Bei der diesjährigen Landeskonferenz am 7. April stand die Sozialistische Jugend Wien vor einer Richtungsentscheidung. Im neuen Landesvorstand haben nun erstmals seit langem wieder die Linken die Mehrheit.
Mit der Wahl des neuen Teams rund um Ludwig Dvorak (SJ Wieden) und Florian Wenninger (SJ Neubau) als Vorsitzender bzw. Sekretär wurde die Basis für den Wiederaufbau der SJ Wien als aktive und kämpferische Jugendorganisation gelegt.
In der Vergangenheit war die SJ Wien nicht viel mehr als ein Büro zur Verwaltung von Karteileichen. Für Jugendliche, die gegen Bildungs- und Sozialabbau oder gegen Rassismus protestierten oder im letzten Jahr gegen die schwarz-blaue Regierung auf die Straße gingen, war diese SJ alles andere als attraktiv.
Vom Serviceverein zu einer kämpferischen Jugendorganisation
Der frühere Vorsitzende der SJ Wien, Thomas Landgraf, erklärte bei mehreren Gelegenheiten, dass er sich nicht als Linker verstehe. Anstatt kritische und linke Jugendliche zu organisieren, um zu einer starken politischen Kraft in den Bewegungen gegen Bildungs- und Sozialabbau zu werden, wollten Landgraf & Co. die SJ zu einem unpolitischen Service- und Kulturverein machen. Zur SPÖ verhielt man sich möglichst unkritisch, um die eigenen späteren Karrieren zu sichern.
Selbst als die schwarz-blaue Regierung im Februar letzten Jahres an die Macht kam und Wien von einer Welle der Proteste und Demos erfasst wurde, blieb die SJ Wien mit Ausnahme der AktivistInnen aus den linken Bezirken weitgehend am Rand dieser Bewegung.
Ihre einzigen Fähigkeiten bewies die rechte SJ Wien-Führung im Einsatz von bürokratischen Mitteln gegen die Opposition in der eigenen Organisation. So wurde die Landeskonferenz verschoben, um Zeit für weitere Manöver gegen linke Bezirke zu haben. Es wurde versucht, Bezirke zu übernehmen und mundtot zu machen und stattdessen in Bezirken, wo es bisher keine aktive SJ gab, auf dem Papier Scheingruppen aufzubauen. Die SJ Hietzing wurde sogar mit Vorhängeschlössern und Kette aus ihrem Lokal ausgesperrt.
Höhepunkt dieses Rückzugsgefechts dieser BürokratInnen war dann die Konferenz, auf der Ludwig Dvorak trotz Einschüchterungsversuchen gegen Landgrafs Kandidaten Daniel Benyes als neuer Vorsitzender gewählt wurde.
Die Fraktion um Landgraf/Benyes verließ anschließend die Konferenz, um so die Beschlussfähigkeit zu verhindern ? Ätsch, nicht gelungen! ? und löschten im Büro der SJ Wien die Festplatten sämtlicher Computer.
Was wir hier erlebten, war der Versuch einer Bürokratie, sich unter allen Umständen an der Macht und an den prall gefüllten Futtertrögen zu halten.
Für eine marxistische SJ
Bezeichnend war auch die Haltung der Führung der Wiener SPÖ, die zugunsten der Clique rund um Landgraf intervenierte, obwohl diese jahrelang völlig inaktiv war. In der Löwelstraße hatte man wohl beträchtliche Angst, dass die SJ wieder zu einem unbequemen, linken Stachel in der Sozialdemokraie werden könnte. Und dass sie das wird, streben wir als MarxistInnen in der SJ auch an.
Um das zu erreichen, wird es nicht genügen, aus einem komfortablen Büro heraus mehr oder weniger linke Presseaussendungen zu schreiben und ein paar Feste und sonstige Freizeitevents zu organisieren.
Was wir jetzt brauchen, ist eine Sozialistische Jugend, die dem Widerstand gegen Bildungs- und Sozialabbau eine klare Perspektive, Ideen und ein Programm geben kann und so den vordersten Platz in der Bewegung einnimmt. Wir wollen eine SJ, die in der Lage ist, an Schulen, Berufsschulen, Unis und in den Betrieben Jugendliche für ihre Interessen zu organisieren und zu mobilisieren und die auch innerhalb der Sozialdemokratie kompromisslos für eine sozialistische Politik auftritt und den Aufbau eines linken Flügels vorantreibt.
Nur wenn die SJ Wien sich wieder mit politischen Inhalten auseinandersetzt, kann sie auch Alternativen gegen die vorherrschende schwarz-blaue Ideologie anbieten und so wieder selbst gesellschaftliche Alternativen anbieten.
Bei den kommenden Protesten gegen das World Economic Forum in Salzburg werden wir als junge SozialistInnen die Möglichkeit haben, dies zu beweisen. Ein großes Augenmerk werden wir von Anfang an aber auch auf eine marxistische Bildungsarbeit legen. Denn nur wer die Welt versteht, kann sie auch ändern. Und genau darin sehen wir die große Aufgabe der Sozialistischen Jugend.
SJ Wien/Alsergrund