Der Betriebsrat mobilisiert gegen die von SPÖ und ÖVP angestrebte Privatisierung des Landeskrankenhauses Graz-West, die zu Lasten der Beschäftigten und der PatientInnen gehen würde. Raimund Pilz berichtet aus Graz.
Unter dem Deckmantel der rotschwarzen „Reformpartnerschaft“ in der Steiermark macht das mittlerweile nicht mehr ganz so neue Lieblingspaar der Industriellenvereinigung, Voves und Schützenhofer, auch nicht vor dem Gesundheitswesen halt. Die Proteste gegen das Sparpaket, wo soviele Menschen wie noch nie zuvor auf den steirischen Straßen demonstriert haben, sind noch nicht verhallt, so folgt jetzt der nächste Angriff auf die Bevölkerung.
Im Namen der „Verwaltungs- und Strukturreform“ soll das LKH Graz-West privatisiert werden. Als neuer Eigentümer tritt dabei das (private) Ordenskrankenhaus der barmherzigen Brüder (BHB) in Erscheinung.
Die BHB sollen ins 2002 eröffnete LKH übersiedeln und die dortige Belegschaft auf andere LKHs im Lande verteilt werden. Praktisch für die BHB, die sonst deren eigenes Gebäude ein Jahr darauf um 65 Mio. € aus eigener Kassa renovieren müssten. Die Landesregierung erwartet sich durch die Übernahme 26 Mio. € an Ersparnis, sowie eine jährliche Kostensenkung von etwa 20 Mio. € bei gleichbleibender Leistung.
Die Belegschaft des LKH Graz-West schüttelt ob solcher Überlegungen und Kalkulationen nur ungläubig den Kopf. Beide Spitäler haben unterschiedliche Schwerpunkte in der Gesundheitsversorgung für die Grazer Bevölkerung. Das Ordenskrankenhaus der BHB ist ein Elektivkrankenhaus, d.h. man muss zuerst anrufen, um einen Termin in der Ambulanz oder für eine spezielle Operation zu bekommen. Die BHB haben aber keine Erfahrung im Bereich der Akutversorgung, so wie es das LKH anbietet. Dieses Know-how nachzuholen bedarf einer Lernphase von einigen Jahren. Doch was passiert währenddessen mit den PatientInnen?
Der größte Unterschied liegt allerdings darin, dass die BHB als privater Anbieter nur gewinnbringende Untersuchungen und Operationen machen, während das LKH einem allgemeinen Versorgungsauftrag für die Bevölkerung von Graz westlich der Mur nachzukommen hat.
Zudem ist bis 2020 mit einem Bevölkerungszuwachs von 20% in Graz-West zu rechnen und dem LKH mangelt es jetzt schon an Personal. Landesrätin Edlinger-Ploder (ÖVP), verantwortlich für Gesundheit und Pflegemanagement, möchte hingegen 25% der Betten einsparen.
Zudem verlangt sie, dass die BHB den Versorgungsauftrag übernehmen und, wie schon erwähnt, um 20 Mio. € pro Jahr billiger arbeiten. Die Privatisierungsbefürworter argumentieren, dass in Spitälern privater Träger nicht die gesamten Kosten durch öffentliche Gelder finanziert werden und diese Krankenanstalten daher einen höheren finanziellen Anreiz haben, sparsam und effizient zu wirtschaften als öffentlicher Spitäler, die ihre gesamten Ausgaben zur Gänze abgegolten bekommen.
Es liegt klar auf der Hand, dass bei der Privatisierung das notwendige Leistungsangebot auf Kosten der PatientInnen gesenkt wird. Außerdem wird sich der Arbeitsdruck auf die Beschäftigten drastisch erhöhen. Dazu entbehren die erhofften monetären Ziele (20 Mio. €), trotz solcher Einsparungsmaßnahmen, in Hinblick auf die Umstrukturierung, Übersiedelung, Lernprozesse - bezogen auf die neuen Aufgaben für die BHB (Adaptierungskosten) - jeder wirtschaftlichen Grundlage.
Die Folgen der Privatisierung sind schlussendlich verheerend. Eine gut funktionierende, öffentliche Gesundheitseinrichtung, dessen Leitgedanke die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung als höchstes Ziel vor Gewinnstreben vorgibt, wird privatisiert, damit das Land auf Kosten der Bevölkerung sparen kann. Dabei darf man auch nicht vergessen, dass die privaten Spitalsträger immer stärker eine Anhebung der öffentlichen Förderungen für den privaten Krankenhaussektor fordern. Im Endeffekt würde den Ländern und Gemeinden dann trotz Privatisierung erst recht nicht mehr Geld bleiben. Die Versorgung der Bevölkerung und die Arbeitsbedingungen hätten sich aber längst verschlechtert.
Der Betriebsrat hat eine Kampagne gegen die Privatisierung des LKH Graz-West gestartet. Derzeit werden Unterschriften gesammelt, um die Bevölkerung aufzuklären und politischen Druck zu erzeugen. Der nächste Schritt sollte die Schaffung einer Plattform zum Erhalt des LKH in öffentlicher Hand sein, die neben dem Betriebsrat, der Belegschaft, auch die Gewerkschaften und alle Organisationen und Menschen, die eine Privatisierung ablehnen, umfasst.
Das LKH darf nicht privatisiert werden! Das ist nicht nur ein wichtiger Kampf für die Angestellten, sondern für alle Lohnabhängigen! Lassen wir es nicht zu, dass auf unsere Kosten gespart wird!
Unterschreibt die Online-Petition gegen die Privatisierung:
NEIN zur Schließung des LKH Graz-West