Das älteste Jugendhaus Österreichs in Feldkirch (Vorarlberg) wurde unter dem Vorwand der Baufälligkeit geschlossen. Jetzt ist u.a. ein schickes Restaurant für zahlungswillige Kunden drin. Von Sonja Kopf.

Das Graf Hugo, das ältestes Jugendhaus Österreichs, war über 40 Jahre lang in einem wunderschönen Altbau im Herzen von Feldkirch (Vlbg) gelegen. Könnten die Wände dieses Hauses sprechen, hätten sie sicherlich einiges zu erzählen über die vielen jungen Menschen, die hier einen Raum fanden, um ohne die Zwänge von Konsum und Gesellschaft erwachsen zu werden. Auch der Funke und seine jungen GenossInnen hatten hier für lange Zeit ein Zuhause gefunden.

Ende 2019 musste das Graf Hugo in der Widnau 10 schließen und in ein neues Gebäude, viel weiter außerhalb gelegen, umziehen. Der Grund: Der Eigentümer des Gebäudes, die Arbeiterkammer, legte ein Gutachten vor, laut dem das Haus so baufällig wäre, dass der Erhalt unmöglich wäre und es trotz Denkmalschutz abgerissen werden müsse. Das heutige Jugendhaus in der Reichsstraße ist weitab vom Zentrum und könnte unpersönlicher und ungemütlicher kaum sein.

Graf Hugo Neu quadratisch

Der Raubzug gegen die Jugend ging weiter, mit der Einverleibung der Offenen Jugendarbeit in die Stadtverwaltung unter ÖVP-Regierung. So wurde die Jugend nicht nur aus der Stadt vertrieben, sondern gleich unter die direkte Kontrolle der Politik gebracht. Jeder einzelne dieser Schritte war ein unverhohlener Angriff auf die Jugend und keinen davon haben wir uns widerstandslos gefallen lassen: Über Jahre hinweg kämpften wir gemeinsam mit der Sozialdemokratie und der Initiative „Graf Hugo bleibt!” auf Demos und im Gemeinderat gegen diesen Raubzug.

Diesen Kampf hat die Jugend am Ende verloren, und es zeigt sich: Wo Profit ist, da ist auch ein Weg, denn mit dem Abriss des Gebäudes in der Widnau 10 war es, nachdem das Jugendzentrum ausgezogen war, nämlich plötzlich doch nicht mehr so eilig. Die AK steckte 4,5 Millionen in die „behutsame Revitalisierung“. Jetzt ist dort die „Schaffarei” mit einem Co-Working Space samt Szene-Gastronomie. Im einstigen Jugend-Café ist ein schickes Restaurant, der legendäre Graf Hugo Keller wurde zum Szene-Klub. So wurde aus einem Ort für alle, ein Ort für jene mit dem notwendigen Kleingeld.

(Funke Nr. 195/1.7.2021)


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