Ein Interview mit Gernot Trausmuth zur Krise der Sozialdemokratie und den Perspektiven der SPÖ-Linke.

Funke: Trotz der historischen Niederlagen bei den Landtagswahlen in Vorarlberg und Oberösterreich sieht die SPÖ-Spitze keinen Bedarf für einen politischen Kurswechsel. Wie sieht das Deiner Meinung nach die Basis in der SPÖ?

Vor einem Jahr war Werner Faymann der Liebling der Partei. Nach dem Absturz unter Gusenbauer schien er die SPÖ wieder auf die Siegerstraße führen zu können. Doch dem war nicht so. Nach sieben Wahlniederlagen in Folge ist die SPÖ heute an einem neuerlichen Tiefpunkt angelangt. Die Ursache für diese Krise ist in der politischen Unterordnung unter die ÖVP und in der Akzeptanz kapitalistischer Logik zu sehen. Dass die Löwelstraße vor der Realität die Augen verschließt und keinen Grund sehen will, den Kurs zu ändern, erklärt den großen Frust an der Parteibasis.

F.: Siehst Du eine Chance, dass aus diesem Frust Widerstand gegen den Kurs der Parteiführung wird?

Die politische Autorität der Parteiführung war noch nie so angeschlagen wie heute. Die Kluft zwischen der Politik der SPÖ in der Regierung und dem politischen Selbstverständnis der Mehrheit jener, die in der SJ, der FSG aber auch in den Sektionen und Ortsparteien aktiv sind, wird immer größer. Das sind wichtige Bedingungen für die Herausbildung eines linken Flügels in der SPÖ. Seit Anfang Oktober sind rund 1100 Menschen der Facebook-Gruppe „SPÖ-Linke - Pro SPÖ-Neustart. Pro SPÖ-Kurswechsel“ beigetreten. Mittlerweile gab es erste Treffen in Wien und Salzburg, und es bildet sich ein Kern von AktivistInnen heraus. Aus allen Bundesländern melden sich GenossInnen, die dieses Projekt unterstützen wollen. Die letzten Wochen haben gezeigt, welches Potential es für eine SPÖ-Linke gibt.

F.: Wie sollte sich die SPÖ-Linke inhaltlich positionieren?

Es braucht ein Aktionsprogramm, das vor allem angesichts der kapitalistischen Krise und der in den kommenden Jahren drohenden Sparpakete passende Antworten gibt. Die zentrale Frage lautet, wer für diese Krise zahlen soll. Wir stehen am Beginn des größten Verteilungskonflikts seit Jahrzehnten. Die SPÖ-Linke muss in der Sozialdemokratie Druck von unten organisieren, damit die ArbeiterInnenbewegung nicht länger von Faymann & Co. vor den Karren der Bürgerlichen gespannt wird. Wir müssen für ein Ende der Koalition mit der ÖVP eintreten und dafür sorgen, dass die Sozialdemokratie wieder zum Sprachrohr und Kampfwerkzeug der Lohnabhängigen wird. Unser Programm muss die Bedürfnisse der Menschen über die Profitlogik stellen und die sozialistische Umwälzung der Gesellschaft zum Ziel haben.

F.: Wie soll sich die SPÖ-Linke organisieren um diese Ziele zu erreichen?

Unser Vorschlag ist, dass in den nächsten Monaten eine bundesweite Konferenz der Linken in der SPÖ abgehalten werden soll. Dort soll es die Möglichkeit geben Programm und Perspektiven in einem demokratischen Rahmen zu diskutieren. Bereits im Vorfeld wollen wir in den einzelnen Bundesländern und Bezirken regionale Vernetzungen aufbauen, wo die inhaltliche Debatte vorbereitet werden kann. Auf der Konferenz soll auch ein SprecherInnenrat gewählt werden, der den AktivistInnen rechenschaftspflichtig ist und jederzeit abwählbar sein sollte. Die SPÖ-Linke muss versuchen in der SJ, der SPÖ und der FSG Mehrheiten für ihre Positionen zu gewinnen. Gleichzeitig muss sie aber auch aktiv alle gewerkschaftlichen Kämpfe, die Uni-Proteste und sozialen Bewegungen unterstützen und in diesen präsent sein. Ihr Anliegen muss es sein den Stimmen der Lohnabhängigen und der Jugend Gehör zu verschaffen.

F.: Soll sich die SPÖ-Linke die Veränderung der SPÖ zum Ziel stecken oder die Gründung einer neuen linken Arbeiter- und Arbeiterinnenpartei anstreben?

Die ArbeiterInnenklasse benötigt ein Sprachrohr und Kampfinstrument, wenn sie ihre Interessen durchsetzen will. Dass die SPÖ diese Rolle nicht spielen will, spüren unzählige GewerkschafterInnen und SozialdemokratInnen, die deshalb nach einer politischen Alternative Ausschau halten. Die SPÖ-Linke ist ein Angebot an diese GenossInnen sich zu organisieren und gemeinsam Perspektiven zu erarbeiten. Ein organisatorischer Bruch mit der SPÖ würde uns derzeit keinen Schritt weiter bringen. Wir brauchen heute eine Rückkehr zu den marxistischen Ideen und Methoden, die die österreichische ArbeiterInnenbewegung einst stark gemacht haben. Dazu gehören demokratische Selbstorganisation, Solidarität und aktiver Kampf gegen Ausbeutung, Armut und alle Formen von Unterdrückung.


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