Mit dem Slogan „Es gibt genug Platz für alle“ hat der Funke in Pöchlarn (NÖ) eine Kampagne gegen Rassismus und Ausländerhetze gestartet. Mitinitiator Martin Gutlederer berichtet.
Wenn man an die knapp 4000 Einwohnerstadt Pöchlarn denkt, kommt einem am ehesten eine Autobahnabfahrt, ein Bahnhof an der Westbahn oder das Oskar-Kokoschka Geburtshaus in den Sinn. Dass gerade hier mitten im schwarzen Niederösterreich ein breiter energischer Kampf gegen Rassismus geführt wird, hätte man sich vor einigen Monaten kaum vorstellen können. Doch es kam anders. Schon seit längerer Zeit ist der Funke im Westen Niederösterreich aktiv und hatte vor Bekanntwerden des geplanten Asylheims zu einer Diskussionsveranstaltung zum Thema „PEGIDA und was man dagegen tun kann“ eingeladen. Zur selben Zeit wurde durch die Medien bekannt, dass geplant sei in Pöchlarn ein Asylheim einzurichten. Während die FPÖ und eine Initiative „Nein zum Asylheim“ sich gegen die Errichtung des Asylheims stellen beschlossen AktivistInnen des Funke gemeinsam mit BewohnerInnen aus Pöchlarn und angrenzenden Gemeinden die Flüchtlinge in Pöchlarn willkommen zu heißen. Dazu wurde auf Facebook die Seite „Pöchlarn: Es gibt genug Platz für alle Menschen!“ gegründet, die in kürzester Zeit über 1000 Likes erhielt und mittlerweile bei knapp 1900 Likes hält und dabei die Initiative gegen das Heim auf großen Abstand hält.
Doch nicht nur auf Facebook trat man für Flüchtlinge ein, sondern auch in und um Pöchlarn. Zwei Treffen in denen einerseits über Gegenstrategien zu rechtsextremen Aufmärschen und Gedankengut diskutiert wurden und über das Asylwesen in Österreich informiert wurden waren mit je 27 und 45 Gästen sehr gut besucht. Begleitet wurden unsere Aktivitäten von einer großen Medienresonanz. Aufgeschreckt von unserem Erfolg dürfte sich auch die Clownstruppe der Identitäten eingeschaltet haben, die aus Baden anreiste um ein paar Transparente aufzuhängen. Doch diese plump-rassistischen Slogans wie „Pöchlarn wehr‘ dich!“ und „Asylwahn stoppen“ waren binnen kürzester Zeit entfernt und es kam zu keinen weiteren Zwischenfällen, während antirassistische Arbeit im Ort verankert werden konnte und nun auch revolutionäre Stammtische des Funke stattfinden, die große Resonanz finden. Auf einer Bürgerversammlung in Pöchlarn zeigte sich auch unsere Arbeit als erfolgreich: Obwohl das Durchschnittsalter der Versammlung weit über 50 Jahre lag und kaum Jugendliche geschweige denn migrantische ÖsterreichInnen anwesend waren, war eine leichte Mehrheit klar für das Asylheim und die Aufnahme von Flüchtlingen.
Worin liegt nun der Erfolg dieser Initiative? Zugang war von Anfang an mit guten Argumenten und geduldig erklärend den Lügen von HetzerInnen die Basis zu entziehen und ruhig auch auf Skeptiker des Asylheims zuzugehen und dabei die soziale Frage zu betonen. Nicht woher wir sind unterscheidet uns, sondern ob wir oben oder unten sind unterscheidet und uns in dieser Gesellschaft. Dazu wurden einerseits Faktenchecks erstellt und andererseits in einem Vorstellungsstatement klar Stellung bezogen:
- Ältere Menschen aus Pöchlarn wissen selbst noch was politische Verfolgung ist, sie haben diese und Krieg unter den Nazis selbst erlebt. Daraus ergibt sich heute der Wunsch solidarisch mit Flüchtlingen zu sein.
- Viele von uns haben die Kriege auf dem Balkan in den 90er Jahren selbst noch erlebt, die Menschen, die von dort geflüchtet sind können selbst ein Zeugnis darüber abgeben was es heißt zu flüchten oder zu sterben: Sprecht mit ihnen, fragt sie. Wir sind solidarisch egal woher ein Mensch kommt.
- Niemand verlässt seine Heimat leichten Herzens, lässt seine Familie und seine Ferunde zurück, wir wollen Schutz, Hilfe, Anschluss und eine Perspektive geben. Miteinander statt gegeneinander!
- Es ist unwürdig, dass AsylwerberInnen in Traiskirchen unter menschen-unwürdigen Bedingungen wie Vieh zusammengepfercht werden. Wir sind solidarisch. Bessere Aufteilung, bessere Bedigungen für alle Beteiligten!
- Wir stehen gegen hetzerische Stimmungsmacher, die unsere Gemeinde oder unseren Bezirk spalten wollen!
- Es ist genug für alle da! In einem Land in dem 19 Milliarden Euro für die Hypo rausgeschmissen werden, Eurofighter gekauft werden, die nicht einmal bei Schlechtwetter fliegen können und in dem Wohnbeihilfen verspekuliert werden ist genug da für AsylwerberInnen, aber auch für Qualitative Bildung, bessere Gesundheitsversorgung, höhere Löhne, kürzere Arbeitszeiten und Gemeindewohnungen anstatt Mietwahnsinn und Wohnungsnot. Die Interessen der arbeitenden Leute in Österreich, der AsylwerberInnen und der MigrantInnen stehen also nicht im Widerspruch!
Für die Zukunft sind nun weitere regelmäßige Treffen und ein Benefiz-Konzert zugunsten der Flüchtlinge geplant und diese erfolgreiche Arbeit auf eine generelle antirassistische und antifaschistische Arbeit in Niederösterreich auszuweiten.