Lehrlinge. Im Alter von 15 ändert sich unser Leben radikal. Raus aus der Bildung, hinein in die Produktion. Thomas Appler beschreibt die Situation von Lehrlingen in der Metallindustrie.
Wir sind nun ein kleines Glied in einer riesigen Weltwirtschaft. Aus den Medien hört man nur Flüchtlingsflut und Asylproblem. Konkurrenzkampf und Zwang zu Überstunden belasten den Alltag, doch jeder geht mit seinen Problemen anders um und die meisten behalten sie stumm für sich. Mit der Angst davor nicht gut oder stark genug zu sein überlassen sie jenen die Kontrolle, die sich über uns stellen. Dies ist das einfache Rezept für eine kommende FPÖ-ÖVP oder welchen politischen Ausdruck auch immer unsere scheinbar ungehemmte Ausbeutung in Zukunft annehmen wird. Alle fühlen wir uns verraten.
Der Betriebsrat weiß immer am besten Bescheid um die Unmöglichkeiten die er argumentiert, sofern er sich überhaupt in der Halle blicken lässt. Er schwört uns auf eine Mini-Lohnerhöhung ein, das Rohöl sei so billig! Die Regierung ist sich ihrer kommenden Wahlniederlage gewiss.
Es hat sich alles verändert und gleichzeitig ist alles noch beim Alten. Denn das Rohöl bezahlt immer noch nicht unsere Kredite und das erste was uns in den Sinn kommt ist weder die Gewerkschaft noch jegliche Art von Protest, sondern Überstunden machen und die Erhöhung der eigenen Leistung.
Die Industrie und ein Heer von Arbeitslosen
Im Schichtleiterbüro liegt ein Leasingarbeiter-Katalog mit Bild, Name, Alter, Herkunft und den letzten Arbeitsverhältnissen. Es gibt kein Vorstellungsgespräch, es werden nur die Namen, jener, die für die nächste unbestimmte Zeit in der Firma eingestellt werden, telefonisch durchgegeben. Der Mensch dient dabei nur als Ware, um die Profitlogik der Unternehmen zu verwirklichen. Mit 450 000 Arbeitslosen gibt es genug Bewerber, die angestellt, entlassen und ausgetauscht werden können. Ein Leasingarbeiter hat dadurch kein Recht auf Arbeit, er hat höchsten eine vage Hoffnung darauf. Das schreckt jeden davor ab, seinen Arbeitsplatz zu gefährden oder es fehlt einfach die Zeit, um organisiert kollektiven Widerstand zu leisten.
Die Solidarität formt unsere Zukunft
Es gibt Facharbeiter die sich mit einem lauten „Heil“ und der ausgestreckten Hand grüßen, während sie über angebliche Judenverschwörungen debattieren. Dieselben wiederum setzen sich im Personalbüro für die Erfassung aller Überstunden, der fast ausnahmslos migrantischen Hilfsarbeiter ein. Es wird jeder und jede an den Maschinen so akzeptiert wie er und sie ist und auch gerne mal der halben Abteilung ein Kaffee ausgegeben. Diese Solidarität und das gegenseitige Vertrauen innerhalb der Firma hat eine solide Basis, trotz alledem! Sie muss viel weiter getragen werden. Wir sind nicht alleine, denn jeder Handgriff ist nur so viel wert wie der, der anderen. Das ist unsere Welt, die wir durch unsere Arbeit formen. Wir sollten sie in die Hand nehmen und nach unseren Vorstellungen und Bedürfnissen verändern und nicht nach den Regeln eines Systems leben, das aus „uns“ „ich gegen die anderen“ macht.
Marxist in der Halle
Zuhören und sagen was ist, helfen die gemachten Erfahrungen zu verallgemeinern, die veröffentliche Meinung kritisieren, Ungerechtigkeiten und Selbstschädigungen ansprechen. Das Kommunistische Manifest und den Funke mit den interessiertesten Kollegen lesen und diskutieren. Organisierend wirken. Geduldig sein. Wir lernen hier für und mit dem Leben.