Die Faymann-Partie fährt die Sozialdemokratie mit ihrer Politik des nationalen Schulterschlusses voll an die Wand. Die verbliebene Parteilinke ist gefordert endlich die Schlüsse zu ziehen. Eine Analyse von Gernot Trausmuth.
Die Nachbesetzung von Posten nach dem Tod von Barbara Prammer wurde zum absoluten Trauerspiel. Das Ableben der Parlamentspräsidentin wurde von der Löwelstraße noch eifrig genutzt, um sich als Partei der Frauen zu inszenieren, die sich unermüdlich für Frauenförderung und Gleichberechtigung einsetzt. Prammer wurde stellvertretend für die Sozialdemokratie zu einer Ikone der Demokratie verklärt. Was die schönen Worte wert sind, zeigte sich, als es darum ging die freigewordenen Posten zu besetzen. Jetzt regierte nur noch das Kalkül, den nationalen Schulterschluss personalpolitisch abzusichern. Immerhin in dieser Frage wurde man dem Erbe Barbara Prammers gerecht, die in ihrem ganzen Auftreten diese Politik bis ins Extrem verkörperte und sich so auch für die Kandidatur zur Bundespräsidentin ins Spiel bringen wollte.
Die nachrutschenden Personen stehen für die Fortsetzung und Absicherung genau dieses Kurses. Der Kanzler kann Doris Bures blind vertrauen, und die verstärkte Einbindung des Gewerkschaftsflügels ist ebenfalls zentral für die Aufrechterhaltung der Großen Koalition mit all ihren negativen Konsequenzen. Sonja Ablinger hingegen, die es in der Vergangenheit gewagt hat, Aspekte dieser Politik (Asylpolitik, Fiskalpakt) zu kritisieren, stellte eine Bedrohung für die Absichten der Parteiführung dar. Aufgrund der Quotenregelung hätte sie eigentlich in den Nationalrat nachrücken sollen, doch das musste mit allen Mitteln verhindert werden. Nach Daniela Holzinger konnte man nicht noch eine Querdenkerin im SPÖ-Klub brauchen. Von der vielbeschworenen Frauenförderung mittels Quote wollte plötzlich niemand wer etwas wissen, auch die Frauenministerin Heinisch-Hosek und die Mehrheit der Frauen im Parteivorstand nicht. Der Räson des nationalen Schulterschlusses hat sich in der Sozialdemokratie längst alles unterzuordnen, was den GenossInnen lieb und teuer ist. Mit dieser Logik schreitet die Faymann-SPÖ konsequent auf dem Weg weiter, den die Sozialdemokratie in Griechenland und anderen Ländern bereits gegangen ist.
Dieser Konflikt ist zwar nur eine nebensächliche Episode, aber in den Köpfen vieler GenossInnen doch ein weiterer schmerzhafter Beweis, dass diese Partei nicht mehr das verkörpert, wofür sie politisch stehen. Insgeheim wünschen sich viele eine neue Linkspartei, doch gibt es derzeit kein Projekt, das dazu tragfähig scheint. Das Verhalten von Sonja Ablinger ist symptomatisch für den Zustand der SPÖ-Linken. Es ist nicht zum ersten Mal, dass sie öffentlich als große Parteirebellin gehandelt wird. Doch setzte sie bislang noch keine Initiativen, die Linken in der Sozialdemokratie rund um sich zu scharen. Seit dem Wiedereintritt der SPÖ in die Regierung gab es mehrere Zeitfenster zur Herausbildung einer organisierten SPÖ-Linken. Die namhaftesten VertreterInnen des linken Flügels haben es aber stets abgelehnt, ein solches Projekt zu starten. In Wirklichkeit ist das ein Mitgrund, warum viele Linke der Sozialdemokratie enttäuscht den Rücken zugewandt haben und sich ins Privatleben oder auf Polit-Spielwiesen zurückgezogen haben.
Die Sammlung der Parteilinken ist heute eine absolute Notwendigkeit, will man das positive Erbe der Arbeiterbewegung zumindest ansatzweise vor der bürgerlichen SPÖ-Spitze retten. Das wiederum ist notwendig, damit sich die Arbeiterbewegung gegen die bürgerliche Offensive verteidigen kann, die wir auf allen Ebenen (Betriebe, Kollektivverträge, Kürzungspolitik, mehr Repression,…) erleben.
Ende November findet der Bundesparteitag der SPÖ statt. Es pfeifen die Spatzen von den Dächern, dass Faymann dort einer Vertrauensabstimmung unterzogen wird. Wenn er in der Frage der Lohnsteuersenkung bis dahin keine Resultate liefert, dann könnte ihm auch der Gewerkschaftsflügel die Rute ins Fenster stellen. Die Parteilinke muss damit beginnen, Richtung Parteitag eine politische Alternative zu präsentieren. Der Leitgedanke kann dabei nur sein, dass wir den nationalen Schulterschluss sprengen und die Große Koalition beenden wollen. Denn nur so kann sich die Arbeiterbewegung von ihren Fesseln befreien und wieder den Kampf zur Verteidigung ihrer Interessen aufnehmen. In dieser Frage gilt es Faymann herauszufordern. Die Diskussion muss auf diesen Punkt zugespitzt werden. Zu diesem Zweck wäre auch eine Gegenkandidatur für die Funktion des Parteivorsitzes sinnvoll. Auf keinen Fall darf man davor Angst haben, in dieser Auseinandersetzung in der Minderheit zu bleiben. Das wichtige ist, dass in diesem parteiinternen Kampf die Basis für die Schaffung eines organisierten linken Flügels gelegt wird.
Eine besondere Verantwortung hat in dieser Situation auch die SJ. Sie könnte bei der Herausbildung einer SP-Linken eine wichtige ideologische Funktion einnehmen. Wichtig wird aber auch sein, dass Genossinnen wie Daniela Holzinger und Sonja Ablinger, die als Parteirebellinnen gelten, sich an die Spitze dieses Prozesses stellen und der Parteilinken in der Öffentlichkeit Gesicht und Stimme geben.
Die Funke-Strömung würde eine SP-Linke unterstützen. Wir würden uns dafür einsetzen, dass diese ein antikapitalistisches, sozialistisches Programm annimmt und eine schlagkräftige Waffe im Klassenkampf werden kann. Eine solche SP-Linke würde die Reorganisierungsprozesse in der österreichischen Arbeiterbewegung einen wichtigen Schritt voranbringen.