Nach zweijähriger, selbstverordneter Pause veranstaltete die SPÖ dieses Jahr wieder die traditionellen Aufmärsche zum 1. Mai, was einen Einblick in den Zustand und die Orientierung der organisierten Arbeiterbewegung bietet. Auch der Funke beteiligte sich an einer Vielzahl von 1. Mai Aktivitäten quer durch Österreich. Eine politische Bilanz und ein Bericht.
Was als erstes bei den traditionellen Maiaufmärschen ins Auge springt: In fast allen Städten, außer in Graz, wo die KPÖ die SPÖ als stärkere Arbeiterpartei abgelöst hat, waren die Aufmärsche kleiner als das letzte Mal 2019. Die Jahre der Pandemie gingen nicht spurlos an der Sozialdemokratie vorbei.
Dies ist insbesondere in der Hauptstadt spürbar. Der SPÖ gelang es dieses Jahr hauptsächlich ihr Stammklientel zu mobilisieren, darüber hinaus übten die Maiaufmärsche wenig bis keine Anziehungskraft aus. Viele Sozialdemokraten sahen es als Pflichtübung.
Dies ist das Ergebnis des „politischen Lockdowns“ der Sozialdemokratie der letzten Jahre und auch der jetzigen Politik, die statt eines Klassenkampfs gegen die schwarz-grüne Regierung der Reichen zu führen, diese jahrelang während der Pandemie stützte, nur um jetzt unter allen Umständen (sprich: unter Aufgabe jedes Programmes, das den bürgerlichen wehtun könnte) zurück in die Regierung zu drängen.
Rendi-Wagner betont in ihrer Rede, dass die SPÖ regieren solle und es nicht das erste Mal wäre, dass die SPÖ den Scherbenhaufen der Vorgänger-Regierung aufkehren würde. Ihre Vorrednerin Marina Hanke (Vorsitzende der SPÖ-Frauen Wien) hielt demgegenüber zumindest fest: Die Sozialdemokratie darf nicht mit der ÖVP von Kurz und Nehammer „näher zusammenrücken“. Hanke erntete auch den größten Applaus.
Auch in der zentralen Frage des Kriegs in der Ukraine sendet die sozialdemokratische Führung klare Signale an die Bürgerlichen, indem sie sich als verantwortliche Kraft im Sinne der österreichischen Kapitalinteressen präsentiert. Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig bekennt sich in seiner Rede zur österreichischen Neutralität und verurteilt den Angriffskrieg Putins, ohne ein Wort über die reaktionäre Rolle der NATO sowie des österreichischen Kapitals zu verlieren. Die Solidarität der Bevölkerung mit den Leidtragenden des Krieges wird von den Regierungen Europas dazu missbraucht, ihre Militärausgaben in die Höhe zu treiben und die Truppenkontingente im Ausland zu erhöhen. Auch dabei stellt sich die Sozialdemokratie fest hinter Nehammer.
Was es stattdessen bräuchte, ist eine kompromisslose, unabhängige Klassenposition. Das gilt für den Krieg, aber auch für die soziale Katastrophe der Inflation. Krieg, Klimakatastrophe und Inflation haben eine einzige gemeinsame Ursache haben: den Kapitalismus und sein Profitstreben. Daher kämpfen wir für Sozialismus zu unserer Lebenszeit, und zwar international. Unter diesem Banner des Internationalismus und der Revolution beteiligte sich der Funke an den Aufmärschen und Demonstrationen in insgesamt sechs verschiedenen Städten in Österreich.
In Wien fand bereits am Vortag (30. April) der traditionelle Fackelzug der Sozialistischen Jugend unter dem Motto „Dem Krieg keinen Frieden“ statt, wofür sich 2.500 Personen versammelten. Die Funke-Strömung war mit einem Block von 40 Personen mit dabei.
Am nächsten Tag fanden sich tausende Menschen zum traditionellen Maiaufmarsch der SP Wien an der Ringstraße ein. Funke-UnterstützerInnen beteiligten sich am Bezirksumzug im Alsergrund mit dem Transparent „SPÖ: Kein Cent ins Militär! Gegen Krieg und Kapitalismus!“ sowie an den Demozügen zwei weiterer Bezirke. Von Anfang an wurden enthusiastisch Spenden für unser Pfingstseminar gesammelt und die aktuelle Funke-Nummer verkauft, bis der Tag mit einer Grillerei auf der Donauinsel gemütlich endete.
Weiters war der Funke auch bei der „internationalistischen Demo“ sowie der „Mayday-Demo“, die später am Nachmittag stattfand und mit ungefähr 3.000 Teilnehmer gut besucht war, mit lautstarken Blocks vertreten.
In Innsbruck organisierte ein breites Bündnis, dem auch der Funke angehört, eine Demonstration mit ungefähr 1.000 Personen. Die UnterstützerInnen vom Funke hatten einen kämpferischen Demoblock mit dem Slogan „Gegen Krieg und Inflation – Für die Revolution“. Personalvertreter und Funke-Aktivist Martin Gutlederer sendete eine Grußadresse zur Situation in der Pflege und der Notwendigkeit des gemeinsamen Kampfs der gesamten Arbeiterklasse, die auf der Demo verlesen wurde. Auch die traditionelle SPÖ-Feier an diesem Tag besuchten Funke-AktivistInnen.
In Vorarlberg begannen die Aktivitäten am 1. Mai dieses Jahr am Vormittag mit der Maifeier der SPÖ mit ca. 150 TeilnehmerInnen in Bludenz. Funke-UnterstützerInnen der marxistisch geführten SJ Vorarlberg nahmen mit einem Infotisch teil und sammelten Spenden für das Pfingstseminar. Diese machten sich am Nachmittag dann zusammen mit einzelnen SozialdemokratInnen auf den Weg zur gemeinsamen Demonstration in Dornbirn, bei der der Funke und die SJ Vorarlberg zusammen mit Partizan, dem Kulturverin Tohum, dem mesopotamischen Kulturverein, der SPÖ Feldkirch und der Jungen Linken/KPÖ unter dem Motto „Nein zu Krieg und Inflation: Heraus zum 1. Mai!“ demonstrierten. Nicht ganz 100 TeilnehmerInnen nahmen an der lautstarken Demonstration teil, die mit Slogans wie „Hoch die internationale Solidarität“, „A-Anti-Antikapitalista“, „Wir wollen Bildung und Arbeitsplätze statt Rassismus und rechter Hetze!“ und auch „Kadın yemek değil, devrim yapar!“ (Frauen machen kein Essen, sondern die Revolution) durch die Dornbirner Innenstadt zog. Gerade unter dem Eindruck der kürzlich erfolgten öffentlichen Angriffe auf die SJ Vorarlberg, die für ihre internationalistische Position im Ukraine-Krieg von der bürgerlichen Öffentlichkeit (von der Vorarlberger JUNOS-Vorsitzenden und den lokalen Medien über „Falter“-Redakteur Florian Klenk bis hin zum Boulevardmedium „oe24“) attackiert worden war, ist das ein starkes Zeichen der Vorarlberger Linken. So konnte der lange Tag dann auch seinen verdienten Ausklang bei einer internationalistischen Feier im Schlachthaus Dornbirn finden.
Der Funke in Linz beteiligten sich an der Mayday-Demo mit mehreren hundert TeilnehmerInnen sowie am Aufmarsch und der Feier der SPÖ am Linzer Hauptbahnhof mit mehreren tausend TeilnehmerInnen, auf der sie voller Enthusiasmus Spenden für das Pfingstseminar sammelten, das in Oberösterreich stattfinden wird und mit der 1. Mai-Ausgabe des „Funke“ für eine internationalistische Position warben.
In Graz organisierte die KPÖ eine Demonstration mit etwa 800 TeilnehmerInnen. Die GenossInnen beteiligten sich mit einem Block auf der Demo und einem Infotisch bei dem traditionellen Volkshausfest der KP. Auch auf der Feier der SPÖ waren wir an diesem Tag vertreten.
Unsere neue Zeitungsausgabe, die mit einem sozialistischen Standpunkt zum Krieg und der Teuerung titelte, fand auf all diesen Veranstaltungen mit 655 verkauften Exemplaren großen Anklang. Außerdem sammelten wir an diesem Tag mehrere tausend Euro an Spenden für die Finanzierung des Pfingstseminars. In Zeiten des rechten Kurses der Sozialdemokratie und der allgemeinen Perspektivlosigkeit in der Linken ist der Marxismus damit ein sichtbarer Faktor, der die Arbeiterbewegung in Österreich in den kommenden Jahren vom Kopf auf die Füße stellen wird!