Am 15.3.2019 traten in ganz Österreich zehntausende Schülerinnen und Schüler in den Streik und gingen in 12 Städten auf die Straße. Eine Analyse von Florian Keller.
>>>Berichte aus Schulen und Fotos von den Streiks findet ihr HIER.
Diese Streiks wurden teilweise gegen massive Widerstände organisiert. In Vorarlberg etwa machte die Landesschulrätin nur wenige Tage vor dem Streik deutlich, dass es sich beim Fernbleiben vom Unterricht wegen einer Schülerdemonstration „nach nochmaliger Rücksprache mit der Schulrechtsabteilung des Unterrichtministeriums um keine gerechtfertigte Verhinderung“ handelt. In Steyr wollte das Magistrat 300€ von den SchülerInnen um eine Demo zu genehmigen – nachdem sie das Geld nicht rechtzeitig auftreiben konnten, fand die Demo nicht statt.
Insbesondere unter diesen Umständen ist die Mobilisierung ein gewaltiger Erfolg. Viele tausend Schülerinnen und Schüler waren am 15. März zum ersten Mal auf der Straße und konnten ihre kollektive Kraft spüren, wie die begeisterte Stimmung auf den Demonstrationen zeigte. An dieser Erfahrung gilt es anzusetzen.
Doch in Bezug auf die politischen Forderungen legten die VeranstalterInnen der Demonstration insbesondere in Wien sehr großen Wert darauf, dass keine Slogans „gegen die Regierung“ gerufen und auch keine möglicherweise auftretenden PolitikerInnen ausgebuht werden sollten. Vor den Ministerien, die an der Demoroute lagen, wurden Petitionen übergeben. Die Hauptslogans der VeranstalterInnen waren unter anderem „Wir streiken, bis ihr handelt“ oder „Act now“.
Mit dieser Herangehensweise droht die Bewegung, zur Bittstellerin bei Konzernkanzler Kurz und Klimawandelleugner Strache degradiert zu werden. Und diese haben nicht das geringste Interesse daran, etwas an ihrer Politik zu ändern. Der Versuch von Ministerin Köstinger, die Bewegung zu vereinnahmen, indem sie sich dafür bedankte, dass die demonstrierenden Schülerinnen und Schüler „uns in diesem Kampf für mehr Klimaschutz auch unterstützen“, ist lächerlich und völlig durchsichtig, aber in Bezug auf die Führung von „Fridays for Future“ letztendlich nur folgerichtig.
Ein Appell an eine Regierung, die nicht einmal im Traum daran denkt etwas zu ändern, bedeutet in einem logischen nächsten Schritt den Rückzug auf reine Symbolpolitik. Dieser Widerspruch zwischen dem entschlossenen Kampf von unten und einem Appell nach oben zeigte sich am 15. März in einem Fall schon in einer Spaltung der Bewegung: Der Schülerstreik in Graz, der unter Führung von KJÖ, Funke und der Jungen Linken organisiert wurde, fand keinerlei Erwähnung auf der offiziellen Homepage von Fridays for Future, stattdessen wurde ein symbolisches Lichtermeer am Abend (federführend organisiert von der SJ und Progress) beworben - in den Worten von FfF: „Diesmal leider erst abends ab 18:30 weil der Antenne Schulskitag uns darin hindert die Schule vormittags zu streiken (sic!).“
Am 15. März setzte sich gesamthaft letztendlich der Enthusiasmus der streikenden SchülerInnen durch, die Ablehnung der herrschenden Politik wurde deutlich gezeigt: Vor den Ministerien wurde aus vollen Kehlen gebuht, ein sehr prominenter Slogan war „Streik in der Schule, Streik in der Fabrik, das ist unsre Antwort auf eure Politik“ und vereinzelt wurden auch direkt Parolen gegen die Regierung gerufen. Doch es zeigt sich immer mehr: Der Kampf gegen den Klimawandel ist nicht zuletzt der Kampf um die richtigen Perspektiven der Massenbewegung, die sich im Moment entwickelt. Wir sagen: Den Klimawandel können wir stoppen, indem wir die Großkonzerne die ihn verursachen enteignen, und die Regierung(en), die sich schützend vor sie stellen, durch eine Massenbewegung der ArbeiterInnen und Jugend gestürzt werden.
Berichte aus Schulen und Fotos von den Streiks findet ihr HIER.
(Funke Nr. 172/April 2019)