Am vergangenen Wochenende fand die 60. Landeskonferenz der Sozialistischen Jugend Oberösterreich statt. Der ohne Abänderungen mehrheitlich angenommene Initiativantrag der SJ Linz/Römerberg „Die Verschärfung der Krise und die Aufgaben der SozialistInnen“ fordert u.a. die Ablehnung des Euro-Rettungsschirms und die Verstaatlichung der Banken und Schlüsselindustrien unter Kontrolle der Beschäftigten.

Einem weiteren Antrag der SJ Linz/Römerberg ("Aktionsprogramm der Sozialistischen Jugend gegen die drohenden Sparpakete") wurden durch einen Abänderungsantrag der SJ Bezirksorganisation Linz die Zähne gezogen. Im ersten Paragraphen wurde die Forderung, dass die SJ öffentlich gegen Sparpläne auftritt durch eine Formulierung ersetzt, die lediglich eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den konkreten Sparplänen einfordert. Eine weitere Streichung (siehe Paragraph 4) wurde bereits durch die Antragsprüfungskommission vorgenommen. Interessehalber veröffentlichen wir diesen Antrag im Original.

Als letzten Antrag veröffentlichen wir die Leitresolution (eingebracht vom SJ OÖ Landesvorstand), die sich mit den weltweiten sozialen Protestbewegungen solidarisiert.

Genosse Stefan Proksch (SJ Römerberg) wurde in den Landesvorstand der SJ OÖ gewählt.


Initiativantrag: Die Verschärfung der Krise und die Aufgaben der SozialistInnen
SJ Linz/Römerberg

In ihrer Reaktion auf die Wirtschaftskrise haben die Bürgerlichen eine Dynamik eingeleitet, die sie zwingt, immer abenteuerlichere Maßnahmen zu ergreifen, um einen unmittelbaren Zusammenbruch des Wirtschaftssystems zu verhindern. Zunächst erhöhten alle Staaten weltweit massiv ihre Staatsausgaben. Für Länder, in denen es keine konjunkturelle Erholung gab, wurde ein Rettungsschirm eingerichtet, um den Euro an den schwächsten Stellen abzudichten – in der Hoffnung, dass sich die Konjunktur bald wieder erholen würde. Spätestens im Juli dieses Jahres wurde klar, dass der nächste Einbruch der Konjunktur bevorsteht und die Größe des Rettungsschirms nicht ausreicht. Noch während die Auseinandersetzungen in den nationalen Parlamenten zu einer weiteren Aufstockung der Staatsgarantien laufen, stellt sich heraus, dass auch diese Maßnahme nicht ausreichen wird. Auf Kommissionsebene werden Vorbereitungen getroffen, um den Rettungsschirm weiter auszudehnen bzw. gemeinsame Anleihen, sogenannte Euro-Bonds, einzuführen.

Diese Entwicklungen haben höchste politische Sprengkraft. Um die Finanzmärkte günstig zu stimmen, verlangen die Regierungen der wirtschaftlich stärkeren Euro-Länder, allen voran Deutschland, die Wirtschaftspolitik der angeschlagenen Staaten bestimmen zu können. Somit werden die Angriffe auf die Arbeiterklasse in diesen Staaten unter der direkten Kontrolle der Gläubigerstaaten durchgeführt. Das wird die Illusion einer friedlichen europäischen Einigung, wie sie von den Bürgerlichen in den letzten Jahrzehnten geschürt wurde, vollkommen zerstören und das Aufkommen nationalistischer Kräfte befördern.

In der nächsten Phase muss die bisherige Strategie der Bürgerlichen (weitere Aufstockung des Rettungsschirms, Kapitalspritzen für private Banken usw.) scheitern. Für diesen Fall bereitet sich die EU-Kommission bereits offen vor. Sie bereitet Gesetze zur Notverstaatlichung von Banken vor. Gleichzeitig werden die Staaten ihre Sparpolitik verschärfen und die Unternehmen auf Betriebsebene die Schrauben anziehen. Um den Zorn der Bevölkerung zu besänftigen, ist es wahrscheinlich, dass auch die Bürgerlichen symbolischen Vermögenssteuern und Finanztransaktionssteuern zustimmen müssen.

Wir SozialistInnen dürfen uns vom ideologischen Sieg über den „Neoliberalismus“ nicht blenden lassen: Durch diese Maßnahmen soll das kapitalistische System als Ganzes stabilisiert werden. Die verstaatlichten Banken werden weiterhin im Interesse der Privatwirtschaft geführt werden. Die Entsendung von staatlichen VertreterInnen in die Aufsichtsräte der Banken bedeutet keine „Demokratisierung“ (siehe Hypo-Alpe Adria, Kommunalkredit usw.).

Wir stehen für die vollständige Verstaatlichung der Banken und Schlüsselindustrien (OMV, voestalpine, Telekom, usw.) Doch das alleine reicht nicht: Der bürgerliche Staat ist und bleibt der Staat des Kapitals. Der Staat wird ein neues Management einsetzen, welches des Betriebsregime straffen und die maroden Betriebe auf Kosten der Belegschaften sanieren wird. Unsere Aufgabe ist es, den Gedanken in die Betriebe zu tragen, dass hier der Ort ist, an dem die Staatsmacht gebrochen werden muss. Die Beschäftigten müssen mittels demokratisierter Betriebsräte die Verwaltung der Betriebe selbst in die Hand nehmen. Wir stehen dafür, dass diese Betriebe nicht nach Profitkriterien, sondern nach den Bedürfnissen der Menschen geführt werden.

Die EU ist ein reaktionäres Projekt des Kapitals, dessen Charakter im Zuge der Krise immer offener zu Tage tritt. Das bedeutet: Keine Zustimmung zu Euro-Rettungsmaßnahmen, weil diese immer mit Angriffen auf den Lebensstandard der Arbeiterklasse, sowohl in den Gläubiger- als auch in den Schuldnerstaaten, verbunden sind. Wir stehen für eine echte europäische Einigung, die nur durch die Arbeiterklasse erkämpft werden kann.


Aktionsprogramm der Sozialistischen Jugend gegen die drohenden Sparpakete
SJ Linz/Römerberg

1. Wo immer Sparpläne bekannt werden, sei es auf Bundes-, Landes- oder kommunaler Ebene, tritt die SJ öffentlich dagegen auf, indem sie Presseaussendungen verfasst bzw. Pressekonferenzen einberuft. Um Klarheit über die Methoden und Slogans zu schaffen, mit denen die SJ in diese Auseinandersetzung tritt, wird rechtzeitig ein Landesvorstand bzw. Landesausschuss einberufen.

2. Sobald die Einschnitte konkrete Gestalt annehmen, versucht die SJ über ihre Orts- bzw. Bezirksorgane Kontakt mit den Betroffenen herzustellen. Sind von den Einsparungen Beschäftigte öffentlicher Betriebe betroffen, so wenden wir uns an die Belegschaften und deren Betriebsräte. Wir schlagen vor, eine Betriebsversammlung bzw. eine Betriebsrätekonferenz aller betroffenen Betriebe einzuberufen. Finden diese statt, versuchen wir durch eine Rednerin oder einen Redner vertreten zu sein. Zudem sorgen wir dafür, dass die Anliegen der Beschäftigten in der Öffentlichkeit Gehör finden.

3. Wo immer Mitglieder der SJ mit Sitz und Stimme in Gremien vertreten sind, welche Beschlüsse zu öffentlichen Finanzen fassen, stimmen die Vertreter der SJ gegen jegliche Mehrbelastungen für die arbeitende Bevölkerung. Um diesen Genossinnen und Genossen den Rücken zu stärken, organisieren wir öffentliche Veranstaltungen, auf welchen wir erklären, warum wir gegen die geplanten Sparmaßnahmen sind und warum sich unsere Genossin bzw. unser Genosse dementsprechend positionieren wird.

4. In unserer Argumentation stehen folgende Gedanken im Vordergrund: Solange es jemanden gibt, der dem Staat Geld borgen kann, so lange gibt es auch jemanden, der besteuert werden kann. Deshalb: Für eine substanzielle und progressive Besteuerung von Vermögen und Kapitaleinkünften! Mit der ÖVP als einer Partei, in der Bankdirektoren und Industrielle den Ton angeben, ist eine Vermögenssteuer, die tatsächlich an den Vermögensverhältnissen in Österreich rührt, nicht durchsetzbar. Für einen Bruch der Koalition mit der ÖVP und eine breite Mobilisierung gestützt auf die Gewerkschaften für eine SPÖ-Alleinregierung fortschrittliches sozialistisches Programm. Für die Verstaatlichung der Banken, um die Besteuerung der Vermögenden auch wirklich durchsetzen zu können und Investitionen im Sinne der Bevölkerung zu tätigen.


Make Capitalism History! Solidarität mit den weltweiten sozialen Protesten!
Leitresolution: Landesvorstand

„Solidarität ist die Zärtlichkeit der Völker!“ Che Guevara

Die Bewegung „Echte Demokratie“ in Spanien, die Bildungsproteste in Chile, die Jugendunruhen in London, Massenproteste in Israel – immer mehr Widerstand regt sich gegen ein Wirtschaftssystem, das gerade Jugendliche benachteiligt, um den Gewinn einiger Wenige zu sichern.

Ähnlich den Bildungsprotesten in Österreich gehen in Chile seit Monaten immer wieder Zehntausende SchülerInnen und Studierende gemeinsam mit den Gewerkschaften auf die Straße. Sie fordern mehr staatliche Investitionen in das Bildungssystem und einen freien Zugang zu einer qualitativ hochwertigen Bildung. Hintergrund ist, dass unter der Militärdiktatur Pinochet die Verantwortung für die Schulen den zum Teil hochverschuldeten Gemeinden überlassen wurde. Gleichzeitig förderte man Privatschulen, führte hohe Studiengebühren ein und schaffte so eine Segregation im Bildungszugang. Auch in der chilenischen Kupferindustrie streikten 17.000 MinenarbeiterInnen gegen die Privatisierungspläne der Regierung für die Kupferindustrie.

In Spanien stand die Bewegung der „Empörten“ gegen die unvorstellbare Jugendarbeitslosigkeit auf. Den gegenwärtigen Parteien und demokratischen Einrichtungen wurde die Lösungskompetenz abgesprochen („Echte Demokratie jetzt!“). Die Situation in Spanien scheint in Österreich unvorstellbar, die Jugendarbeitslosigkeit beträgt bei den unter 25 Jährigen unglaubliche 44,4 Prozent, in der allgemeinen Bevölkerung mit über 20% eine doppelt so hohe Quote als im EU Schnitt. Einer ganzen Generation wird in Spanien die Zukunft gestohlen.

Die sozialen Unruhen in London können ebenfalls vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Entwicklungen gesehen werden. Ein Kommentator beschreibt die Ursachen für die Unruhen wie folgt: „»Nimm eine Gesellschaft, in der Geld der einzige Weg ist, um voranzukommen. Nimm eine Gesellschaft, in der das reichste Prozent der Bevölkerung 20 Prozent des Reichtums besitzt, und die ärmsten 50 Prozent nur sieben Prozent. Du nimmst der Jugend die Beihilfe weg, so dass sie nicht mehr aufs College kann. Du sagst ihnen, daß sie 30000 Pfund Schulden für einen Universitätsabschluß machen müssen, der ihnen nicht mal einen Job garantiert. Du kürzt lokale öffentliche Dienstleistungen und streichst die Jobs ihrer Eltern. Du kriminalisierst sie dafür, dass sie sich in Gruppen zusammentun und nennst es antisozial. Und wenn sie dann aus den Vierteln herauskommen, in die du sie eingesperrt hast, um sich auf Straßen, die ihnen von der Polizei verweigert werden, aus Läden, die ihnen den Eintritt verweigern, die Waren zu holen, die sie sich nicht leisten können, dann ist alles was du sagst: Das ist reine Kriminalität.«

Jüngst regten sich auch in Israel vermehrt Widerstandsbewegungen, Anfang September haben bei der größten Protestkundgebung in der Geschichte von Israel über 450.000 Menschen gegen die steigenden Lebenshaltungskosten und für mehr soziale Gerechtigkeit demonstriert. Bei einer EinwohnerInnenanzahl von 7 Millionen ist das bereits eine echte Massenbewegung geworden.

All diese Bewegungen waren starken Repressionen der Staatsgewalt ausgesetzt. In London werden alle „rechtsstaatlichen“ Möglichkeiten ausgenutzt, um die jungen Revoltierenden vor Gericht zu bringen, mit der übermäßigen Videoüberwachung werden nach und nach junge Menschen nachhaltig von der Gesellschaft ausgeschlossen. In Spanien setzte der sozialistische Regierungschef Zapatero massive Polizeigewalt zur Auflösung der Proteste ein. In Chile wurde sogar angedroht, den Ausnahmezustand zu verhängen.

Diese Widerstandsbewegungen zeigen die Auswirkungen, die das kapitalistische Wirtschaftssystem mit sich bringt: Hohe Jugendarbeitslosigkeit, ungleiche Bildungschancen und damit keine Perspektiven gerade für jene Menschen, die sich ein Leben aufbauen wollen. Der Profit einiger Wenigen wird auf Kosten der Lohnabhängigen und der Zukunftschancen von Jugendlichen trotz Wirtschaftskrisen ins Unermessliche gesteigert.

Wir erklären uns als Sozialistische Jugend OÖ solidarisch mit den Protest- und Widerstandsbewegungen. Wir verurteilen jede Anwendung staatlicher Repression zur Unterdrückung dieser Widerstandsbewegungen.

Wir wissen, dass es der Kapitalismus, die Ausbeutung der Lohnabhängigen zugunsten der KapitalistInnen ist, der diese Ungleichheiten manifestiert. Auch in Österreich stellen wir diese Segregation in der Gesellschaft fest. Zehntausende Jugendliche finden keinen Job oder keine Lehrstelle. Das Schulsystem fördert die soziale Selektion und die Brieftasche der Eltern bestimmt den Bildungsverlauf der Kinder. Die Universitäten sind chronisch untefinanziert und Zugangsbeschränken fördern auch hier die soziale Selektion.

Die weltweiten Aufstände und die Situation in Österreich müssen für uns ein Auftakt sein, Jugendliche in unserer Organisation vor Ort und in ihrer Lebenswelt zu festigen, zu politisieren und auch in Österreich für Protestbewegungen und Widerstand zu begeistern!

Gemeinsam sind wir stark! Make Capitalism History!

Es sei jedoch noch gesagt, dass Länder wie Griechenland an einen Punkt angelangt sind an dem es nicht mehr darum geht den Eliten zu zeigen, dass man keine weiteren Sparpakete hinnimmt. Es macht sich die Erkenntnis bemerkbar, dass nur der Sturz des Kapitalismus weitere Sparpakete verhindern wird. Dem ganzen Hass und den Agressionen der Europäischen Eliten werden wir mit unserer uneingeschränkten Solidarität Entgegentreten und in der österreichischen Jugend- und Arbeiterbewegung für Solidarität werben.


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