Seit sieben Jahren bin ich in Österreich. Für eine Anstellung war ich nie „österreichisch“ genug oder es wurden mir mangelnde Deutschkenntnisse unterstellt. Deshalb darf ich mich als „neuer Selbstständiger“ betiteln – oder um es auf den Punkt zu bringen: prekäre Arbeitssituation ohne ausreichenden Versicherungsschutz. Diese Situation ist belastend, durch die Corona-Krise wird sie allerdings zur Existenzfrage.
Seit Mitte März kann ich nicht mehr arbeiten, ich habe einen hundertprozentigen Verdienstentfall. Das Einkommen war nie hoch, immer mehr oder weniger an der Geringfügigkeitsgrenze, aber mit dem Verdienst meiner Frau reichte es für ein gutes Auskommen für uns und unsere Kinder.
Die Bundesregierung – allen voran Sebastian Kurz, der in seinen Ansprachen immer darauf bedacht ist nur die Österreicherinnen und Österreicher, nicht aber die eineinhalb Millionen Migrantinnen und Migranten zu adressieren – haben finanzielle Hilfspakete geschürt, bei deren näherer Betrachtung klar wird, dass kein Interesse daran besteht, die Arbeiterinnen und Arbeiter zu unterstützen. Durch mein geringes Einkommen bin ich mit meiner Frau mitversichert – für den Corona-Härtefallfond ist das ein Ausschlussgrund. Von Seiten des Familienministeriums wurde darüber hinaus aber auch ein Familienhärteausgleich in Höhe von dreißig Millionen Euro lukriert. Um diesen als selbständig Beschäftigter zu beantragen, muss man allerdings Anspruch auf den Härtefallfond haben. Eine telefonische Nachfrage bestätigt das, ein schriftliches Ansuchen blieb bis dato unbeantwortet.
Für meine Familie bedeutet das finanzielle Unsicherheit, bis ich meine Arbeit wieder aufnehmen kann. Wir haben uns in den letzten Jahren Rücklagen geschaffen und haben eine starke Familienstruktur, die uns im Ernstfall unterstützen kann, aber es gibt mit Sicherheit viele Personen die durch das von der Regierung geschürte „Sicherheitsnetz“ fallen – in erster Linie Personen und Familien die sowieso schon am Existenzminimum leben. Studierende, die noch bei den Eltern mitversichert sind, ihre geringen Einkünfte aber brauchen, um die Ausgaben zu decken. Freischaffende MusikerInnen, KünstlerInnen, AutorInnen, TrainerInnen, Menschen die in die Selbstständigkeit gezwungen wurden, oftmals AusländerInnen.
Dass eine Mitversicherung mit einem Angehörigen einen Ausschluss aus dem Härtefallfond bedingt, ist genau wie die Kopplung des Familienhärteausgleichs an den Härtefallfond für Selbstständige ein willkürlicher Akt der Regierung und trifft in erster Linie finanziell schwache Personen und Familien. Auch, dass es keinerlei zusätzliche Unterstützung für Familien gibt, die schon von Vornherein auf finanzielle Mittel aus der Sozialhilfe angewiesen sind, macht deutlich, dass diese Regierung kein Interesse an den wirtschaftlich Schwachen der Gesellschaft hat. All dies muss als Angriff verstanden werden, gegen den wir uns gemeinsam zur Wehr setzen müssen. Auch in unserem kaputten System gäbe es genügend Möglichkeiten NiedrigverdienerInnen und deren Familien zu unterstützen, dass dies nicht gewollt ist, wird durch viele bürokratische Hürden immer deutlicher und zeigt einmal mehr auf welcher Seite die Regierung steht – auf Seiten des Kapitals.