Nahezu unbeachtet von der Öffentlichkeit starteten am 14. April die Kollektivvertrags-Verhandlungen für die knapp 50.000 Beschäftigten der Chemischen Industrie. Eine Linzer Chemiearbeiterin berichtet.
Der letzte Abschluss mit 4,75% im vergangenen Frühjahr fand noch vor dem rasanten Anstieg der Inflation im Herbst statt und demnach ist eine kräftige Gehaltserhöhung für die ArbeitnehmerInnen angesichts der steigenden Lebenserhaltungskosten dringend notwendig. Im großen internationalen Pharmakonzern, in dem ich arbeite, führte der Betriebsrat vorab eine Umfrage durch. Zwei Drittel der Belegschaft haben sich an Fragen zu ihren Erwartungen an das Ergebnis beteiligt. Der KV Chemische Industrie ist einer der besten, den man in Österreich findet. Die Löhne sind vergleichsweise hoch, trotzdem zeigte sich eine massive Unzufriedenheit.
Mein Betrieb hat durch die Coronakrise enormen Profit gemacht und das letzte Jahr war für die Firma ein weiteres Rekordjahr. Die Aktienkurse steigen, die Auslastung ist hoch, der Produktionsplan voll. Trotzdem gab es zu Jahresbeginn intern die Vorgabe, dass überall gespart werden müsse. So soll den MitarbeiterInnen kein Essen auf Firmenkosten mehr zur Verfügung gestellt werden und auch der Kaffee, den es bei bestimmten Schulungen gab, ist nun zu teuer für das milliardenschwere Unternehmen. Diese offensichtliche Diskrepanz zwischen den hohen Unternehmensgewinnen bei gleichzeitigen Einsparungen ist es wohl, die dazu geführt hat, dass sich in der Umfrage 90 % der Beteiligten als streikbereit deklariert haben.
Und nicht nur in meinem Betrieb, unter allen Beschäftigten der Chemischen Industrie ergab sich die enorme Zustimmung von 89 % für Streikmaßnahmen, um gemeinsam für eine kräftige Lohnerhöhung zu kämpfen. Gute Voraussetzungen nicht nur zurück zu holen, was wir verloren haben, sondern auch einen Anteil von den massiven Profitsteigerungen der Unternehmen für uns zu sichern.
(Funke Nr. 213/24.4.2023)