Landtagswahlen. Am 31. Mai finden in der Steiermark Landtagswahlen statt. Mit der KPÖ gibt es eine sichtbare Alternative links der Sozialdemokratie. Patrick Mellacher analysiert die Lage.

Vor knapp zehn Jahren ereigneten sich in der Steiermark gleich zwei politische Sensationen: Die SPÖ eroberte das erste Mal seit 60 Jahren wieder den Sitz des Landeshauptmanns und die KPÖ zog erstmals seit 35 Jahren wieder in den Landtag ein. Von der Aufbruchstimmung nach diesem historischen Wahlsieg der Linken, der durch die Zersplitterung des rechten Lagers sogar eine rot-rot-grüne Mehrheit brachte, ist heute nicht mehr viel übrig. Die erste Legislaturperiode brachte keinen Fortschritt, da die ÖVP ihrer Koalitionspartnerin keinen Erfolg gönnen und die SPÖ sich kaum Mehrheiten außerhalb der Koalition suchen wollte. Doch die Selbstdemontage der steirischen Sozialdemokratie sollte erst in den letzten fünf Jahren so richtig an Fahrt aufnehmen: Unter dem Beifall der bürgerlichen Presse, allen voran der Kleinen Zeitung, setzte die „Reformpartnerschaft“ von Voves und Schützenhöfer zum Angriff auf den sozialen Fortschritt in der Steiermark an. Den Anfang machte im Februar 2011 ein Bettelverbot (das inzwischen bereits als verfassungswidrig aufgehoben wurde). Es folgte ein Kahlschlag des Sozialbudgets, gegen den die Plattform 25 in zwei Großdemonstrationen 10.000 bzw. 15.000 Menschen auf die Straße brachte und dem die sozialdemokratischen Abgeordneten der Gewerkschaft die Zustimmung verweigerten. Ein Jahr später folgte das nächste Sparpaket: Erneut traf es Menschen mit Behinderungen, aber auch den Gesundheits- und den Bildungsbereich. Diese Sparpolitik reiht sich nahtlos in die bürgerliche Strategie der Krisenbewältigung ein, wie sie von der Sozialdemokratie europaweit forciert wird. Die Steiermark kann deshalb hier nur als Vorreiterin für ganz Österreich gesehen werden. Sogar die SJ schwieg zu den Vorfällen, kritische Stimmen in ihr wurden mundtot gemacht.

Einst konnte die Sozialdemokratie mit Stolz behaupten, für die Schwächsten einzutreten und mit ihnen gemeinsam für eine bessere Gesellschaft zu kämpfen. Wer sich schon fragte, wem sie nach den BettlerInnen, den Behinderten, den Jungen und den Kranken als nächstes die Unterstützung versagen könnte, musste nicht lange warten. Dieses Jahr schwenkte Voves erneut nach rechts und sagte schließlich den „Integrationsunwilligen“ den Kampf an. Dieser Begriff, der in der Vergangenheit vor allem von der FPÖ geprägt wurde, wird gezielt dazu benutzt, um gegen MuslimInnen Stimmung zu machen. Wer glaubt, mit so einem Manöver der FPÖ das Wasser abgraben zu können, wird bitter enttäuscht werden. Bereits in den 1990er Jahren scheiterte die SPÖ mit dem Versuch, die FPÖ rechts zu überholen grandios und bereitete nur den Boden für Schwarz-Blau auf. Stattdessen wäre ein harter ideologischer Kampf gegen jeden Versuch der Spaltung der Unterdrückten durch das Gift des Rassismus nötig.

Leider ist auch die KPÖ Steiermark derzeit nicht willens, diesen Kampf zu führen. Stattdessen stimmte sie im Landtag einem Antrag der Koalition zu, eine Kommission einzurichten, die rechtliche Möglichkeiten zur Ahndung von „Integrationsunwilligkeit“ erarbeiten soll. Eine Partei die glaubhaft die soziale Frage vertritt, sollte auch offensiv und glaubwürdig die gemeinsamen Interessen aller Arbeitenden und Jugendlichen – ungeachtet ihres Geburtsorts und ihrer „Kultur“ zu ihrer ur-eigensten Sache machen. Dies würde keine Schwächung, sondern eine politische und organisatorische Stärkung der steirischen KommunistInnen bedeuten.

Mit Parolen wie „die EU kommt uns zu teuer“ oder der Verwendung von Österreichfahnen versuchte die KP stattdessen in der Vergangenheit, an dem Bewusstsein der FPÖ-WählerInnen anzuknüpfen. In Wirklichkeit trägt das aber nur zur ideologischen Verwirrung in den eigenen Reihen bei, die bislang darin gipfelte, dass in Fohnsdorf eine gemeinsame Plattform mit den bürgerlichen Parteien (inklusive der FPÖ, die von einem „Identitären“ angeführt wird) gegen die SPÖ eingegangen wurde. Dieses Vorgehen wurde bei den Gemeinderatswahlen mit einem Minus von fast einem Drittel der Stimmen bestraft, während es an den meisten anderen Orten teils satte Zugewinne für die KommunistInnen gab. Als positives Gegenbeispiel kann Mürzzuschlag dienen, wo die KPÖ in einer neuen rot-roten Stadtregierung die Wohnungsangelegenheiten übernimmt, sich aber bei Abstimmungen im Gemeinderat nicht an ihre Koalitionspartnerin binden lassen will.

Es ist der KP hoch anzurechnen, mit ihrer konsequenten Sozialpolitik der FPÖ den Wind etwas aus den Segeln genommen zu haben. Die MandatarInnen der KPÖ spenden den Teil ihres Einkommens, der über den durchschnittlichen FacharbeiterInnenlohn hinausgeht, für soziale Zwecke und werden deshalb als die ehrlichsten PolitikerInnen wahrgenommen. Mittlerweile traut sich die Partei auch aus der Deckung und besetzt verstärkt politische und nicht nur karitative Themen. So ruft sie mit dem Slogan „Schulden streichen. Und nicht Arbeitsplätze!“ zur Demonstration am 1. Mai auf. Diese Losung können wir nur unterstützen, da sie eine reale Alternative zur Logik des Kapitals aufzeigt.

Die Wahl in der Steiermark hat Symbolwirkung für die ArbeiterInnenbewegung in ganz Österreich: Kann der Erosionsprozess der Sozialdemokratie von links abgefangen werden? Immerhin gibt es mit der KPÖ hier eine ernstzunehmende Alternative links der in der Sozialpartnerschaft erstarrten SPÖ, die über eine gewisse Verankerung in der ArbeiterInnenklasse verfügt. Damit die KP Steiermark diese Position ausbauen kann ,braucht sie bei den Wahlen am 31. Mai einen Erfolg, den man ihr angesichts der Umstände nur von Herzen wünschen kann.

Wer seine Opposition zu dem von der SPÖ-Spitze zum Glaubensbekenntnis erhobenen Sparen bei den Ärmsten zum Ausdruck bringen will, ist gut beraten, sein Kreuz diesmal bei der KPÖ zu machen.


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