Wirtschafts- und Arbeitsminister Kocher hat in einem Interview die Kürzung von Sozialleistungen gekoppelt an das Arbeitszeitausmaß der EmpfängerInnen gefordert. Heftige Reaktionen aus den kleinbürgerlichen Apparaten der Parteien, der Sozialdemokratie und den Gewerkschaften waren die logische Folge dieser offenen Kampfansage eines Flügels der ÖVP und der Bundesregierung gegen die Lohnabhängigen. Andreas Fuchs erklärt die Hintergründe.

Die hauptsächliche Ursache dieser Politik der Bourgeoisie liegt darin, dass die Mehrwertproduktion des österreichischen Kapitalismus (d.h. die Gewinne des österreichischen Privatkapitals) an einem zunehmenden Mangel an ausbeutbarer Arbeitskraft leidet – es herrscht Personalmangel. Während der Corona-Krise wurden die ausbleibenden Gewinne der Unternehmen durch staatliches Geld ersetzt, was Budgetdefizit und Staatsverschuldung in lichte Höhen getrieben hat. Diese Politik kann aus Sicht der KapitalistInnen nicht unbegrenzt fortgesetzt werden, sondern muss durch eine Politik der Attraktivierung der Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft ersetzt werden.

Der nur unter kapitalistischen Verhältnissen überhaupt gegebene Mangel an ausbeutbarer Arbeitskraft in Österreich wurde während der Corona-Krise ganz wesentlich verschärft: Wesentliche Jahrgänge der Boomer-Generation erreichten das Pensionsalter, die Migration kam aufgrund der Beschränkungen an den nationalen Grenzen zu einem relativen Erliegen (und drehte sich in kritischen Bereichen wie dem Pflege- und Transportsektor sogar um), die extreme Intensivierung der Arbeit in etlichen Branchen führte zu einer „Umorientierung“ auf der Suche nach menschenwürdigem Leben, und der Traum des relativen Wohlstands versank in stetig steigenden Immobilienpreisen und in den Abteilungen der Kinderpsychiatrie.

In der Tat nimmt Kocher zunächst den unterdrücktesten Teil der Lohnabhängigen ins Visier, der während des kapitalistischen Aufschwungs von der Pflicht zum Verkauf ihrer Arbeitskraft durch gesellschaftliche Regelung (z.B. Witwenpension oder Arbeitsverbot für AsylwerberInnen) wenigstens teilweise ausgenommen wurde: AlleinerzieherInnen, MigrantInnen und Menschen, deren Arbeitslohn so gering ist, dass er durch staatliche Mindestsicherung aufgestockt werden muss.

Die Lösung des Problems kann nur darin liegen, dass der Zweck von Arbeit nicht die Generierung von Gewinn des Arbeitgebers, sondern die Erfüllung menschlicher Bedürfnisse ist. Dies setzt voraus, dass die Produktionsmittel verstaatlicht werden und der Kontrolle der arbeitenden Menschen unterliegen.

Wir sagen daher:

  • Für die Verstaatlichung der Produktionsmittel unter Kontrolle der Beschäftigten!
  • Für eine allgemeine Arbeitszeitverkürzung bei Vollzeit auf 35 Stunden/Woche!
  • Für die Aufteilung der Arbeit auf alle Hände und Köpfe der Gesellschaft!

(Funke Nr. 211/21.2.2023)


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