Das krisengebeutelte Griechenland ist längst Testgebiet sowohl für die herrschende Klasse wie auch für die ArbeiterInnenbewegung. Eine Zwischenbilanz des Klassenkampfes in Griechenland ziehen Fred Weston und Stamatis Karagiannopoulos.

In den letzten Monaten sahen wir eine Welle von Massenprotesten und Generalstreiks gegen die Sparpolitik der griechischen Regierung. Doch bisweilen brachte die Regierung ihre Maßnahmen zur Bekämpfung der Staatsschuldenkrise durch. Es stellt sich die Frage, wie die Linke den Kampf gegen diese Austeritätspolitik weiterführen soll, um den Lebensstandard der Bevölkerung zu verteidigen.

In den bisherigen Streiks und Demos hat die griechische ArbeiterInnenklasse große Kampfbereitschaft bewiesen. Was es jetzt braucht, ist ein 48-stündiger Generalstreik im öffentlichen Dienst und in der Privatwirtschaft, mit Massendemos in ganz Griechenland. Doch das wäre nur der nächste Schritt, dem andere folgen müssten. Das Ziel muss lauten die PASOK-Regierung und ihre Pläne zu stoppen. Ein erfolgreicher 48-Stunden-Generalstreik würde den ArbeiterInnen das nötige Selbstvertrauen geben den Kampf bis zum Ende zu führen. Dann würde aber die Frage der Macht im Land auf der Tagesordnung stehen.

Die heutige PASOK-Führung hat sich voll und ganz den Interessen der herrschenden Klasse Griechenlands und der EU verschrieben, und das obwohl sie mit den Stimmen von Millionen ArbeiterInnen in der Hoffnung auf einen linken Kurswechsel in die Regierung gewählt wurde.

Die Frage einer politischen Alternative zur jetzigen Regierung stellt sich unmittelbar. Diese Alternative gilt es aufzubauen. Der Ausgangspunkt dafür sind die Machtbasen der KKE (der griechischen KP) und der Linkspartei Synaspismos bzw. SYRIZA (dem Wahlbündnis von Synaspismos), auch wenn deren parlamentarische Stärke zum jetzigen Zeitpunkt bei weitem nicht für die Bildung einer neuen Regierung ausreicht.

Die griechische ArbeiterInnenklasse steht insofern vor einer schwierigen Ausgangsposition. Bei den letzten Wahlen stimmten 60% der WählerInnen für linke Parteien (PASOK, KKE und Synaspismos/SYRIZA). Trotz dieses Linksrucks auf der elektoralen Ebene setzt die PASOK-Regierung drakonische Maßnahmen gegen die ArbeiterInnenklasse, wie es sie selbst unter der von der rechten “Neuen Demokratie” geführten Regierung nicht gegeben hat, um.

Der Schlüssel kann nur in einer Einheitsfrontpolitik der KKE und der Synaspismos/SYRIZA liegen. Diese sollte darauf abzielen die Unterstützung der Mehrzahl der ArbeiterInnen, der Mitglieder der beiden Gewerkschaftsdachverbände GSEE und ADEDY und vor allem der ArbeiterInnen, die die PASOK unterstützen, gewinnen. Eine solche Einheitsfrontpolitik würde aber einen radikalen Wechsel in der Programmatik und Taktik der beiden Linksparteien erfordern. Einen anderen Ausweg aus der derzeitigen Sackgasse gibt es nicht.

Bisher waren die Massenproteste dadurch gekennzeichnet, dass die Gewerkschaftsführung mit der ArbeiterInnenklasse ein falsches Spiel spielte. Alle gewerkschaftlichen Mobilisierungen hatten rein symbolischen Charakter ohne klarem Ziel. Ohne politischer Perspektive und einem vorwärts weisenden Aktionsplan sind solche Proteste nicht viel mehr als Dampfablass-Aktionen, die früher oder später die ArbeiterInnen ermüden und frustrieren.

Auch die PAME, die Gewerkschaftsfraktion der KKE, die über eine gewisse Massenunterstützung verfügt, unterscheidet sich darin nicht wesentlich von der Führung der beiden großen Gewerkschaftsdachverbände GSEE und ADEDY.

Verwirrung

Im öffentlichen Dienst sehen wir bereits seit Dezember gewerkschaftliche Massenproteste. Trotzdem konnten die Angriffe nicht verhindert werden. Und ein Ende des Sozialabbaus ist noch lange nicht in Sicht. Kein Wunder, wenn viele KollegInnen langsam aber sicher zu resignieren beginnen. Es zeigt sich einmal mehr, dass sich die ArbeiterInnenklasse nicht willkürlich von den Gewerkschaftsspitzen wie ein Wasserhahn je nach Bedarf auf- und wieder abdrehen lässt.

Die Krise des griechischen Kapitalismus ist aber von einem derartigen Ausmaß, dass auch diese Stimmung nicht ewig anhalten wird sondern die ArbeiterInnenklasse wiederholt in Klassenkämpfe gezwungen wird. Durch die Austeritätspolitik verschärft sich die Rezession der griechischen Wirtschaft weiter. Die Investitionen in der Industrie und in der Bauwirtschaft brechen gewaltig ein. Eine wirtschaftliche Erholung ist somit ausgeschlossen. Unter diesen Bedingungen ist auch kein Ende der Schuldenkrise in Sicht.

Sparen, sparen und noch mehr sparen

Das erklärt auch, warum die PASOK-Regierung ein weiteres Sparpaket schnüren muss. Diesmal soll es vor allem die KollegInnen in der Privatwirtschaft treffen. Die Pensionen sollen um bis zu 50% gekürzt werden. Angesichts der hohen Arbeitslosenzahlen und dem Ausmaß an Schwarzarbeit, weil viele Unternehmen ihre Beschäftigten nicht legal beschäftigen und somit keine Pensionsbeiträge einzahlen, werden viele ArbeiterInnen nie und nimmer auf die nun erforderlichen 40 Beitragsjahre kommen. Diese sind jedoch erforderlich um Anspruch auf die volle Auszahlung der Pension zu haben. Für künftige Generationen bedeuten diese Pläne der Regierung das Ende des öffentlichen Pensionssystems. Dies wird zu einer weiteren Radikalisierung gerade unter jungen ArbeiterInnen führen.

Parlamentarischer Bonapartismus

Ende Juli sollen diese Maßnahmen im Parlament beschlossen werden. Doch das Kapital will sich darauf gar nicht mehr verlassen. Die Regierung kann die Staatsschuldenkrise ohne Unterstützung von außen nicht bekämpfen. Den Zugang zu den Geldern der EU, der Europäischen Zentralbank und des IWF musste sie sich teuer erkaufen, und zwar mit einem Abkommen, das vorsieht, dass alle aus der Sicht dieser Institutionen erforderlichen Maßnahmen keine parlamentarische Zustimmung erfordern. Sobald die Regierung diese Maßnahmen beschlossen hat, kann der Finanzminister diese per Notverordnung umgehend umsetzen. Das Parlament hat nur noch das Recht diese im Nachhinein zu “diskutieren”!

Dies ist die Antwort auf die Angst vor einer wachsenden Opposition im Parlamentsklub der PASOK und unsicheren Mehrheiten. Ohne diese semibonapartistischen Elemente wären solch beinharte Einschnitte im Sozialsystem nicht durchzusetzen. Griechenland wird zu einem lebendigen Beispiel dafür, dass es eine Grenze gibt, wie weit die herrschende Klasse mit demokratischen Verhältnissen ihre Interessen durchsetzen kann. Und die scheint in dieser Krise definitive erreicht zu sein.

Schon angesichts der Jugendrevolte nach dem Polizeimord an einem 15-jährigen Schüler Ende 2008 diskutierte die damalige Rechtsregierung einen Einsatz des Militärs zur Beruhigung der Lage. Damals wurde diese Option wieder verworfen. Zu präsent sind noch die Erinnerungen der ArbeiterInnen an das brutale Militärregime von 1967-74. Unter den gegenwärtigen Kräfteverhältnissen in der griechischen Gesellschaft kann sich das Kapital nicht auf das Militär stützen sondern muss ihre Interessen mit Hilfe der PASOK, die im Parlament eine bequeme Mehrheit hat, durchzusetzen versuchen. Wären da nicht die internen Widersprüche in der PASOK, welche der rein parlamentarischen Arithmetik einen Strich durch die Rechnung machen. In der PASOK gibt es gegenwärtig drei verschiedene Strömungen im Parlamentsklub, die allesamt jedoch als rechtssozialdemokratisch einzustufen sind. Doch unter dem Druck der Ereignisse könnten sich die Kräftegleichgewichte in der PASOK schnell auch verschieben. Die Abgeordneten sind einem gewaltigen Druck ausgesetzt und müssen Angst vor gewaltsamen Übergriffen haben wenn sie sich auf der Straße zeigen. Unter diesen Bedingungen könnte der Widerstand im PASOK-Parlamentsklub gegen weitere Sparpakete durchaus zunehmen. Schon beim ersten Sparpaket haben drei Abgeordnete der PASOK gegen ihre Regierung gestimmt und wurden daraufhin aus dem Klub, nicht aber aus der Partei, ausgeschlossen.

Die Perspektive bleibt eine zugespitzter Klassenkämpfe. Mangels einer revolutionären Führung wird die ArbeiterInnenklasse in diesen Kämpfen aber nur sehr mühsam und unter dem Eindruck von Niederlagen zu richtigen politischen Schlüssen kommen können. Eine lineare Entwicklung ist ausgeschlossen, aber unter diesen Bedingungen wird es zu Situationen kommen, in denen die ArbeiterInnenklasse die Machtfrage wird stellen können. Nur eine sozialistische Perspektive kann einen Ausweg weisen.

Die Bürgerlichen hingegen werden unter den Bedingungen verstärkter Klassenkämpfe noch mehr als heute auf bonapartistische Regierungsformen setzen, weil unter den Bedingungen einer bürgerlichen Demokratie eine stabile Regierung nicht mehr möglich sein wird. Diese Gefahr wird mittlerweile selbst von hochrangigen Vertretern der herrschenden Klasse, wie dem EU-Kommissionspräsidenten Jose Manuel Barroso offen zur Sprache gebracht. Seiner Meinung nach könnte in Ländern wie Griechenland, Spanien und Portugal die Demokratie im Zuge dieser Staatsschuldenkrise kollabieren. In einem Treffen mit führenden VertreterInnen des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB) soll Barroso folgende Aussagen getätigt haben: „Schauen Sie, wenn die Regierungen diese Austeritätspakete nicht umsetzen, könnten diese Länder regelrecht verschwinden, in dem Sinne, wie wir sie als Demokratien kennen. Sie haben keine andere Wahl, so ist es uns nicht anders.“ Barroso soll dort auch von der Möglichkeit von „Volksaufständen“ gesprochen haben, wenn die Zinsen steigen und die öffentlichen Dienste zusammenbrechen, weil die Regierungen nicht mehr genügend Geld haben. Barroso sagt somit nicht mehr und nicht weniger, als dass wir auch in Europa in eine Periode von Revolution („Volksaufständen“) und Konterrevolutionen („Militärputschs“) eintreten. Noch sind wir erst am Beginn dieses Prozesses, doch die Worte von Barroso sind eine Andeutung dessen, was in Zukunft passieren könnte.

Stimmungsbarometer

Das politische System Griechenlands ist schon heute von einem ausgeprägten Glaubwürdigkeitsproblem gekennzeichnet. Das zeigt sich anhand der jüngsten Meinungsumfragen. Nur 18% der Bevölkerung unterstützen demzufolge die Politik der Regierung Papandreu. Die PASOK würde bei Wahlen auf nur noch 30-31% der Stimmen kommen. Die rechte „Neue Demokratie“ liegt sogar auf einem historischen Tiefstand von 20%. Trotz der unpopulären Politik der PASOK-Regierung kann die wichtigste bürgerliche Oppositionspartei also von dem großen Unmut in der Bevölkerung nicht profitieren. Und dies obwohl sie im Parlament aus populistischen Gründen gegen die Sparpakete gestimmt hat.

Die rechtsextreme Partei LAOS hält derzeit bei rund 5% und ist ebenfalls unfähig aus dieser Situation politisches Kapital zu schlagen. Dies erklärt sich nicht zuletzt dadurch, dass ihr Führer, Karatzaferis, die von der Regierung vorgeschlagenen Maßnahmen wie kein anderer befürwortet hat.

Die KKE steht bei 8-9%, was leicht über dem Ergebnis bei den letzten Parlamentswahlen liegt, wo sie 7,6% erhalten hat. SYRIZA liegt gar nur mehr bei 3,5% (2009 bei den Wahlen waren es 4,6%). Dieser Niedergang ist nicht zuletzt das Resultat eines schweren internen Konflikts, der zu einer rechten Abspaltung geführt hat. Doch mehr dazu weiter unten.

Was aber die Stimmung in der Bevölkerung am besten auf den Punkt bringt ist die hohe Zahl von NichtwählerInnen. 30% geben in diesen Umfragen an, dass sie keine der bestehenden Parteien wählen möchten.

Unter jungen Menschen nimmt die Radikalisierung weiter zu. Bei den Wahlen an den Universitäten im Mai erhielten die Listen der KKE und anderer linker Organisationen zusammen 30% der Stimmen, die PASOK kam auf 31% und die „Neue Demokratie“ auf 38%. Das ist das Ergebnis nach einer drei Jahren (2006-2009) andauernden Welle des Protests an den Unis. Seit einem Jahr jedoch herrscht dort relative „Ruhe“. Die Frontstellung im Kampf wurde von der ArbeiterInnenklasse eingenommen. Aber nachdem sich die wirtschaftliche Lage stetig verschlechtert sind massive Jugendproteste wie im Jahr 2008 jederzeit wieder möglich.

Wut und Empörung

In der ArbeiterInnenklasse herrschen Wut und Empörung über die herrschende Politik vor. Dies lässt sich in den Bars, in den Parks, überall, wo Menschen zusammenkommen, spüren. Die Bürgerlichen versuchen den Unmut nun zu kanalisieren, indem sie die öffentliche Aufmerksamkeit auf Korruptionsskandale von Spitzenpolitikern lenken, die bereits acht bis zehn Jahre zurückliegen. Die Ursache der Krise sei nicht in den Widersprüchen des kapitalistischen Systems zu suchen, sondern im Fehlverhalten einer korrupten Kaste von PolitikerInnen. Aufgeflogen sind bisher zwei ehemalige PASOK-Minister, darunter ein Vertreter des „linken“ Flügels, der selbst Unternehmen in Steueroasen besitzt und dadurch seinen Reichtum vor den griechischen Steuerprüfern versteckt. Ein anderer gab zu 1998 200.000 D-Mark von Siemens angenommen zu haben und erklärte gleichzeitig, dass es gängige Praxis bei Politikern sei Gelder „unter dem Tisch“ entgegen zu nehmen. Doch auch ehemalige Minister der „Neuen Demokratie“ ließen die Medien plötzlich auffliegen.

Diese Korruptionsfälle sind Zeichen für den parasitären Charakter des politischen Systems und des Kapitalismus in Griechenland im Allgemeinen. Doch sie sind nicht die eigentliche Ursache dieser Krise. Diese liegt einzig und allein in den Widersprüchen des Kapitalismus – in Griechenland und international.

Griechenland gehört zwar mittlerweile zu den entwickelten kapitalistischen Ländern dieser Welt, jedoch im Vergleich zu den Großmächten Deutschland oder Frankreich ist und bleibt es eine relativ rückständige Wirtschaft.

Das Problem der griechischen Bourgeoisie ist nicht so sehr ihr Hang zur Korruption, den wir ohnedies in allen anderen Ländern auch sehen, sondern ihre historische Unfähigkeit die griechische Wirtschaft wettbewerbsfähig zu machen. Die produktive Kapazität der Industrie, die technologische Entwicklungsstufe und die Arbeitsproduktivität sind nicht ausreichend um gegen die Konkurrenz auf den Weltmärkten dauerhaft bestehen zu können. Ohne Gelder durch staatliche Unterstützung, Spekulation, usw. könnte die griechische Bourgeoisie nicht überleben.

Griechenland ist eines der schwächsten Glieder in der Kette des globalen Kapitalismus, das in dieser Krise sogar zu brechen droht. Auf dieser Grundlage gibt es für die griechische Bourgeoisie nur einen Weg: massive Angriffe auf den Lebensstandard der ArbeiterInnenklasse, Ausgabenkürzungen, Entlassungen, etc. Ein zivilisiertes Leben ist unter diesen Bedingungen für die Masse der Bevölkerung nicht mehr gesichert. Schon in den letzten Wochen häuften sich Meldungen, dass es in den öffentlichen Spitälern Versorgungsengpässe bei grundlegender medizinischer Ausstattung (OP-Besteck, Verbandsmaterial usw.) gibt.

Griechenland steht noch immer vor dem Abgrund in Form eines Staatsbankrotts. Ein Rauswurf aus der Euro-Zone ist weiterhin im Bereich des Möglichen. Die Bürgerlichen stehen vor dem schier unlösbaren Widerspruch: Stabilisieren sie die Staatsfinanzen und die Wirtschaft dann destabilisieren sie die gesamte Gesellschaft und das politische System. Das führt direkt in noch heftigere Klassenauseinandersetzungen und neue Wellen von Streiks und Massenprotesten.

Regierung der nationalen Einheit?

Bisher konnte sich die griechische Bourgeoisie auf ein politisches System mit zwei Großparteien stützen, der “Neuen Demokratie” und der PASOK. Diese wechselten sich in den letzten Jahrzehnten immer wieder an der Regierung ab. Die schwere Krise beider Parteien stellt die Bourgeoisie vor ein veritables Dilemma. Ausdruck dieser Krise sind interne Konflikte in den Parteien, Abspaltungen inklusive. So gründete Dora Bakoyanni, die ehemalige konservative Außenministerin, nachdem sie aus der „Neuen Demokratie“ ausgeschlossen wurde, eine neue “liberale Zentrumspartei”, die sich als künftige Koalitionspartnerin für die PASOK anbieten würde. Die Bourgeoisie muss jedenfalls Vorkehrungen treffen für den Fall, wenn sich die PASOK nicht mehr an der Regierung halten kann. Die Idee einer „Regierung der nationalen Einheit“ könnte dann ins Zentrum der politischen Debatte rücken.

Die Spaltung der Synaspismos

Doch nicht nur im rechten Lager kam es jüngst zu politischen Turbulenzen. Das Spiegelbild der Entwicklungen in der “Neuen Demokratie” liefert die Spaltung der Linkspartei Synaspismos. Vier Mitglieder des Parlamentsklubs der Partei sind ausgetreten und unterstützen die Gründung einer neuen Partei. Sie stehen an der Spitze einer rechten Fraktion, die seit geraumer Zeit gegen den Linksruck der Parteiführung zu Felde gezogen war. Am letzten Tag des Parteikongresses verließen 300 der 1350 Delegierten den Saal und vollzogen dadurch die Abspaltung. Ihr Ziel war es Synaspismos für eine verstärkte Zusammenarbeit mit der PASOK zu positionieren und „regierungstauglich“ zu machen. Doch die Mehrheit der Parteibasis lehnte diesen Kurswechsel ab. Eine Spaltung war unter den konkreten Umständen unausweichlich. Ursprünglich stellte diese Fraktion in den 1990ern sogar die Führung der Partei. Doch seither ging die Partei und ihre Jugendorganisation deutlich nach links und wählte eine neue Führung.

Viele an der Basis sehen diese Spaltung sogar als Befreiungsschlag, nicht so aber der Parteivorsitzende Tsipras, der die Spaltung unbedingt verhindern wollte und auf dem Kongress deutliche Zugeständnisse an die rechte Fraktion zu machen bereit war. Er sprach plötzlich vom Ziel einer „progressiven Regierung“, d.h. einer Koalition mit PASOK, und nicht mehr von einer „linken Regierung“, so wie er es früher tat. Außerdem zeigte er sich bereit mit der Anhängerschaft des ehemaligen Vorsitzenden Alekos Alavanos im linken Wahlbündnis SYRIZA aufräumen zu wollen. Alavanos hatte einst die Partei Synaspismos zwar verlassen, formte aber am Wahlbündnis SYRIZA gemeinsam mit mehreren linksradikalen Gruppen einen Block. Doch all diese Zugeständnisse an den rechten Flügel verhinderten die Spaltung nicht. Aufgrund dieses Auftretens erhielt Tsipras bei den Wahlen zum Vorsitz auch nur 75% der Stimmen. 20% der Delegierten wählten ungültig. Ein weitgehend unbekannter linker Gegenkandidat, Giorgos Vlachogiorgos, kam mit seinen Forderungen nach Verstaatlichung der Banken, Stopp der Schuldenrückzahlungen usw. auf Anhieb auf 5%, obwohl er seine Kandidatur erst kurz vor dem Wahlgang bekannt gab. Bei den Wahlen zum Zentralkomitee erhielt die linke Liste rund um Panayiotis Lafazanis sogar 30%, die Liste von Tsipras erhielt 50% und die Überbleibsel der rechten Fraktion, die sich nicht abspalteten, kamen auf 17%.

Rückkehr zum Marxismus

Für die Parteilinke rund um Lafazanis war dieser Kongress ein wichtiger Schritt vorwärts. Lafazanis spricht sich offen für eine Rückkehr zum Marxismus, für eine offene Opposition gegen die kapitalistische EU, die er für unreformierbar hält, und für die Verstaatlichung der Banken aus. Im Parteistatut will er verankert sehen, dass das Ziel von Synaspismos der Aufbau einer revolutionär-marxistischen Partei sei.

Die MarxistInnen rund um die Zeitung “Marxistiki Foni” haben in den Debatten auf diesem Kongress interveniert und die Notwendigkeit einer marxistischen Perspektive erklärt. Sie stellten die Idee einer Einheitsfront von Synaspismos mit der KKE und einer Kampagne, die sich an die Basis der Gewerkschaftsbewegung richtet, vor.

In der kommenden Periode werden sich alle Klassen und politischen Kräfte auf die künftigen Klassenauseinandersetzungen vorbereiten. Die ArbeiterInnen kommen zu der Schlussfolgerung, dass nicht dieser oder jener Politiker das Problem ist, dass nicht dieses oder jenes Gesetz geändert werden muss, sondern dass es einen grundlegenden Kurswechsel benötigt. Die ArbeiterInnenklasse hat ihre Kampfbereitschaft unter Beweis gestellt, doch jetzt geht es darum eine revolutionäre Führung in der Bewegung zu etablieren, die die Klasse in den kommenden Kämpfen zum Sieg führen kann.


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