Eine Lehrerin berichtet, was die Sicherheitsmaßnahmen an der Schule (nicht) bringen. „Dazu kann man nur sagen: Nicht Genügend, setzen!"

Eines vorab: Ich bin Lehrerin der Oberstufe und mag meinen Beruf sehr. Das Homeoffice im letzten Schuljahr hat für mich wesentlich mehr Arbeit bedeutet als der direkte Unterricht face-to-face. SchülerInnen und Eltern haben sich geplagt, vor allem jene aus den sogenannten „bildungsfernen Schichten“. Und ja, ich habe den direkten Kontakt vermisst. Dieses Schuljahr sind wir also face-to-face gestartet; und zwar so, als gäbe es trotz steigender Fallzahlen keine Pandemie. Bedenken wurden mit dem Vorwurf „Ihr LehrerInnen wollt doch nur wieder Corona-Ferien!“ abgetan. Es hätte aber auch abseits einer kompletten Schließung (die übrigens alles andere als Ferien bedeutet) sinnvolle Maßnahmen gegeben: genügend zusätzliches Personal etwa, gratis FFP2-Masken für alle, externe Räumlichkeiten oder ein Mix aus Schichtbetrieb, der mehr Abstand ermöglicht und Betreuung für die Jugendlichen, die sie tatsächlich brauchen. Was aber ist die Realität?

Trotz aller Bemühungen einer wirklich kompetenten Schulleitung und all meines Willens zu einer entspannten Haltung sitzen wir mit 28-33 teils verängstigten Leuten in viel zu kleinen Räumen einer riesigen Schule, wo wir jeden Tag Kontakt zu hunderten SchülerInnen der Oberstufe haben. Laut Studien haben sie dieselbe Viruslast wie Erwachsene, aber bezeichnenderweise werden sie nicht zu den überall gepriesenen Schultestungen zwecks weiterer Maßnahmen herangezogen. Dabei würden nämlich, das zeichnet sich schon jetzt ab, üble Zahlen herauskommen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Stattdessen heißt es: Lüften und hinausgehen. Weil das ja so einfach ist. Wo ein Staat Maßnahmen umsetzen sollte, wird jegliche Verantwortung auf Individuen abgeschoben.

Das Lüften ist bei dem Verkehrslärm rund um eine städtische Schule ohne nahe Grünflächen ein schlechter Scherz. Am Gang und im Konferenzzimmer ist in unserem beengten Haus auch Körperkontakt oft unvermeidbar. Manche Jugendlichen tragen die Masken im Unterricht freiwillig, manche tragen sie draußen falsch. Ich muss Letztere darauf hinweisen, obwohl ich tief in mir weiß, dass man die Sinnhaftigkeit der Maßnahmen nicht leicht verstehen kann, wenn man gleichzeitig jeden Tag stundenlang zusammengepfercht mit KlassenkollegInnen dasitzen muss. Es gibt jeden Tag neue „Fälle“, ein ständiges Unwohlsein, aber die Regierung schwadroniert von einer Rückkehr zur Normalität und geht davon aus, dass jede/r Lehrer/in nur Kleinkinder unterrichtet, „von denen ja eh nicht so viele ernstlich erkranken“. Das ist an Zynismus und Ignoranz kaum zu überbieten.

Ich folge jedenfalls lieber wissenschaftlichen Tatsachen als rücksichtsloser Politik und bin gespannt, wie lange ich mit der FFP-2-Maske durchhalte. Nach 6 Stunden Tragezeit bin ich schon ziemlich geschafft. Ich will nicht krank werden und vor allem nicht meine Eltern, die zur Risikogruppe gehören, anstecken und ich habe ein ganz, ganz ungutes Gefühl, das ich vor den SchülerInnen gekonnt überspiele, was aber auch emotional Kraft kostet. Ihnen geht es nicht anders als mir. Auch sie haben Angehörige und sind um deren und ihre eigene Gesundheit besorgt. Ob sie politisch irgendwann als Sündenböcke für eine Eskalation bei den Ansteckungen dienen? Ob man ihnen ihr aktives Sozialleben vorwerfen wird? Oder den LehrerInnen wieder ihr „Gesudere“ einer ohnehin „privilegierten Berufsgruppe?“ Wahrscheinlich. Schuld ist aber, das möchte ich betonen, einzig und allein die Regierung, die es nicht geschafft hat, für Bildung und Gesundheit Geld in die Hand zu nehmen. Das ist nicht neu, aber es wirkt sich jetzt tragischer aus als je zuvor. Die Corona-Politik an Schulen ist eine ganz schwache Leistung. Dazu kann man nur sagen: Nicht Genügend, setzen!


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