Einsparungen beim Wiener KAV bedeuten de facto einen Aufnahmestopp für die Mehrheit der AbsolventInnen der Krankenpflegeschule. Ein Bericht von Florian Lippert.
Wer eine Ausbildung zur Diplomierten Gesundheits- und KrankenpflegerIn / Krankenschwester beim Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) macht, muss einen Vertrag unterschreiben der sie/ihn verpflichtet drei Jahre für den KAV zu arbeiten, um die Ausbildungskosten zurückzuzahlen. Damit hatte man bis vor kurzen mit abgeschlossener Ausbildung eine Arbeitsplatzgarantie für mindestens drei Jahre. Wie alle anderen Bundesländer muss auch Wien angesichts explodierender Schulden entsprechend den Vorgaben des Stabilitätspakts Ausgaben kürzen. Das betrifft nicht zuletzt den Sozial- und Gesundheitsbereich. Im Zuge der Kürzung des Budgets des KAV wird nun auch auf Kosten der AbsolventInnen der Krankenpflegeschulen gespart.
Weil im Gesundheitsbereich der größte Kostenfaktor das Personal ist, wird dort als erstes eingespart. Laut einer Presseaussendung vom 11.1.2011 vom stellvertretenden Generaldirektor des KAV Dr. Koblmüller soll der Personalaufwand um 20% reduziert werden. Doch was heißt das konkret? Von den 180 im März frisch diplomierten KollegInnen bekamen nur 40 eine Anstellungszusage. Die anderen 140 ließ der KAV in der Luft hängen. Detail am Rande: Der Vertrag sieht nämlich auch vor, dass man sich sechs Monate nach Beendigung der Ausbildung nur beim KAV bewerben darf und erst danach – wenn man dort keinen Arbeitsplatz bekommt – kann man woanders Arbeit suchen. Somit entsteht eine erzwungene Arbeitslosigkeit für diese KollegInnen, ohne jegliche finanzielle Absicherung.
Diese Maßnahme bedeutet de facto einen Aufnahmestopp beim Pflegepersonal. Im September diplomiert der nächste Jahrgang und wenn sich bis dahin nichts geändert hat stehen somit wieder einige hundert KollegInnen ohne Arbeitsplatz da. Junge Menschen, die sich für einen sozialen Beruf entschieden haben, werden gleich mehrmals bestraft. Denn während der Ausbildung müssen sie oft Tätigkeiten verrichten, die eigentlich für SchülerInnen nicht vorgesehen sind und nur aufgrund von Personalmangel entstehen. Der Gehalt ist sehr gering, wenn man bedenkt, dass sie in der Praxis voll mitarbeiten, Verantwortung über Menschenleben haben und nebenbei lernen müssen. Und dann kann es passieren, dass sie am Ende arbeitslos sind. Zur Verdeutlichung: Das monatliche Taschengeld beträgt im 1.Ausbildungsjahr EUR 212,-, im 2.Ausbildungsjahr EUR 294,-, im 3.Ausbildungsjahr EUR 415,-. Im Vergleich dazu verdient ein Lehrling beim Hofer EUR 660,- im 1. Jahr, EUR 880,- im 2. Jahr, EUR 1.210,- im 3. Jahr. Mit diesen Zahlen kann man gut verdeutlichen welchen Stellenwert die Versorgung kranker und schwacher Menschen im Kapitalismus hat.
Der Bedarf an Pflegepersonal wäre eigentlich vorhanden, denn die Bevölkerung Wiens wächst und wird auch immer älter, doch die nötigen finanziellen Mittel werden von Seiten der Politik nicht zu Verfügung gestellt. Die Konsequenz daraus ist, dass die Qualität der Pflege zurückgeht und die Belastung des Personals enorm gesteigert wird. Es werden ständig mehr PatientInnen pro Pflegeperson. Damit sinkt auch die Betreuung, die die einzelnen PatientInnen bekommen. Diplomiertes Personal wird durch billigere, schlechter ausgebildete PflegehelferInnen ersetzt und auch die Wartezeit auf Behandlungen wird verlängert. Diese falsche Politik schafft Zustände, die es seit dem Lainz-Skandal 1989 nicht mehr gegeben hat.
Es liegt an uns allen uns dieser Logik zu verwehren, Druck auf die Gewerkschaften auszuüben, damit diese konsequent die Interessen der Belegschaften in den Gesundheitsberufen vertreten und dadurch auch die der PatientInnen. Denn jede/r von uns ist selber einmal PatientIn bzw. hat Angehörige, die Pflege brauchen.
In Österreich ist genug Geld für einen ausfinanzierten Gesundheitsbereich vorhanden. Es ist nur eine Frage der Verteilung, deshalb holen wir uns zurück was uns zusteht. Gegen jegliche Kürzung im Gesundheitsbereich! Für eine Vermögenssteuer zur Finanzierung des Pflegewesens!