Frankreich. Am 23. September organisierte die Bewegung „Rebellisches Frankreich“ – rund um Jean-Luc Mélenchon – eine Demonstration mit über 100.000 TeilnehmerInnen. Natalie Ziermann erklärt die nächsten Schritte.
Die Macron-Regierung hat, seit sie an der Macht ist, eine Reihe von Gesetzen beschlossen, die den sozialen Krieg gegen ArbeiterInnen und die Jugend bedeuten (unter anderem das Arbeitsgesetz). Die tiefe Krise des französischen Kapitalismus lässt keinen Spielraum, die Attacken zu verschleiern oder scheibchenweise vorzutragen. Die erfolgreiche Demonstration am 23. September in Paris war ein wichtiger Ausdruck der herrschenden Proteststimmung, sowohl was die Anzahl der TeilnehmerInnen, als auch ihren politischen Charakter betrifft. Die Menschen protestierten nicht nur gegen das Arbeitsgesetz, sondern generell gegen die Politik der Regierung.
Da die Regierung Macrons alle Schichten der Bevölkerung (bis auf die Wohlhabendsten) im Visier hat, ist es objektiv möglich, die ArbeiterInnen, die Jugend und die Arbeitslosen zum vereinten Kampf zu mobilisieren. So kann eine Massenbewegung für ein linkes Programm entstehen und eine Regierung an die Macht gebracht werden, die mit der Sparpolitik bricht. Die Frage, ob ein solcher konsequenter, breit getragener Kampf gegen die Sparpolitik möglich ist, und die ArbeiterInnen und die Jugend bereit dafür seien kann nur konkret beantwortet werden, in dem das Signal für eine solche Perspektive gegeben wird. Es gibt starke Anzeichen, dass die Zeit für eine solche entscheidende Aktion reif ist: der Zusammenbruch der Umfragewerte für Macron, die Demonstration am 23. September, die Proteste von 2016 mit zunehmend radikalisierten ArbeiterInnen und Jugendlichen (massive Streiks, Nuit debout etc.) und die 20 Prozent, die Mélenchon bei der Präsidentschaftswahl gewann.
Die „Unabhängigkeit der Gewerkschaften“
Dass wichtige Schritte für einen entscheidenden Kampf bereits am 23. September passiert sind, verdeutlicht auch die Reaktion Macrons. Er attackiert Mélenchon laufend für seine „Straßenrevolte“. Tatsächlich plant Mélenchon für die kommenden Wochen eine „Millionen-Demo zum Präsidentschaftspalast“. Die Zurückweisung der Organisierung eines allumfassenden Klassenkampfs kommt allerdings nicht nur von unseren Klassenfeinden, sondern auch von den Gewerkschaftsspitzen von FO, CFDT als auch der radikalsten Gewerkschaft CGT. Sie alle unterstützen die Idee der „Unabhängigkeit der Gewerkschaften“. Diese reaktionäre Position findet natürlich bei Macron und den Rechten im Allgemeinen großen Anklang, weil es die Bewegung schwächt und spaltet. Warum? Mit dem Terminus der „unabhängigen Gewerkschaften“ wird eine künstliche Barriere zwischen dem gewerkschaftlichen und dem politischen Kampf gezogen.
Dabei ist es wichtig, die „gewerkschaftliche Unabhängigkeit“ nicht mit der demokratischen Kontrolle durch die Gewerkschaftsmitglieder zu verwechseln – diese muss gegeben sein um den Kampf zu gewinnen. In der Praxis ist jedoch unterstützen die Führungen der FO und die CFDT das Arbeitsgesetz (obwohl ihre Mitglieder nie darüber abstimmten), während die CGT-Führung das Gesetz ablehnt und dagegen kämpfen will. Allerdings hat der Vorsitzende der CGT, Philippe Martinez, nichts aus den Erfahrungen der Niederlagen in den Jahren 2010 und 2016 gelernt. Die CGT, will im Gegensatz zu den zwei anderen großen Dachverbänden zwar kämpfen, allerdings allein mit der Methode von dezentralen „Aktionstagen“. Mit der Idee der „Unabhängigkeit der Gewerkschaften“, die auch die CGT-Führung verteidigt, kommt man nicht weiter.
Was tun?
Die Bewegung „Rebellisches Frankreich“ kann eine wichtige Rolle bei der Politisierung der Demonstrationen spielen, aber Massendemonstrationen alleine werden die Regierung nicht stürzen. Auch gewerkschaftliche „Aktionstage“ alleine können Macron nicht stoppen. Die Bourgeoisie hat vor beiden Methoden alleine angewandt keine Angst. Wovor sie wirklich Angst hat, sind gut koordinierte Streiks. Diese könnten beispielsweise mit einem 24-Stunden-Generalstreik, zur Sammlung aller Kräfte beginnen. Die Regierung kann gestürzt werden, wenn Massendemonstrationen mit der Kraft von Streiks kombiniert werden. Wer kann nun Streiks am Arbeitsplatz organisieren? Nicht Rebellisches Frankreich, sondern die Gewerkschaften. Unsere französischen GenossInnen von „Révolution“ argumentieren daher für einen gemeinsamen Kampf der Gewerkschaft CGT und der linken Massenorganisationen wie „Rebellisches Frankreich“, die KP, etc. mit dem Ziel die Regierung zu stürzen.
Das wird kein leichtes Kurzzeitprojekt, aber es ist unsere Perspektive, die den Gewerkschaften, dem „Rebellischen Frankreich“ und aller linken Kräftegemeinsam ermöglicht diese aggressive Regierung der Unternehmer zu stoppen und zu stürzen. Eines ist sicher: Eine so offensive Strategie würde mehr Enthusiasmus in der Bevölkerung schüren als die Routine von Aktionstagen und Demonstrationen, bei denen sich die Regierung bewiesener Maßen keinen Millimeter bewegt hat. Entweder wird es Jahrzehnte von Sozialkürzungen geben, oder es kommt eine radikale linke Regierung an die Macht. Dazu braucht es eine Einheitsfront der politischen und der gewerkschaftlichen Organisationen, der ArbeiterInnen und der Jugendlichen. So kann man gegen Macrons Regierung und für eine linke Alternative zur Sparpolitik kämpfen. Die Macron-Regierung hat einen sozialen Kampf gegen unsere Klasse begonnen und es ist Zeit, dass wir ihn zu unseren Gunsten beenden.