Eine Funke-Leserin berichtet als Betroffene über Rassismus, Arroganz und Inkompetenz im Bürgerservice des österreichischen Außenministeriums.
Ich flog am 14. April 2017 nach Istanbul. Meine Mutter, meine Schwester und ich wurden bei der Einreise in die Türkei am Flughafen durch türkische Polizeibeamte aufgehalten. Es folgten Handyabnahme, stundenlanges Warten und Psychoterror. Schlussendlich durften meine Mutter und ich einreisen, aber meine Schwester musste zurück nach Österreich. Ich rief sofort die österreichische Botschaft an. Dort wurde mir telefonisch dazu geraten, das Bürgerservice des Außenministeriums bei unserer Ankunft in Österreich zu kontaktieren. Ich rief dort am 18. April 2017 um 10.28 Uhr an und sprach mit einem Herrn C. Ich wollte wissen, was ich jetzt machen könnte.
Ich versuchte ihm zu erklären, was uns widerfahren war. Jedoch hatte er nicht die ausreichende Sensibilität, mit diesem Thema umzugehen. Er fragte mich: „Sind Sie Doppelstaatsbürgerin? Das können die türkischen Behörden sowieso rausfinden!“ Ich antwortete mit einem wahrheitsgemäßen Nein. Ich weiß nicht, was er mit dieser Unterstellung bewirken wollte. Mit seiner Zusatzbemerkung, dass die türkischen Behörden dies sowieso rausfinden könnten, fühlte ich mich durch ihn der Lüge bezichtigt. Dann fragte er: „Haben sie die Pembekarte(1) oder die Mavikarte?(2)“ Auf die Antwort, dass wir die Mavikarte haben, sagte er, wir seien deshalb aufgehalten worden und wie man nur so BLAUÄUGIG und NAIV sein könne.
Offensichtlich war Herr C. nicht ausreichend über das aktuelle Vorgehen der türkischen Behörden informiert. Denn ich kenne Betroffene, denen das Gleiche passiert ist, ohne dass diese eine Mavikarte haben. Ich sagte ihm auch, dass zuerst nur ich aufgehalten worden war und ich von einem rassistisch motivierten Vorfall ausgehe. Ich bin eine Kurdin und dies lässt sich auch aufgrund einiger körperlicher Merkmale vermuten. Es wurden offensichtlich nur Menschen aufgehalten, die „dunkler“ waren (Haut- und Haarfarbe). Es gab also ein beobachtbares Schema, nach dem die türkischen Behörden vorgingen. Darauf erwiderte er, dass eine Einreisekontrolle nichts Rassistisches sei. Dann kam wieder eine Unterstellung von ihm: „Wieso haben Sie die Mavikarte überhaupt? Damit Sie sich die Visa sparen können?“ Zudem fragte er mich, wie man als Person mit kurdischem und alevitischem Hintergrund nur in die Türkei reisen könne. In diesem Tonfall ging es weiter.
Ich sagte irgendwann, dass es reicht und ich mich nicht rechtfertigen müsse. Wir sind österreichische Staatsbürgerinnen (ohne irgendeine andere Staatsbürgerschaft), aber leider habe ich mich nach diesem Gespräch so gefühlt, als müsste ich für alles dankbar sein, was mir als normale Staatsbürgerin zusteht. Ich bin Österreicherin und möchte nicht das Gefühl haben, als österreichische Staatsbürgerin von meinen Ministerien – vor allem in so einer wirklich hässlichen Situation – in einem Land, in dem meine Eltern verfolgt wurden und meine Verwandten noch immer schikaniert und diskriminiert werden, im Stich gelassen zu werden. Wir sind (vor allem aber meine Schwester) schwer traumatisiert, weil wir in der Türkei wie Kriminelle behandelt worden sind. Wir wurden gedemütigt und stigmatisiert. Herr C. hat das auf arrogante Weise verharmlost und uns wie Verbrecherinnen behandelt.
Anmerkungen:
(1) Pembekarte (rosa Karte): Mit dieser Karte bleiben ehemaligen türkischen StaatsbürgerInnen grundlegende Rechte, wie Erb-, Aufenhalts- und Arbeitsrecht erhalten.
(2) Mavikarte (blaue Karte): Reformierte Version der Pembekarte, die erkennen lässt, welchen aktuellen Status die Person hat.