Ende März präsentierte der oberösterreichische ÖVP-Landeshauptmann Pühringer sein Sparpaket für die Spitäler. Bis 2020 sollen 760 Betten, d.h. jedes 10. Bett, gestrichen werden. Von Martin Wieland.

Die so genannte „Spitalsreform“ soll den Anstieg der Krankenhauskosten bis 2020 um insgesamt 362 Mio. € pro Jahr dämpfen. Denn diese würden lt. Expertenkommission ohne Sparmaßnahmen bis 2020 von 1,7 Mrd. € auf 2,6 Mrd. € regelrecht emporschießen. Doch wir dürfen uns von der Panikmache der bürgerlichen Medien keinesfalls den Kopf vernebeln lassen. Der wahre Grund für diese „Spitalsreform“ liegt nicht in einer prinzipiellen Unfinanzierbarkeit des Gesundheitssystems auf heutigem Standard. Vielmehr wird nun auf Länderebene das Geld, das der Staat im Zuge der Krise zur Rettung des Kapitalismus aufbrachte, v.a. aus dem Sozial- und Gesundheitssystem herausgekürzt (siehe auch die Beilage zum Sparpaket in der Steiermark).

Besonders tragisch an dieser Situation ist der Umstand, dass die ArbeiterInnenbewegung inmitten dieser Angriffe von ihrem eigenen politischen Arm – der SPÖ – komplett gelähmt wird. Denn wenn auch die SPÖ OÖ nicht direkt hinter dem Kürzungsplan steht, so stimmte sie trotzdem von Anfang an der prinzipiellen Notwendigkeit von Einsparungen in genau der genannten Höhe zu.

Die Aufgabe der SPÖ wäre aber im Gegenteil, alle politischen Lügen aufzudecken und sagen was ist: So ist der wahre Kern der Spitalsreform die schrittweise Zerschlagung der regionalen Versorgung und die Zusammendrängung vieler PatientInnen auf wenige Zentren (mit Wartelisten, die 1. Klasse PatientInnen bevorzugen). Damit sollen die Menschen zum Verzicht auf einen Spitalsaufenthalt gezwungen werden, ohne ein gleichwertiges Alternativangebot zur Verfügung zu haben. Die Finanzkrise des Gesundheitssystems ist auf die Aushungerung der Sozialversicherung durch horrende Unternehmerschulden (2009: 1,2 Mrd. € + Abschreibung von einer Milliarde als uneinbringlich - http://prosv.akis.at), die Erosion der Arbeitnehmerbeiträge zur SV (steigende Arbeitslosigkeit, atypische Beschäftigungsverhältnisse, stetig fallende Lohnquote) und nicht auf eine Kostenexplosion zurückzuführen. Im Verhältnis zum BIP – also zum Reichtum der Gesellschaft – stiegen die österreichischen Gesundheitsausgaben in den letzten 10 Jahren lediglich von 10 auf 11% (Statistik Austria).

Zudem müsste die SPÖ im konkreten Fall der Spitalsfinanzierung, die zu 2/3 durch Steuereinnahmen bestritten wird, für echte Vermögenssteuern eintreten, für eine Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums weg vom Kapital hin zur bestmöglichen sozialen und gesundheitlichen Versorgung für alle. Die SPÖ hätte angesichts des vorhandenen gesellschaftlichen Reichtums für einen Ausbau des Gesundheitssystems zu kämpfen, anstatt die schrittweise Demontage desselben mitzutragen. Denn wir dürfen uns hier keinerlei Illusion hingeben: Jedes abgebaute Bett ist unwiederbringlich verloren, es wird dafür kein anderes (z.B. extramurales) Angebot geben. Es soll nur gespart werden.

Da die SPÖ weder auf Bundes- noch auf Landesebene für eine solche Politik eintritt, bleibt uns nur der gewerkschaftliche Widerstand. Dieser wurde auch schon von der Fachgruppenvereinigung ARGE für Gesundheits- und Sozialberufe im ÖGB – einer gemeinsamen Plattform von GdG-KMSfB, GPA-djp, GÖD und vida – ausgerufen. Doch auch die ARGE sieht die komplette Verhinderung des Bettenabbaus und der Leistungskürzungen nicht als das vorrangige Ziel des Arbeitskampfes. Sie mauert sich lediglich in der Position ein, dass die Sparmaßnahmen keine Auswirkung auf das Personal haben dürfen. So begibt sich die ARGE gleich von Beginn an in die Defensive. Dass die Einsparung der genannten Summen keine Auswirkung auf die Beschäftigten haben könnte, ist reines Wunschdenken, wenn wir bedenken, dass Gehälter 2/3 eines Krankenhaus-Budgets ausmachen.

Zudem lässt die ARGE aufgrund dieses Verzichts auf einen allgemeinen politischen Arbeitskampf die Belegschaftsvertretungen in den einzelnen Spitälern allein. Diese stehen mit dem Rücken zur Wand ihren jeweiligen Geschäftsführungen gegenüber, die landauf landab gerade ein großes Täuschungsmanöver durchführen. Aus Gründen des Konkurrenzkampfes wehren sie sich mit großem medialem Tamtam gegen jene Vorschläge der Expertenkommission, die das eigene Krankenhaus im Wettbewerb benachteiligen würden (z.B. durch den Verlust von Facharztstellen oder prestigeträchtiger Abteilungen). Gleichzeitig bekunden alle den Willen, die geforderten Summen auf eigene Weise einsparen zu wollen. Diese „eigene Weise“ wird trotz anders lautender Beteuerungen der Geschäftsführungen genauso Verschlechterungen für Personal und PatientInnen bedeuten: Bettenabbau, Einschränkung von Ambulanzzeiten, Intensivierung der Arbeit durch Stationszusammenlegungen, Heraufsetzung von Betreuungsschlüsseln, Personalaufnahmestopp oder gar Stellenabbau usw.

Die Aufgabe des ÖGB wäre daher zuallererst der Kampf gegen die Zersplitterung der Bewegung. Als erster Schritt muss schnellstens eine Großdemonstration ALLER oberösterreichischen Krankenhausbeschäftigten mit größtmöglicher Einbindung der Bevölkerung und einer gemeinsamen politischen Forderung stattfinden: Komplette Rücknahme der Spitalsreform und stattdessen Ausbau des Gesundheitssystems sowohl in den Krankenhäusern als auch im extramuralen Bereich (z.B. Kassenärzte, mobile Betreuung)! Gleichzeitig muss schon jetzt ein landesweiter Krankenhausstreik vorbereitet werden, denn ohne Streik werden wir wohl kaum jenen Druck aufbauen können, der die politischen Verantwortlichen - egal welcher Partei - zum Rückzug zwingt.

Unsere Aufgabe als Beschäftigte in den Krankenhäusern ist es nun, genau für diesen Weg in Betriebsrats- und Vertrauenspersonenausschüssen einzutreten und für eine größtmögliche Einbindung der gesamten Belegschaft in den Arbeitskampf durch Urabstimmungen und Streikkomitees zu sorgen.

Der Autor ist Ersatzbetriebsrat im AKH Linz


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