Für Palästina-Solidarität sind die GenossInnen der Sozialistischen Jugend in Vorarlberg und im Bezirk Wien-Alsergrund ins Kreuzfeuer der bürgerlichen Medien geraten und werden nun von der eigenen Partei mit dem Ausschluss bedroht. Wir veröffentlichen Stellungnahmen der jeweiligen Vorsitzenden, Sonja Kopf (Vorarlberg) und Martin Halder (Alsergrund).

SJ Vorarlberg

Nachdem wir ein Statement des „Funke“ auf Instagram teilten, mit dem wir uns klar auf der Seite der Unterdrückten in Palästina positionierten, gab es eine Welle an Entstellungen, Verleumdungen und falschen Vorwürfen von Seiten der bürgerlichen Medien. Der ORF Vorarlberg berichtete als erstes und behauptete, wir hätten „die Angriffe der Hamas auf Israel als revolutionäres Mittel verteidigt“.

Das ist eine glatte Lüge, die nur auf extreme journalistische Schlampigkeit oder bewusste Böswilligkeit zurückzuführen ist. Wir lassen uns – auch nicht implizit – Antisemitismus vorwerfen. Folgerichtig löschte der ORF sein Posting später wieder und veröffentlichte eine Richtigstellung. Im Anschluss berichtete die gesamte österreichische Medienlandschaft (Standard, Presse, Kurier, der Boulevard ...) zeitgleich über die Postings der SJ Vorarlberg. Nicht wenige rücktes uns dabei – implizit oder explizit – in die Nähe der Hamas. Über die Medien wurden uns auch Ausschlussdrohungen seitens der SPÖ ausgerichtet. Erst am nächsten Tag wurden wir darüber informiert, dass der Vorstand ein Schiedsgerichtsverfahren zum Ausschluss aus der Partei eröffnet hat. Die SPÖ erhofft sich so, die Thematik aus der medialen Öffentlichkeit zu verbannen und still und heimlich vom Tisch zu bekommen.

Wir halten noch einmal fest: Wir stellen uns gegen die Unterdrückung der Palästinenser durch den israelischen Staatsapparat. Wir verwehren uns dagegen, dass die Situation isoliert seit dem Angriff der Hamas vom 7. Oktober betrachtet wird: Ohne die jahrzehntelange Unterdrückung gäbe es heute keinen Krieg. Wir lehnen die Ideologie und die Methoden der Hamas ab. Wir stehen politisch für eine freiwillige sozialistische Föderation des Nahen Ostens, in der alle Völker und Religionen frei von Unterdrückung und Ausbeutung leben können – was dadurch ermöglicht wird, dass die Arbeiter aller Nationen und Religionen, arabische und israelische, jüdische, muslimische und christliche, sich gemeinsam durch eine Revolution befreien. Das ist der Inhalt des Statements, das wir verbreiteten, und das ist auch die Position, die die Arbeiterbewegung insgesamt einnehmen sollte.

Was daran ausschlusswürdig ist, ist für uns nicht nachvollziehbar und wurde uns leider auch nicht mitgeteilt. Die SPÖ-Führung verabsäumt es, die öffentliche Debatte und den nationalen Schulterschluss in bedingungsloser Solidarität mit dem israelischen Staatsapparat aufzubrechen und sich auf die Seite der Unterdrückten zu stellen. Stattdessen macht sie hetzerische Schlagzeilen und Falschdarstellungen der politischen Konkurrenz zur Grundlage ihres Handelns.

Wir lassen uns aber nicht den Mund verbieten und kämpfen dagegen, dass Solidarität mit dem palästinensischen Volk in der SPÖ und der medialen Öffentlichkeit zum Tabu stilisiert wird. Wir lassen uns weder von Ausschlussdrohungen, noch durch Streichung von Förderungen einschüchtern. Wir lassen uns nicht mundtot machen und werden mit allen Mitteln gegen Ausschlüsse und für das Recht kämpfen, unsere Meinung sagen zu dürfen!

Das sehen viele so. Auf Social Media, am Telefon und mit zahlreichen Mails (mittlerweile sind es fast 100) zeigen sich GenossInnen mit uns solidarisch, protestieren gegen unsere Ausschlüsse und tun das, was die ureigenste Aufgabe von SozialistInnen wäre: Sich auf die Seite der Unterdrückten, in diesem Fall auf die der Palästinenser, zu stellen. (Ein Exemplar haben wir unten abgedruckt. Anm. d. Redaktion.)

Schreib auch du ein Mail, um gegen die angekündigten Ausschlüsse zu protestieren an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! und setz uns (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!) in CC!

SJ Alsergrund

Der Marxismus hat sich immer gegen nationale Unterdrückung ausgesprochen, das ist die historische Position der Sozialdemokratie (siehe das Hainfelder Programm unter Victor Adler) und wir verteidigen sie. Im Nahostkonflikt bedeutet das, dass wir uns gegen die jahrzehntelange Unterdrückung und Vertreibung der Palästinenser durch den israelischen Apartheidstaat stellen, die in den letzten Monaten massiv intensiviert wurde. Das ist auch der Grund, warum wir an den Solidaritätsdemos gegen den Krieg im Gazastreifen teilnehmen.

Das haben antideutsche Kreise mit offensichtlich guten Medienkontakten zum Vorwand genommen, uns als „Antisemiten“ und „Hamas-Unterstützer“ zu verleumden. Auf Zuruf dieser Leute reagiert die SPÖ und geht, ohne mit uns eine politische Diskussion geführt zu haben, nun gegen uns vor und will uns ausschließen.

Die Vorwürfe, wir betreiben „aggressiven Antisemitismus“ und ein Sprecher von uns würde die „Auslöschung“ des israelischen Staates fordern, weisen wir aufs Schärfste zurück. Man wird keine Rede oder Stellungnahme finden, in der von uns nicht absolut klargestellt wird, dass wir für eine freiwillige, sozialistische Föderation des Nahen Ostens eintreten, in dem alle Völker und Religionen in Frieden leben können. Auch besagter Genosse stellte öffentlich klar: „Israel hat ein Existenzrecht. Gleichzeitig hat es kein Recht, andere Nationen zu besiedeln, besetzen oder zu annektieren.“

Dieser internationalistischen Position Antisemitismus unterzuschieben, ist eine dreiste Unterstellung und verfolgt eine politische Agenda, was auch der zweite Ausschlussgrund zeigt. SP-Bezirksgeschäftsführer Mauerer zufolge lasse sich nämlich per se die „kommunistische Ideologie nicht mit der Sozialdemokratie vereinbaren“.

Das ist eine offene Kapitulation vor den Bürgerlichen, die seit der Kandidatur von Andi Babler zum Parteivorsitz extremen Druck ausüben und fordern, dass die Sozialdemokratie eine Position nach der anderen räumt (EU, Marxismus, Koalitionsfrage, selbst Tempo 100). Jetzt fordert die ÖVP Wien sogar eine Distanzierung des Wiener Bürgermeisters vom Parteichef Babler. Es ist nicht schwer zu durchschauen, dass die Bürgerlichen nur einen Vorwand suchen und mit medialem Dauerbeschuss die SPÖ unter Druck setzen wollen. Mit unserer Position zum Nahostkonflikt hat das wenig zu tun und daran wird sich auch nichts ändern, wenn man uns ausschließt. Die SPÖ soll sich seinen „linken Rändern“ entledigen und so fit gemacht werden für eine Koalition mit der ÖVP, um die Krise auf die Arbeiterklasse abzuwälzen. Das ist das eigentliche Ziel der Bürgerlichen.

Funke-UnterstützerInnen sind seit Jahrzehnten ein Teil der SPÖ und speziell der SPÖ Alsergrund. Der Marxismus ist seitjeher Bestandteil der Arbeiterbewegung. Wir sind immer konsequent und offen für kommunistische Ideen eingetreten. Wenn nun der Kommunismus – das Eintreten für eine Welt frei von Ausbeutung und Unterdrückung – zum Ausschlussgrund erklärt wird, ist das in Wirklichkeit ein Angriff auf alle Linken in der Partei, deren Gründer sich in der Tradition von Marx und Engels selbst als Kommunisten verstanden haben. Hier werden die elementarsten Grundlagen der Parteidemokratie mit Füßen getreten.

Wir stellen uns gegen diese Angriffe und fordern alle Mitglieder auf, sich uns dabei anzuschließen.

(Funke Nr. 218/25.10.2023)


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