Die Industriellenvereinigung drängt auf eine härtere ÖVP-Linie und diktiert ein umfangreiches Privatisierungsprogramm. Trotzdem ist sie weiters auf eine Koalition mit der SPÖ angewiesen.

Der Aufschrei von Erste-Bank-Chef Andreas Treichl war kein Zufall. Das Großkapital wird langsam unruhig: Seine traditionelle Partei, die ÖVP, ist auf Platz drei abgerutscht; keine Besserung ist in Sicht. Andreas Unterberger von den Salzburger Nachrichten zählte jüngst auf, was der Wirtschaftselite unter den Nägeln brennt: Unizugangsbeschränkungen, Wiedereinführung der Studiengebühren, eine weitere Pensionsreform, Kampf der Geldverschwendung durch den Föderalismus usw.

Vergleiche mit Josef Prölls Gesundheitszustand drängen sich auf. Unterberger: „Der Herd der Krankheit trägt einen Namen: die Koalition mit einer Steinzeit-SPÖ.“ Unvermeidlicher Nachsatz: „Gewiss, die Alternativen sind rar.“ Denn die FPÖ ist für die Wirtschaftselite momentan keine Alternative – zu EU-feindlich ist sie positioniert und ihre Verbindungen zur äußersten Rechten machen sie unberechenbar. Dann gibt es da noch die Idee einer neuen Wirtschaftspartei, die aus den Reihen der ÖVP hervorgehen könnte. So richtig will aber kein Kapitalvertreter an die Breitenwirksamkeit eines solchen Projekts glauben.

Damit ist der Handlungsspielraum von Seiten des Großkapitals abgesteckt: Die ÖVP muss mangels Alternativen die Große Koalition fortsetzen, braucht aber eine härtere Gangart. Um neu Verstimmungen mit der Wirtschaftselite zu verhindern, hat der neue Parteichef Spindelegger einen sog. „Wirtschaftsrat“ eingerichtet, um regelmäßig die Meinung des Großkapitals „einzuholen“. Verzweifelte Botschaft ans Kapital: “Anstatt zu schimpfen, sagt uns lieber, wie wir es besser machen können.”

Privatisierungswünsche

Die neue Finanzministerin Maria Fekter, die selbst aus dem Wirtschaftsflügel der ÖVP stammt, wetzt bereits die Messer und kündigte einen strikten Sparkurs an. Im Mai wurde mit Zustimmung der SPÖ-Führung ein “Stabilitätspakt” beschlossen, der die Einsparungen auf Landes- und Gemeindeebene festschreibt. Wer sich nicht daran hält, dem drohen Strafzahlungen von bis zu 15 % des überzogenen Betrags.

Mit dem Verweis auf die gestiegenen Staatsschulden und die höheren Zinszahlungen will man in der Bevölkerung Stimmung für neue Privatisierungen machen, die man als Alternative zur “leistungsfeindlichen” Vermögensbesteuerung der SPÖ präsentieren will. Im Visier sind insbesondere die Energieversorgungsunternehmen – sowohl der Verbund als auch die Ländergesellschaften. Weiters auf der schwarzen Liste: die Münze Austria, die Bundesimmobiliengesellschaft sowie die städtischen Wohnbaugesellschaften, die Bundesforste, Landesflughäfen und Anteile an der Post, der Telekom und der OMV. Alles in allem rechnet Fekter mit einem Volumen von rund 25 Mrd. Euro. Wenig überraschend entspricht dies dem aktuellen Forderungskatalog der Industriellenvereinigung (IV).

Trotz allem Säbelrasseln weiß die IV ebenso gut wie die ÖVP-Führung, dass ohne die Mitwirkung der SPÖ-Führung ein solches Programm nicht umsetzbar ist. Die für Ende des Jahres angekündigte Schließung des letzten Austria-Tabak-Werks in Hainburg sollte der ArbeiterInnenbewegung als Mahnung dienen. Zwar reagierte die SPÖ prompt auf Fekters Privatisierungspläne und kritisierte die „schwarz-blaue Ausverkaufspolitik“, bei der „immer die ArbeitnehmerInnen und die SteuerzahlerInnen die Zeche zu zahlen haben“. Was die SPÖ aber unter den Tisch fallen lässt, ist die Tatsache, dass z.B. der Börsegang und die Teilprivatisierung der Austria Tabak schon 1997 noch unter SP-Kanzler Viktor Klima eingeleitet worden war.

Die SPÖ ist alles andere als ein Garant für die Verteidigung der Lebensinteressen der Lohnabhängigen. Gerade angesichts der zu erwartenden härteren Gangart der Bürgerlichen brauchen wir kampfbereite Organisationen.


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