegInnen gefordert.
Die Gewerkschaften PRO-GE und GPA erwarten „sehr intensive Kollektivvertragsverhandlungen in allen Branchen und einen harten Verteilungskampf“. Und genau das ist notwendig, denn die KollegInnen in diesen Branchen leben nun schon ein Jahr mit der Rekordinflation ohne Lohnerhöhungen. Die Reallohnverluste in den vergangenen Monaten sind also enorm. Gleichzeitig verschärfen sich Fachkräftemangel und Arbeitsdruck. Die zynische Antwort von Gabriel Felbermayr, Direktor des WIFO, in einem Gastkommentar im profil dazu: „Gürtel enger schnallen, mehr arbeiten.“
Die Lage der Arbeiterklasse tangiert die werten Herren Aufsichtsräte und WIFO-Direktoren nur peripher. Die Gewinne der österreichischen Konzerne waren nämlich im vergangenen Jahr besonders hoch, die Top-Konzerne im ATX haben ihre Profite im Jahresabstand verdoppelt. Während der Pandemie gab es Geldgeschenke von der Regierung, nach den Corona-Einschränkungen, als die Unternehmen ihre Verkaufspreise anhoben, die Löhne aber gleichblieben, wurden Profite gemacht und Dividenden ausgeschüttet wie noch nie. Die österreichischen Kapitalisten leben in Saus und Braus.
Die Chefverhandler der Arbeitnehmerseite Wimmer und Dürtscher schreiben in ihren Aussendungen: „Die Krisenkosten dürfen nicht zur Gänze auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer abgewälzt werden.“ Wir sagen: nicht mal ansatzweise! Hohe Profite der Einzelunternehmen, überall Arbeitskräftemangel, Arbeitsverdichtung, steigende Preise und einen bereits in der Herbstlohnrunde spürbaren Willen der Belegschaften für ihre Interessen einzustehen: alles unter einer deutlichen Realloherhöhung wäre einer kampfesunwilligen Gewerkschaftsführung geschuldet. Um das Maximum aus der kommenden Auseinandersetzung herauszuholen, argumentieren wir dafür, dass die Führungen von PRO-GE und GPA die Zeichen der Zeit erkennen und demokratische Urabstimmungen über die Verhandlungsergebnisse vorbereiten.
Für einen gemeinsamen und entschlossenen Kampf
In den Verhandlungen im Herbst und Winter gab es in der Sozialwirtschaft, bei den Eisenbahnern oder bei den Brauern deutliche Signale für die Kampf- und Streikbereitschaft der ArbeiterInnen. Die vielen separaten Lohnkämpfe schwächen jedoch die Gesamtbewegung. Die Frühjahrslohnrunde bietet sich an, damit die Gewerkschaften mit gemeinsamen, sektorenübergreifenden Aktionen das Kräfteverhältnis zu unseren Gunsten kippen. Es braucht Demos und Warnstreiks, gemeinsame Betriebsratskonferenzen und Betriebsversammlungen. Je größer und je mehr beteiligte Branchen, desto leichter werden wir die Verhandlungen für uns entscheiden. Weil wir es brauchen.
(Funke Nr. 212/21.3.2023)