Seit Wochen tobt ein harter gewerkschaftlicher Kampf um einen neuen Kollektivvertrag für die Beschäftigten in der Chemischen Industrie. Die Gewerkschaft der ChemiearbeiterInnen (GdC) und die GPA-djp fordern eine vierprozentige Lohn- und Gehaltserhöhung. Die Vertreter der Industrie finden diese Forderung „skandalös". Ein Bericht der "Wir sind ÖGB"-Redaktion.

Skandalös ist vielmehr, dass der Lebensstandard bei der derzeit stark steigenden Inflation nicht gehalten werden kann. Selbst die 4 Prozent mehr Lohn ist schon eine sehr moderate Forderung, wenn man sich die Preisexplosion bei Gütern des täglichen Bedarfs (Lebensmittel, Treibstoff, Energie) anschaut. Und eine Aussicht auf ein Ende dieser Teuerungswelle ist weit und breit nicht in Sicht. Ganz im Gegenteil. Die 4 Prozent decken jedenfalls die derzeitige Inflationsrate nicht ab, wenn auch noch die sog. kalte Steuerprogression einbezogen wird, würden also zu einem Reallohnverlust führen, was in Anbetracht der Rekordgewinne der betroffenen Unternehmen ein Skandal ist. Sie liegen noch dazu weit unter dem im Jahr 2007 von den Beschäftigten erarbeiteten Produktivitätsfortschritt.

Dabei haben die österreichischen Chemieunternehmen ein durchaus sehr profitables Jahr 2007 hinter sich. Davon sollen die ArbeiterInnen und Angestellten dieser Branche aber keinen entsprechenden Anteil bekommen.

Der alte Kollektivvertrag (KV) sollte eigentlich bis 1. Mai laufen. Ende April scheiterten aber die Verhandlungen, weil die Unternehmer nicht über 3,3 Prozent plus einer Einmalzahlung von 160 Euro gehen wollen. Deshalb kam es schon am 30 April zu Betriebsräte-Konferenzen vor den Betrieben der beiden Verhandlungsführer der Chemischen Industrie, der Lenzing AG und der Semperit in Wimpassing.

Im niederösterreichischen Wimpassing nahmen 300 BetriebsrätInnen teil. Die Belegschaft wurde derart massiv unter Druck gesetzt, dass sie sie nicht an der Kundgebung vor den Werkstoren teilzunehmen bereit war. Bei der Lenzing AG marschierten insgesamt 900 KollegInnen vor das Werktor, darunter auch viele Arbeiter aus dem Werk. In Wimpassing und in Lenzing wurden die Werkseinfahrten mit diesen Aktionen eindrucksvoll blockiert.

Bildergalerie der Aktion in Lenzing

Bei einer österreichweiten Betriebsrätekonferenz am 13. Mai wurden weitere Kampfmaßnahmen beschlossen, sollten die Unternehmer nicht zu weiteren Verhandlungen bereit sein.

Ein ähnliches Szenario gibt es in der Papierindustrie, wo es am 20. Mai ebenfalls zu einer Betriebsrätekonferenz kam, um den gewerkschaftlichen Forderungen Nachdruck zu verleihen. Derzeit machen die Beschäftigten in dieser Branche nur Dienst nach Vorschrift. In diesen Tagen kommt es in den Betrieben zu Informationsveranstaltungen, wo die ArbeiterInnen über den Verlauf der KV-Verhandlungen informiert werden.

In diesen Sektoren sind die Unternehmer offensichtlich zu keinen Kompromissen bereit und wollen es wissen. Der nächste Schritt kann daher nur in Arbeitsniederlungen bestehen. Die Gewerkschaft muss jetzt Stärke zeigen, das geht nur mit Streiks.

Die Erfahrung zeigt, dass die Gewerkschaft umso stärker wird je mehr die KollegInnen in den Betrieben hinter ihr stehen. Das geht in erster Linie über den Weg, dass die ArbeiterInnen auch über den weiteren Verlauf der Kampfmaßnahmen demokratisch entscheiden können. Vor jeder weiteren Aktion braucht es jetzt Urabstimmungen in den Betrieben. Genauso sollte jedes neue Verhandlungsangebot einer Urabstimmung unterzogen werden. Die Unternehmer müssen verstehen lernen, dass sie es nicht nur mit ein paar Gewerkschaftssekretären sondern mit 42.000 KollegInnen zu tun haben, die ein gemeinsames Ziel haben und dafür zu kämpfen bereit sind!

Wir solidarisieren und mit den KollegInnen der Chemischen Industrie und der Papierindustrie und werden alle weiter führenden Kampfmaßnahmen voll und ganz unterstützen.

Gemeinsam sind wir stark!
Für eine kämpferische und demokratische Gewerkschaft!
Menschen nicht Profite!


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