Die arbeiterfeindliche und unmenschliche Politik von Schwarz-Blau sorgt für viel Empörung und auch offenen Widerstand. Die SPÖ kann dem aber keinen Ausdruck verleihen und kommt nicht vom Fleck.

 

Vielleicht war der eine oder andere Leser schon einmal an einem wunderschönen See zum Kajakfahren. Das Wasser glitzert in der Sonne, leichte Wellen umspülen das Ufer, das Panorama ist grandios. Die Gruppe steigt ins Boot, Paddel in die Hand und man fährt los. Vorne sitzt die Steuerfrau und gibt das Tempo und die Richtung vor. Aber hinten paddeln nicht alle wie gewünscht. Einer würde das Kajak lieber an ein ganz anderes Ufer steuern. So mancher lässt das Paddel nur ins Wasser hängen und will sich treiben lassen. Wer weiß schon, wo die da vorne überhaupt hin will? So tut jeder wie er gerade glaubt, jede kleine Gegenströmung wird zur Qual, und im Endeffekt dreht sich das Boot selbst bei guter Strömung nur noch im Kreis.

Keine Antworten

Nicht viel anders ist die heutige SPÖ. Die Steuerfrau, die das lecke Boot im letzten Herbst übernommen hat, ist zu schwach, um eine Perspektive vorgeben zu können, die über liberale Symbolpolitik hinausgeht. Diese Führungsschwäche nutzen die Landeshauptleute aus dem Burgenland und Wien gezielt aus, um die Partei neu auszurichten. Ihr deklariertes Ziel ist die Rückkehr an die Regierung. Denn eine SPÖ in der Opposition ist aus ihrer Sicht wie ein Fisch, der an Land gespült wurde.

Die Sozialdemokratie ist seit 100 Jahren eine staatstragende Partei, die mitgestalten will. Darin sind sich alle einig, aber wie man wieder von der Oppositionsbank in Ministerämter kommen will, darüber herrscht Uneinigkeit.
In Wirklichkeit herrscht völlige Ratlosigkeit, wobei Doskozil & Co. die Grabesstille in der Löwelstraße durch das Einstimmen in die „Österreicher zuerst“-Rufe von rechts, gemischt mit moderatem Sozialpopulismus ausgleichen wollen. Doskozil schreckt dabei nicht einmal mehr davor zurück, demokratische Grundrechte aufzugeben, wenn es um das Kopieren der rechten Parteien geht.

Beide Richtungen akzeptieren die herrschende Ordnung, die Profit- und Sparlogik, womit bestenfalls Spielraum für kosmetische Reformen bleibt. Das ist der wahre Grund, warum ArbeiterInnen und Jugendliche in die Sozialdemokratie keine Hoffnung setzen.

Linkes Vakuum

Auf der Linken gibt es in der SPÖ derzeit nur eine gähnende Leere. Die linken Kräfte in der Sozialdemokratie weigern sich seit Jahren als organisierter Flügel aufzutreten und setzen lieber auf Netzwerke, über die sie in der Partei Funktionen zu erringen versuchen. Um nicht in Konflikt mit der Parteispitze zu kommen, wurde das Programm der SPÖ-Linken weichgespült.

Das daraus entstandene Vakuum füllte in den vergangenen Monaten zusehends Max Lercher, der von Rendi-Wagner aus der Bundesparteizentrale entfernt wurde. Zwar hat er selber eine lange Geschichte bei der Durchsetzung der von der SPÖ Steiermark betriebenen Austeritätspolitik (Sparpakete, Krankenhausschließungen…), nichtsdestotrotz kann er mit seiner Forderung nach mehr „Proletenkultur“ in der Sozialdemokratie bis in die Gewerkschaften hinein punkten.

Seine Aussagen über Solidarität, die „Partei der Vielen“ und „wir müssen wieder die Alternative zum System werden“, dieser neue Linkspopulismus, ist Balsam auf die Seele vieler krisengeschüttelter GenossInnen. Substanz hat das aber keine.
Schöne Worte am 1. Mai kosten nicht viel. In der Praxis zeigt sich, was die geschwungenen Reden taugen. Und die Praxis stellt die Arbeiterbewegung heute vor ganz konkrete Fragen:

Wie kann man die Angriffe der Regierung auf unsere sozialen Rechte abwehren? Wie können wir höhere Löhne erkämpfen? Wie können wir die Zerstörung des Planeten durch die kapitalistische Profitwirtschaft stoppen? Auf diese Fragen liefert niemand in der Sozialdemokratie brauchbare Antworten. Deswegen spielt sie auch weder in den Antiregierungsprotesten noch in der Klimastreikbewegung eine Rolle.

„Zu sagen was ist, bleibt die revolutionärste Tat“, sagte einst Rosa Luxemburg. Das muss gerade heute der Ausgangspunkt sein für alle SozialistInnen. Ausgehend davon gilt es in der Arbeiterbewegung wieder ein Programm des Klassenkampfes und des revolutionären Sozialismus zu verankern. Dieser Aufgabe haben wir uns als MarxistInnen verschrieben.

(Funke Nr. 173/Mai 2019)


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