In Frankreich gehen Lehrer angesichts massiver Verschlechterungen der Arbeits- und Lebensbedingungen auf die Straße. Manuel Lins berichtet.
Das Beispiel der französischen Lehrkräfte, die am 13. Januar einen landesweiten Streik organisierten, zeigt hierbei einen Ausweg aus Passivität und Resignation auf. Unmittelbarer Auslöser für die Bewegung war der ständige Richtungswechsel der Regierung bei den Anti-COVID-Maßnahmen, die Ursachen liegen jedoch wesentlich tiefer.
Der wichtigsten Lehrergewerkschaft Frankreichs zufolge (SNUipp-FSU) haben sich 75% aller Lehrenden in Frankreich daran beteiligt, wobei sämtliche Lehrergewerkschaften dazu aufgerufen hatten, sich an der Arbeitsniederlegung zu beteiligen um gegen das „unbeschreibliche Chaos“ in den Schuleinrichtungen zu protestieren. Das Ausmaß der Solidarität kann auch daran abgelesen werden, dass sich sogar Elternorganisationen dem Streik anschlossen.
Die Macron-Regierung versucht die Streikenden dadurch zu diskreditieren, dass diese den Kampf gegen Omikron gefährden würden, musste jedoch bereits am Abend des 13.1. erste Zugeständnisse machen. So wurde die Lieferung von 5 Millionen FFP2- Masken und die Einstellung von einigen tausend neuen Lehrkräften angekündigt.
Da dies nur einen Teil der gestellten Forderungen erfüllt, sind für Ende Januar weitere Streiktage und Großdemos angekündigt, mit welchen die französische Lehrerschaft „massive Rekrutierungen“, mit welchen die Schülerzahl in den Klassen deutlich verkleinert werden soll, und eine Erhöhung der Löhne erkämpfen will.
Das österreichische Lehrpersonal ist mit ähnlichen Schwierigkeiten wie jenes in Frankreich konfrontiert. Eine massive Erhöhung der Arbeitsbelastung, ausgedünntes Personal, die zwangsweise Übernahme des PCR-Test-Regimes und der Mangel an Schulpsychiatern, um psychisch dauerbelastete SchülerInnen zu betreuen, sind dabei nur die Spitze des Eisbergs. Der früher als bürgerlich angesehene Beruf des Lehrers ist heute stark proletarisiert und durch Einsparungsmaßnahmen auf maximale Effizienz und Standardisierung getrimmt worden.
Das französische Beispiel reiht sich in eine Reihe von radikalen Arbeitskämpfen des Lehrpersonals ein – es stehen dabei vor allem die breit gestreuten Streiks an großbritannischen Unis seit Spätherbst, sowie die Lehrerstreiks in den USA in den letzten Jahren. Auch hierzulande ist es Zeit für eine breite Mobilisierung, welche SchülerInnen, Lehrkräfte und alle weiteren im Bildungsbereich tätigen Personen umfasst.
(Funke Nr. 200/20.1.2022)