Türkei. Die Spannungen haben einen neue Höhepunkte erreicht. Um die aufkommenden Klassenkämpfe zu unterbinden, hat Erdogan zum Gegenschlag ausgeholt um einen Bürgerkrieg entlang der nationalen Linien zu provozieren. Von Martin Gutlederer.
Seit über einem Monat gibt es in der Türkei koordinierte Wellen von rassistischen Anschlägen gegen die kurdische Minderheit und die kurdische Linkspartei HDP, obwohl zur selben Zeit Friedensverhandlungen zwischen PKK und der türkischen Regierung stattfanden. HDP-Büros, kurdische Viertel oder einfach Menschen, die kurdisch sprechen, werden von Reaktionären angegriffen, und der Staat beschützt die Angreifer auch noch.
Der Höhepunkt dieser Angriffe war die Belagerung der kurdischen Stadt Cizre, die dutzenden ZivilistInnen das Leben kostete und große Teile der Stadt verwüstete. Erdogan behauptet, er führe einen Krieg gegen den Terrorismus von IS und PKK, doch in Wahrheit helfen die meisten Aktionen Erdogans dem IS, da dessen beste Gegner bisher die der PKK zugehörigen Truppen waren. Dieser „Krieg gegen den Terrorismus“ ist ein Krieg gegen die KurdInnen und die Linke der Türkei.
Aufkommender Klassenkampf
Das Problem, vor dem Erdogan steht, ist, dass sich die Massen immer weiter radikalisieren, da das Wirtschaftswachstum der letzten Jahrzehnte nur einer kleinen Minderheit zugutekam, während jetzt die Armen für die Krise bezahlen sollen. Diese Unzufriedenheit mit den herrschenden Zuständen in der Türkei manifestierte sich einerseits in den Gezi-Park-Protesten 2013 und andererseits in den Wahlen 2015. Dort gab es mit der HDP erstmals ein politisches Ventil des Unmuts in der Türkei, das es auch teilweise schaffte, die Spaltung zwischen der türkischen und kurdischen ArbeiterInnenklasse zu überwinden, und Erdogan eine historische Wahlniederlage zufügte. Dies sind die Gründe für Erdogans Angriffe auf KurdInnnen und die Linke.
Revolutionärer Ausweg
Die kurdischen Massen, die ArbeiterInnen und Bauern haben das legitime Recht, sich gegen die militärischen Angriffe der türkischen Kapitalisten auf Städte und Dörfer auch mit der Waffe in der Hand zu verteidigen.
Nichtsdestotrotz sind isolierte Aktionen nicht das, was benötigt wird. Durch das Töten eines beliebigen türkischen Soldaten oder Polizisten wird Erdogan nicht im Geringsten geschwächt. Im Gegenteil, das ist genau das, was Erdogan will! Er nutzt solche Aktionen, um Unterstützung in den türkisch besiedelten Gebieten zu mobilisieren und die türkischen und kurdischen Massen zu spalten. Was gebraucht wird, um gegen Erdogan zurückzuschlagen, ist eine Massenerhebung der kurdischen gemeinsam mit den türkischen ArbeiterInnen gegen Erdogans korrupte Herrschaft, Unterdrückung und rassistische Politik.
Einheit der ArbeiterInnenklasse
Gleichzeitig Zeit muss die Bewegung sich an die türkischen ArbeiterInnen und die Jugend für einen gemeinsamen Kampf gegen Erdogan wenden. Für Erdogan ist das Aufhetzen von rassistischen und anti-kurdischen Gefühlen der Versuch, die linke Opposition im Westen des Landes zu zerschmettern. Doch der Hass auf seine Herrschaft und Politik ist auch dort weit verbreitet und tief verankert, wie Wutausbrüche und Demonstrationen von Angehörigen toter Soldaten zeigen. Die größte Gefahr für seine Herrschaft entsteht dann, wenn sich kurdische und türkische ArbeiterInnen und Jugendliche gemeinsam organisieren. Durch das Provozieren eines Bürgerkriegs bereitet Erdogan sich tatsächlich auf eine Diktatur in der ganzen Türkei vor.
Krise des Kapitalismus
Wir sind nicht nur Zeuge der tiefen Krise des Erdogan-Regimes, sondern einer Krise des türkischen Kapitalismus als Ganzes. Unfähig dazu, die Bedürfnisse der Massen zu befriedigen, sind die KapitalistInnen dazu gezwungen, immer weiter nach rechts zu gehen, um ihre Herrschaft zu sichern. Erdogan ist jedoch nur ihr Repräsentant. Jeder Kampf gegen ihn muss mit dem Kampf gegen den Kapitalismus verbunden sein, denn ein Austauschen der Köpfe allein wird keine Verbesserung bringen.
Die TürkInnen und KurdInnen haben keine gegensätzlichen Interessen. Es ist nur die barbarische Natur des Systems, die sie um die Krümel kämpfen lässt, die das Kapital bereit ist abzugeben, während die Reichen und Mächtigen, die nichts außer Elend produzieren, in obszönem Luxus leben. Nur ein vereinter Kampf aller Unterdrückten, um die Ressourcen und das Vermögen an sich zu nehmen und für das Wohl aller zu verwenden, kann einen Weg aus dieser Barbarei hinaus zeigen.
- Nieder mit dem Krieg!
- Nieder mit Erdogan und seiner Regierung aus Gaunern und Dieben!
- Lange lebe die Einheit der ArbeiterInnenklasse im Kampf!
Artikel hier auf türkisch.