Leistungsdruck, Leistungsdifferenzierung, Leistungssteigerung – das sind die Inhalte des neuen ÖVP-Bildungsprogramms, analysiert Jasmin Giel.
Die Volkspartei präsentierte Anfang Jänner ihren Vorschlag für den Bildungsweg vom Kindergarten bis zur Oberstufe. Der Kern: Die Zweiteilung des Schulsystems für die 10- bis 14-Jährigen soll bestehen bleiben. Die Hauptschule soll einen neuen Anstrich, ein neues Image bekommen. Und zwar ausgerechnet unter dem Namen „Neue Mittelschule“ (NMS), mit der die SPÖ eigentlich der Gesamtschule den Weg ebnen wollte. Werner Faymann spricht von einem „Schritt in die richtige Richtung“, und sieht die gemeinsame Schule noch immer als eine „Lösung für die Zukunft“. Er verschließt die Augen vor den Absichten der ÖVP: Pröll spricht sich dezidiert gegen die Gesamtschule aus und macht klar, dass die ÖVP die Ausweitung der Neuen Mittelschule nur deshalb ermögliche, um damit das Gymnasium aufrechtzuerhalten. Er will das Gymnasium als gesichert wissen. Damit wird keine Verbesserung im Schulsystem geschaffen, sondern das heutige Zwei-Klassen-Schulsystem aufrechterhalten.
„Mut zur Elite“
Die Hauptschulen sollen wieder attraktiver für die Eltern gemacht werden – damit die derzeit überfüllten Gymnasien wieder in die Hände der „Elite“ kommen. Jede einzelne Stufe in diesem Bildungssystem soll mit einer Hürde zur nächsten Stufe verbunden werden. Die Leistung soll schon im Kindergarten erbracht werden, denn am Ende des Kindergartens werden die Kleinsten schon dahingehend überprüft, ob sie auch die nötigen Sprachkenntnisse aufweisen, um eingeschult zu werden. Und wer’s nicht schafft, der hat noch ein Jahr Zeit in der Vorschule zu verweilen. Am Ende der Volksschule soll es dann eine „Bildungsempfehlung“ geben, die über die Zulassung zum Gymnasium entscheidet.
Der Umstieg von einer NMS in eine höherbildende Schule soll ebenfalls erschwert werden. Die „mittlere Reife“, eine Prüfung in den Fächern Deutsch, Mathematik und einer lebenden Fremdsprache sowie zwei weiteren Schwerpunktfächern soll Voraussetzung für den Aufstieg in die Oberstufe werden. Und wer’s nicht schafft – der soll dann halt ins Poly gehen oder aber gleich der Wirtschaft dienen.
Immer wieder dringt im Bildungsprogramm der ÖVP die Leistung als höchstes Prinzip durch. Die Motivation soll durch Leistungsorientierung und Leistungsdifferenzierung gefördert werden und damit auch das Engagement. Die Talente des Einzelnen sollen optimal genutzt werden und die Schule hat die Aufgabe, die Leistungssteigerung in den Vordergrund zu stellen. Zudem soll die Schule verstärkt mit der Wirtschaft zusammenarbeiten.
Leistungsdenken
Und wer nicht den geforderten Lernerfolg erbringt, der soll am Nachmittag verpflichtet werden, die Schule zu besuchen, um so die Defizite auszugleichen – verpflichtendes Nachsitzen für Lernschwache.
Leistungs- und Begabungschecks bestimmen die Bildungsinhalte und -standards. Schneller, höher, stärker – das Motto der Olympischen Spiele passt zur heutigen Gesellschaft – wer sich schneller bildet, kommt höher hinaus und ist stärker als die Anderen am Arbeitsmarkt und kann sich so durchsetzen. Messen, Leisten, Ranken und Bewerten – Willkommen bei den Olympischen Spielen der Bildung!
Die Autorin ist Mitglied der SJ Römerberg/Linz