Die konservative Volkspartei (PP) und die rechtsextreme “Vox” scheiterten bei der vorgezogenen Parlamentswahl vom 23. Juli daran, die erwartete Mehrheit zu erreichen. Die politische Lage bleibt aber extrem polarisiert und instabil.

Der sogenannte „Progressive Block“ aus Sozialdemokratie, Linkspartei und nationalistischen Parteien (Baskenland, Katalonien, Galizien) hielt dem Ansturm der Rechten statt. Linksblock und Rechtsblock sind im Parlament nur durch ein Mandat getrennt, Zünglein an der Waage ist die katalanische Unabhängigkeitspartei Junts per Catalunya. Deren Vorsitzender Puigdemont befindet sich im belgischen Exil und wird von der spanischen Justiz gesucht. Die von der Bourgeoisie erwünschte stabile Regierung ist damit fraglich, Neuwahlen sind möglich.

Die bisher regierende linke Koalition unter der Führung der sozialdemokratischen PSOE konnte in buchstäblich letzter Minute noch einmal ihre Wählerschaft mobilisieren und eine hauchdünne Mehrheit vor den Reaktionären sichern. Das Wahlergebnis von knapp 11 Mio. Wählerstimmen für die Linke ist jedoch nicht als Zuspruch zur Regierungspolitik zu werten, sondern als Abwehr der politisch Rechten. Die PSOE konnte ihre Stimmen dabei von 6,8 Mio. auf 7,8 Mio. steigern, das Linksbündnis SUMAR verlor 700.000 Stimmen und kam auf 3 Mio. Stimmen.

Das neue Wahlbündnis SUMAR ist Zusammenschluss vieler Kleinparteien unter Führung der „Vereinigten Linken“ (IU). Unidos Podemos (UP), der eigentliche Koalitionspartner der PSOE, ist im Vorfeld der Wahl extrem geschwächt in SUMAR aufgegangen. UP akzeptierte in der vorangegangen Periode jeden Abstrich an ihrem ohnehin handzahmen Programm und ordnete sich den Rahmenbedingungen des rückständigen und unterdrückerischen spanischen Kapitalismus mit seinem reaktionären Staatsappart, wie auch dem EU- und US-Imperialismus in der Außenpolitik unter. Jetzt sind sie Geschichte.

Krise der Führung

Unidos Podemos war das Ergebnis einer 3-jährigen Welle an Massenbewegungen, die 2011 mit den „Indignados“ begann. Millionen Menschen standen auf gegen die soziale Krise; die massiven Einsparungen wurden mit 2 Generalstreiks beantwortet und tausende Delogierungen wurden durch Massenprotest verhindert. Die nationale Frage Kataloniens brach mit dem letztlich durch Staatsgewalt unterdrückten Unabhängigkeitsreferendum von 2017 erneut an die Oberfläche. Spanien schlitterte unter Führung der Volkspartei in eine Regimekrise. Die Arbeiterklasse und die Jugend suchten nach einem Werkzeug, um der Krise des Kapitalismus etwas entgegenzusetzen. Über Nacht traten hunderttausende Podemos bei, und gründeten „agrupaciones“ – embryonale Räte – in ganz Spanien.

Die Führung von Podemos war ebenso überrumpelt und verängstigt von der Initiative der Massen wie vom Druck der Bürgerlichen. Ohne revolutionäre Perspektive ordnete sich die Podemos-Führung dem Diktat der Bourgeoisie – in deren Namen sogar der US-Botschafter an die Partei herantrat – unter. So wurde auch die Position für das Selbstbestimmungsrecht von Katalonien und dem Baskenland aufgegeben. Sie tauschten die Massenbewegung für Minister-Portfolios. Von der einst so mächtigen Bewegung blieb nur eine leere Hülle aus hoffnungslosen Karrieristen ohne eigenständigem Programm.

Klassenkämpfe am Horizont

Die Jugend und die Arbeiterklasse werden in die kommende Welle an Klassenkämpfen mit einem neuen Bewusstsein eintreten. Die vergangenen Erfahrungen vertieften ihre antikapitalistische Haltung und frischte das Misstrauen gegen den Reformismus auf. Das rasche Wachstum der „Sozialistischen Bewegung“ und die öffentliche Positionierung der Kommunistischen Jugend für den „Neuaufbau der Kommunistischen Partei als revolutionäre Avantgardepartei mit unabhängiger Klassenpolitik bis zum gänzlichen Sieg über die Bourgeoisie“ sind Teil dieser für die Zukunft zentralen politischen Klärung. Wir werden weiter berichten.

(Funke Nr. 216/30.8.2023)


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