Die britische Regierung hat gestern ein brutales Sparpaket und die Erhöhung von Massensteuern beschlossen. Folgender Artikel wurde Anfang Juni geschrieben und erklärt die Hintergründe.

Nach der Wahl drohen so massive Einschnitte in allen Bereichen, dass die Regierung selbst damit rechnet, zur Unbeliebtesten aller Zeiten zu werden.
Nach den Wahlen zum britischen Unterhaus sind die konservativen Tories zwar die stärkste Fraktion, jedoch produzierte das Wahlergebnis ein sogenanntes „hung parliament“, in dem keine Partei die absolute Mehrheit hält. Dies ist genau das Gegenteil von dem, was sich die herrschende Klasse gewünscht hatte. Denn gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise bräuchte diese eine stabile Regierung um zu harten Angriffen gegen die Arbeiterklasse blasen zu können. Nachdem die Liberaldemokraten alle Prinzipien und Wahlversprechen über Bord warfen und ihr „radikales“ Gewand abstreiften, sind sie nun mit im Boot und wurden Juniorpartner in einer Koalition mit den Konservativen, die nun ganz im Sinne des „Big Business“ Politik machen wird.

Die letzte Labour-Regierung unter Gordon Brown wurde gehörig abgestraft und die Partei kam nur mehr auf 29 % der Stimmen. Dies ist eine deutliche Ohrfeige für eine Partei, die im Interesse der Finanzmärkte und nicht der Bevölkerung handelte. Doch interessanterweise fuhr

Labour in den Arbeiterbezirken hohe Gewinne ein. Es waren die klassenbewussten ArbeiterInnen, welche eine konservative Regierung verhindern wollten. Denn die Erinnerungen an den Thatcherismus sind noch immer in den Köpfen präsent.

Wo linke Labour-Kandidaten zur Wahl standen, vergrößerten diese ihren Stimmenanteil: John McDonnell bekam 2500 Stimmen mehr als bei der letzten Wahl, und Jeremy Corbyn steigerte sein Ergebnis um 8.000 WählerInnen. Dies bestätigt was MarxistInnen immer gesagt haben: linke Politik kombiniert mit dem Namen der traditionellen Massenpartei der Arbeiterklasse kann einen großen Einfluss haben. Vor nicht allzu langer Zeit waren die Medien voll mit Berichten über „Rassismus“ in Arbeitervierteln wie Barking und Daggenham. Dort siegte Labour klar über die rechtsextreme British National Party. Alle Versuche, eine Alternative links von Labour aufzubauen, sind gescheitert. In London z.B. verlor George Galloway, der einzige Parlamentarier von Respect, seinen Sitz an einen Labourkandidaten. MarxistInnen haben immer erklärt, dass die Masse der ArbeiterInnen sich immer zuerst ihrer traditionellen Partei zuwendet, wenn sie die politische Bühne betritt.

Sparpaket

Britannien hat mit £163 Mrd. in Relation zum BIP (nämlich 11,6%) das größte Defizit aller G7-Nationen. Um diese Lücke zu schließen, kündigte der neue Ministerpräsident Cameron bereits im Mai ein Sparpaket im Umfang von £6 Mrd. an. Unter anderem sollen bis zu 500.000 öffentlich Bedienstete in den nächsten Jahren ihren Job verlieren und die Löhne von 5 Millionen Beschäftigten im Staatssektor sollen eingefroren werden. Doch das ist erst der Anfang: Am 22. Juni plant die Regierung bekanntzugeben, wo die Axt für die restlichen £157 Mrd. angesetzt werden soll. Neben einer Erhöhung der Umsatzsteuer von 17,5% auf 21% wird das tiefe Einschnitte für die gesamte Arbeiterklasse bedeuten. Eine Explosion sozialer Konflikte steht bevor. Die herrschende Klasse ist sich dessen bewusst und bereitet die Polizei bereits auf die Verteidigung des Privateigentums vor. Paul McKeever, Vorsitzender des Polizeiverbandes, warnte bereits vor sozialen Ausschreitungen wie in den 1970er Jahren und vor griechischen Verhältnissen.

Die britische Arbeiterklasse wird sich für die anstehenden Klassenkonflikte rüsten müssen. In einem ersten Schritt werden sie deshalb versuchen, die Gewerkschaften und die mit diesen noch immer eng verbundene Labour Party zu Kampfinstrumenten umzuwandeln.

Manuel Reichetseder

Auf der Homepage unserer britischen GenossInnen Socialist Appeal finden sich aktuelle Analysen zum geplanten Sparpaket.


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