Über 1000 AntifaschistInnen protestierten am Samstag Abend in der Grazer Innenstadt gegen den Grazer Burschenschafterball. Anschließend kam es zu Blockaden, an denen sich rund 200 Personen beteiligten und die so manchen Burschenschaftern den Ballbesuch erschwerten. Eine Bilanz des Funke Graz.

Im Rahmen der Blockaden kam es zu kleineren Zwischenfällen: drei Mistkübel brannten, Farbbeutel wurden geworfen. Die bürgerliche Presse – allen voran die Kleine Zeitung, die im Vorfeld kräftig die Werbetrommel für den Ball rührte, sowie die Kronen Zeitung – nutzten die Gelegenheit, um vom Ball und der rechtsextremen Gesinnung der Burschenschaften abzulenken und schrieben eine angebliche „Randale“ herbei. Ihr Ziel ist klar: die antifaschistische Bewegung soll gespalten und diskreditiert werden.

Die erste offiziell angemeldete Demonstration gegen den Grazer Akademikerball ist geschlagen: Im Gegensatz zu den Vorjahren, wo es maximal zu Protesten kleiner versprengter Grüppchen kam, gab es diesmal eine breite Demonstration, die von der neu formierten Offensive gegen Rechts (OGR) Steiermark (wir berichteten: http://www.derfunke.at/theorie/antifaschismus/10122-offensive-gegen-rechts-jetzt-auch-in-der-steiermark ) organisiert wurde. Wie schon bei der Anti-Repressionsbewegung im vergangenen Jahr spielte der Grazer Funke eine wichtige Rolle in der Vorbereitung der Demonstration und zeigte eine starke und kämpferische Präsenz auf der Straße. Dass es gelungen ist, in der OGR Steiermark sämtliche linke Organisationen vom Funke über die Jugendorganisationen von KPÖ, SPÖ und Grüne bis zur Kurdischen Gemeinde, sowie Einzelpersonen aus dem autonomen Spektrum zu einem ständigen Bündnis zu vereinigen, kann als großer Schritt vorwärts in der antifaschistischen Arbeit betrachtet werden, die in Graz bisher von einem außerordentlichen Sektierertum und maximal flüchtigen Kooperationen geprägt war.

Der Funke setzte sich innerhalb und außerhalb des Bündnisses erfolgreich dafür ein, dass sich die Mobilisierung gegen die Demonstration auf die ArbeiterInnen und die Jugend stützt und dementsprechend die soziale Frage thematisiert wird. Bei der Abschlussrede der Demonstration von Natalie (OGR-Aktivistin und Funke-Unterstützerin) wurde dies deutlich ( https://www.youtube.com/watch?v=ZA2BsVdrm4Q ). Wie an den TeilnehmerInnenzahlen abzulesen ist, ging diese Strategie auf.

Der Erfolg versetzte das Grazer Bürgertum zunächst in eine Schockstarre: Der Ball, der im ganzen Stadtgebiet auf den Plakaten des „ballguides“ und in der Kleinen Zeitung beworben wurde und der zahlreiche SponsorInnen vorweisen konnte (der namhafteste Geldgeber darunter sicherlich die Brauerei Murauer) wurde zu einem wichtigen Thema in der Grazer Jugend und in den sozialen Medien. Ein Vortrag über die Geschichte und Rolle der Burschenschaften sprengte mit 200 TeilnehmerInnen sämtliche Erwartungen und auch die Kapazitäten des Hörsaals. Nach und nach ließen sich die SponsorInnen von der Unterstützungsliste streichen, bis als letztes unabhängiges Unternehmen nur noch Murauer übrig blieb, was zu einem regelrechten „Shitstorm“ gegen Murauer führte, in dem das Unternehmen auf Facebook mit bisher über 380 negativen Bewertungen bestraft wurde. Die Offensive gegen Rechts war ein voller Erfolg. Umso wichtiger war es den Bürgerlichen, gegen die Bewegung zurückschlagen zu können. Zwar blieb die von ihnen ersehnte Randale, mit der sie die Bewegung diskreditieren und spalten wollten, aus, das hinderte sie aber nicht daran, diese Randale herbeizuschreiben. Die Kleine Zeitung begann damit, hierbei ein Bild von Graz im Kriegszustand zu zeichnen. Einige der Vorwürfe (zum Beispiel eine zerbrochene Fensterscheibe) konnten beim Lokalaugenschein tags darauf nicht bestätigt werden. Dennoch befeuerte dieses falsche Bild in den Internetforen den wütenden Mob der reaktionären KleinbürgerInnen, die unverhüllt nach der Abschaffung des Demonstrationsrechts riefen und die DemonstrantInnen wüst beschimpften. Die Kronen Zeitung setzte dieser Kampagne gegen den Antifaschismus die sprichwörtliche Krone auf, indem in einem Kommentar gefordert wurde, man müsse die DemonstrantInnen „mit dem Wasserwerfer vom Platz spritzen“. Weiters möchte den Krone-KommentatorInnen „angesichts dieser schwachsinnigen Demos der Taschenfeitl (Taschenmesser, Anm.) im Sack aufspringen“. Die einzig richtige Antwort auf diese widerliche Hetze ist nicht die Distanzierung von einer imaginären Gewalt seitens der DemonstrantInnen, sondern die Vertiefung unserer antifaschistischen Arbeit. Diese kann aber, wie die Berichterstattung zeigt, nicht bei Demonstrationen und Blockaden aufhören, sondern fängt dort gerade erst an. Wenn wir das braune Gedankengut endgültig besiegen wollen, müssen wir alternative Medien wie den Funke aufbauen, um gegen die Deutungshoheit der bürgerlichen Zeitungen vorzugehen.

Wenn wir von Faschismus reden, dann dürfen wir aber nicht zum Kapitalismus schweigen. Denn dieses System wird aufgrund seiner krisenhaften Entwicklung immer wieder dazu führen, dass marginalisierte Bevölkerungsgruppen von der herrschenden Klasse dazu instrumentalisiert werden, gegen die Organisationen der ArbeiterInnenbewegung vorzugehen, um die Verwertungsbedingungen des Kapitals zu optimieren und die soziale Revolution zu verhindern. Unsere Aufgabe muss es sein, die gesellschaftlichen Ursachen von Rassismus und Faschismus zu bekämpfen.

Diesen Kampf werden wir selbstverständlich nicht gewinnen, indem wir ein paar Mülltonnen anzünden. Der Aktionskonsens der OGR, dass von den AntifaschistInnen keine Eskalation ausgeht, ist hierbei für die Bewegung gegen die Burschenschafterbälle richtungsweisend. Am Ballabend konnte insbesondere von Seiten der BallbesucherInnen Gewalt beobachtet werden: So versuchten zwei Burschenschafter gewaltsam, die friedliche Blockade an der sich Der Funke beteiligte, zu stürmen. Nur durch das Einschreiten der Polizei, die die Burschenschafter und ihre Begleitungen wegzerren mussten, konnten Verletzungen auf Seiten der DemonstrantInnen verhindert werden. Europaweit können wir ein erhöhtes Gewaltpotential der Rechtsextremen beobachten. So wurde nur einen Tag nach dem Akademikerball in Cremona (Italien) ein linkes Kulturzentrum von 60 Faschisten aus dem Umfeld von Casapound (einem der Vorbilder der hiesigen Identitäten) angegriffen, die einem Aktivisten lebensgefährliche Verletzungen zufügten. Wir werden uns von dieser Gewalt nicht einschüchtern lassen, sondern aus ihr Motivation für den Kampf um eine bessere Gesellschaft schöpfen. In den sich zuspitzenden sozialen Kämpfen heißt es einmal mehr: Sozialismus oder Barbarei!


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