Unterfinanzierung, Standesdünkel und schlichtes Unvermögen charakterisieren die Bildungspolitik der Bürgerlichen. Jetzt will Schwarz-Grün dem Lehrermangel durch die Abschaffung der Berufsgruppe der Freizeitpädagogen begegnen. Diese wehren sich, und diesen Arbeitskampf müssen alle unterstützen, meint Emanuel Tomaselli.

Tausende Lehrer fehlen in den Klassenräumen, viele Stunden werden fachfremd unterrichtet, 5.500 unterrichten ohne (abgeschlossene) Ausbildung oder kommen aus der Pension zurück – und trotzdem mangelt das Lehrpersonal an allen Ecken und Enden. Dies ist das Resultat von jahrelangen Einsparungen, dem Fehlen von Investitionen (etwa in moderne Schulbauten), der gesellschaftlichen Entwertung des Lehrberufs und der fehlenden Vorbereitung für die kommende Pensionierungswelle. Im Bildungsbereich gesellt sich der Standesdünkel der österreichischen Bürgerlichen, die eisern nicht nur am Herrschaftscharakter der Bildung, sondern auch an der Notwendigkeit der sozialen Aussiebung durch das Schulsystem festhalten, hinzu.

Jeder Reformversuch durch die SPÖ blieb ein hart umkämpftes Kompromisswerk. So auch die Ganztagesschule, deren Nebenprodukt die Freizeitpädagogik ist. Ihre Aufgabe ist es, 2–4 Stunden pro Woche unterrichtsspezifische Aufgaben anzuleiten und einen Freizeitteil zu gestalten, um „kreative, künstlerische, musische und sportliche Begabungen sowie die Aneignung von sozialen Kompetenzen und die Persönlichkeitsentfaltung zu fördern“.

In einer aktuellen Gesetzesnovelle werden die Schwerpunkte auf die „Festigung und Förderung der Unterrichtsarbeit“ gelegt. Dies inkludiert die Vertiefung des Unterrichtsstoffes inklusive der „Korrektur schriftlicher Übungen“ und die „Evaluation der Lernergebnisse und der eigenen Lehrleistung“. Die Bezeichnung lautet nun „Assistenzpädagogik“, die „Freizeitpädagogik“ ist abgeschafft. Obwohl die Aufgaben mehr und unterrichtsbezogener werden, wird das Ausbildungsniveau der Assistenzpädagogik im Vergleich zur Freizeitpädagogik auf ein Semester halbiert, allerdings ist die Matura nun Voraussetzung. Die Löhne werden um 10–19% gekürzt.

Hier soll eine Kaste von schlechtbezahlten Hilfslehrern etabliert werden, wie sie zuletzt in gesellschaftlichen Notzeiten wie nach dem Weltkrieg eingesetzt wurden. Die Fachlehrer werden weg von Schülern in die Position eines Mini-Lehrmanagers gerückt: „dein Lehrer, eine dem Schüler unbekannte Person, vergleichbar dem Primar für Gesundheitskasse-Patienten“. Diese Notfallsparmaßnahme zur Aufrechterhaltung des Schulbetriebes soll schon 2024 in Kraft gesetzt werden. Für die Jugend einmal mehr die Verfestigung von Perspektivlosigkeit und gesellschaftlicher Vernachlässigung. Immer mehr Leisten bei immer schlechteren Bedingungen.

In Wien, dem Hauptstandort der Tagesschulen, sind die Freizeitpädagogen in der stadteigenen BiM-GmbH beschäftigt. Der Betrieb ist bekannt, weil er mit streikerprobten 2300 Beschäftigten in den Kollektivvertragsverhandlungen der Sozialwirtschaft immer wieder sichtbar ist. Betriebsratsvorsitzende Selma Schacht ist eine bekannte Vertreterin der Gewerkschaftslinken in der GPA.

Die Stellungnahme des Betriebsrates zum Gesetzesentwurf ist eine inhaltlich fundierte Gesamtabrechnung mit dem vorliegenden Angriff auf die Bildung, das Personal, die Eltern und SchülerInnen. Neben den spezifischen sozialrechtlichen Forderungen der Beschäftigten setzt sich der Betriebsrat für einen „Ausbau ganztägiger Schulformen bei massiver Personalaufstockung und Sicherstellung guter Bildung und Betreuung“ ein. Am 24.5. versammelt sich die Belegschaft der BIM zu einer Betriebsversammlung, für den 1. Juni* lädt die Belegschaft zu einer öffentlichen Protestkundgebung ein.

Der Funke unterstützt diesen Arbeitskampf und appelliert an alle seine UnterstützerInnen, egal ob SchülerInnen, LehrerInnen oder Eltern, Betriebsräte oder klassenbewusste ArbeiterInnen, den Kampf der BiM-Beschäftigten zu stärken, um gemeinsam diesen Anschlag auf die Bildung durch diese miserable Regierung zurückzuschlagen und eine allgemeine Trendumkehr in der Bildungspolitik einzuleiten.

(Funke Nr. 214/24.5.2023)

* das Datum der Kundgebung wurde in der Onlineversion aktualisiert


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